Einzelhandel Warum Mobile Payment in Deutschland kaum voran kommt

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Insellösungen sind eine der größten Hürden für mobiles Bezahlen

Als der US-Konzern Google sein für Android-Telefone ausgelegtes Bezahlsystem Google Pay weiter verbreitete, war Deutschland erst das 19. Land, in dem der Bezahldienst zur Verfügung stand, aber alle Nutzer eines iPhones ausschloss.

Insellösungen sind denn auch eine der größten Hürden, die dem Kunden den Zugang zum mobilen Zahlen erschweren. Wer sich zielstrebig auf die Suche macht, hat binnen kurzer Zeit mehrere Icons verschiedener Systeme für Mobile Payment auf seinem Smartphone. Nicht alle von ihnen sind bereits voll funktionstüchtig.

Von den Nutzern von Mobile-Payment-Apps gaben 77 Prozent an, die des Rabatt-Systems Payback zu nutzen – auf den ersten Blick keiner der großen Spieler wie Apple Pay oder paydirekt der Sparkassen. Andere Angebote wie die App Girocard sorgen für Frust. Denn sie könnte im Grunde jedem zur Verfügung stehen, der das Girocard-Symbol auf seiner EC-Karte findet. Doch die App kickt den Nutzer, der nicht zu einer definierten Testgruppe gehört, sofort wieder raus. Auch Mercedes kündigte schon eine Mobile-Payment-Lösung an, doch hier ist es seit Monaten bei der Ankündigung geblieben. Es geht einfach nicht voran in Deutschland – selbst wenn es dabei nicht um die Abschaffung des Bargelds geht, sondern um eine Alternative zum Zahlen per Karte mit Pin-Eingabe oder Unterschrift.

Die populärsten deutschen Bezahl-Apps
PaydirektPaydirekt wurde mit viel Getöse präsentiert. Deutsche Banken und Sparkassen haben Paydirekt aus dem Boden gestampft, um dem übermächtigen Konkurrenten Paypal etwas entgegen zu halten. Seit 2017 gibt es die Mobile-Payment-App, die P2P-Überweisungen ermöglicht. Bis zu 250 Euro können die Nutzer der App in Echtzeit überweisen. Doch die Zusammenarbeit zwischen den Banken schien nicht so harmonisch zu laufen, wie es dargestellt wurde. Denn die Sparkassen entzogen sich dem Projekt. Mit „Kwitt“ haben sie eine eigene Mobile-Payment-App im Portfolio, die sie vermarkten wollen. Quelle: www.paydirekt.de
KwittDie Sparkassen-App ist für Mikrobeträge gedacht. Nutzer der App können Beträge bis zu 30 Euro ohne Angabe der TAN überweisen, auch an Personen aus der Kontaktliste, die Kwitt nicht nutzen. Allerdings wird es danach etwas kompliziert. Denn der Empfänger erhält eine App, in der aufgefordert wird, einen Link anzuklicken und auf der aufgerufenen Website seinen Namen und die IBAN anzugeben. Diese Daten werden an den Versender des Geldes geschickt, der die Überweisung freigeben kann. Eine Rücküberweisung ist nicht möglich.
CringleDas DKB-Angebot Cringle ermöglicht Überweisungen bis zu 250 Euro im Monat. Der Transaktionsablauf ist identisch mit dem der Sparkassen-App Kwitt. Fast vier Millionen Euro wurden bereits über die P2P-App überwiesen. Quelle: www.dkb.de
Lendstar120.000 zählt die App Lendstar. Auch für diese App gilt: Sie bietet ähnliche Funktionen an, wie die Konkurrenz. Einen Grund Lenstar, statt Kwitt, Paydirekt oder Cringle herunterzuladen erschließt sich den Kunden nicht. Quelle: www.lendstar.io
TabbtMit Sicherheitsversprechen versucht die Mobile-Payment-App Tabbt Nutzer zu locken. Auf der Website ist von einem „einzigartigem Sicherheitskonzept“ die Rede. Bankdaten müssten zwar in der App angegeben werden, diese würden allerdings verschlüsselt und lokal auf dem Smartphone gespeichert werden. Mehr als ein Zahlungsdienstleister ist Tabbt aber nicht. Genau hier sieht Payment-Experte Klotz ein Problem. Denn Mobile-Payment löse ein Problem, das es nicht gebe. Quelle: www.tabbt.com
MoneybeamDie Internetbank N26 bietet mit Moneybeam eine eigene Mobile-Payment an. Anders als bei Kwitt & Co. können N26-Kunden untereinander bis zu 1000 Euro täglich überweisen. Überweisungen an andere Bankkonten sind auf 100 Euro täglich limitiert. Quelle: next.n26.com
Payback PayIn erster Linie sammeln Kunden mit Payback Punkte. Mit der App können sie ihre Ware auch bezahlen. Wenn Kunden das mobile Bezahlen als erweiterte Funktion wahrnehmen, hätte es bessere Chancen sich zu etablieren, glaubt Payment-Experte Maik Klotz. Quelle: payback.de

Die Sorge, dass mitverfolgt wird, wer, wie, wann, wo, was kauft, ist dabei nicht mal das größte Problem. Dafür spricht auch der Erfolg des Onlinehandels oder auch dem Rabattsystems Payback, das sehr genau auswertet, welche Produkte welche Kundengruppen kaufen. Mit den Daten über den eigenen Konsum zu bezahlen ist offenbar kein Problem für viele Deutsche, solange es nicht per App ist.

In China sind solche Bedenken und Zurückhaltung nicht zu beobachten. Die beiden Mobile-Systeme Alipay und WeChat Pay werden von mehr als 700 Millionen Menschen genutzt – und auch deutsche Händler mit einem signifikanten Anteil an Kunden aus China bieten diese Zahlungsmethode per Smartphone inzwischen an.

Dabei muss es gar nicht das Smartphone sein, das die Zahlung per App freigibt. Der US-Hersteller Garmin von Navigationsgeräten und GPS-Sportuhren hat in drei seiner Modelle für eine besonders breite Gruppe an Hobbysportlern die Bezahlfunktion Garmin-Pay integriert. In der App zur Uhr werden die Bezahldaten für die Kreditkarten hinterlegt, an der Kasse – die die entsprechende Auslesetechnik natürlich vorhalten muss – bestätigt der Kunde per Eingabe einer Pin die Zahlung, nachdem er den Arm nah genug an das Lesegerät gehalten hat.

Noch liegen für dieses 2018 gestartete Angebot keine Nutzungszahlen vor. Für Käsehändler Körner steht jedoch eines fest: Wenn die Kunden mit der Uhr am Arm zahlen wollen, dann wird er die Technik dafür zur Verfügung stellen. Und sei es nur für vier Scheiben Gouda.

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