
Aussteiger mit langen Haaren und wenig Geld, die monatelang mit dem Fahrrad durch ferne Länder fuhren: 1994, im Gründungsjahr der OutDoor Messe in Friedrichshafen, waren diese Globetrotter noch die typische Klientel der Branche. Die Zeiten sind vorbei. Auf der zwanzigsten Ausgabe der europäischen Leitmesse für die Draußenbranche, die vom 11. bis 14. Juli in Friedrichshafen am Bodensee stattfindet, würde die Zielgruppe von damals wirken wie Robinson Crusoe auf einem Kreuzfahrtschiff.
Outdoor-Industrie und Handel haben in den vergangenen zwei Jahrzehnten einen rasanten Wandel vollzogen. Aus einem Angebot von und für Spezialisten ist ein gewinnträchtiger Massenmarkt geworden. Outdoor ist heute quer durch alle Bevölkerungsschichten ein gesellschaftlicher Trend. Vor allem der Bereich Bekleidung, der gut die Hälfte des Marktvolumens ausmacht, hat davon enorm profitiert: Funktionsjacken werden von Menschen getragen, die Zeit ihres Lebens nie ein Zelt von innen gesehen haben.





Zu jedem Outdoor-Hobby gibt es die passende Mode, die für Insider-Status sorgt. Auch die Strukturen haben sich verändert. Kleine, inhabergeführte Ideenschmieden sind seltener geworden, seit Finanzinvestoren und große Konzerne in den lange als Randthema belächelten Markt eingestiegen sind. Denn der ist längst kein Nische mehr: Zehn Milliarden Euro hat die Branche 2011 in Europa umgesetzt, ein Viertel davon allein in Deutschland. Mit dem Boom der Outdoor-Industrie ist auch die Messe gewachsen: 913 Aussteller und 21.000 Fachbesucher werden 2013 erwartet. Damit haben sich die Aussteller- und Besucherzahlen seit dem Gründungsjahr 1994 jeweils nahezu vervierfacht.
Doch 2013 ist trotz des Messejubiläums kein Jubeljahr für die Branche. Schon im Vorjahr haben sich die bis dahin starken Zuwächse abgeschwächt. "Nach dem hohen Wachstum der vergangenen fünf Jahre, die teilweise zweistellig waren, sehen wir nun eine Konsolidierung im Markt", sagt Daniel Streuber, Sprecher von Jack Wolfskin. Mit 351 Millionen Euro habe der konsolidierte Umsatz 2012 nahezu die gleiche Höhe wie im Vorjahr erreicht. Rückgänge verzeichnete Jack Wolfskin vor allem im Bereich Schuhe (minus acht Prozent), der Bereich Ausrüstung wuchs dagegen um fünf Prozent, während der Umsatz mit Bekleidung konstant blieb. Die Idsteiner - die Firma sitzt seit 1997 im Taunus - haben letztes Jahr zu spüren bekommen, wie empfindlich die Kundschaft reagiert.
Im Oktober 2012 verunsicherte die Umweltorganisation Greenpeace Fans der Marke mit einem Bericht über vermeintlich krebserregende Stoffe in Jacken von Jack Wolfskin. Seither ist in den Imagewerten, die das Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov aus Köln erhebt, ein leichter Abwärtstrend zu beobachten - wenn auch auf hohem Niveau. Die Marke erreicht immernoch 70 von 100 möglichen Punkten.
Vaude-Chefin: "Gegen den Trend wachsen"
Auch Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von Vaude, hält die Euphorie der letzten Jahre für beendet: „Nach einigen sehr starken Jahren, auch während der Wirtschaftskrise, ist im Outdoor-Markt eine gewisse Stagnation festzustellen“. Das eigene Unternehmen mit den Marken Edelrid und Vaude sei laut von Dewitz aber weiterhin auf Erfolgskurs: „Für das laufende Jahr peilen wir ein zweistelliges Wachstum an. Damit bewegen wir uns klar entgegen dem Trend.“ Rolf Reinschmidt, Chef der Outdoor-Sparte von Adidas, sieht die momentane Flachetappe als Zyklus eines langfristigen Wachstumsprozesses: "Dass es zu Phasen kommt, in denen sich das Wachstum verlangsamt, ist ein normaler Prozess. Langfristig wird Outdoor global wie in Europa wachsen, davon bin ich überzeugt."