Erich Harsch Warum der dm-Chef nichts vom Online-Handel hält

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Wirbel um Baumwolltaschen aus Indien

Sie schauen der Entwicklung aber nun schon mehrere Jahre lang zu. Warum legen Sie nicht einfach mal los?

Das haben wir ja getan: Wir haben unsere Eigenmarken über Amazon angeboten, das Experiment dann aber wieder gestoppt, da es nicht unseren Erwartungen entsprochen hat. Und dann muss man sich fragen, ob der Weg der richtige ist. Es ist extrem schwierig, mit Drogerieartikeln online profitabel zu arbeiten. Die Kunden wollen es bequem haben und bestellen vor allem die großen, schweren und sperrigen Artikel nach Hause: Windeln, Waschmittel, Toilettenpapier. Das sind aber genau die Produkte, die durch die ganze Aktionitis im Preisniveau schon so weit unten sind, dass sie kaum noch Marge bringen.

Ist Ihr österreichischer Online-Shop denn profitabel?

Das Projekt ist erst im vergangenen Jahr gestartet. Es ist daher zu früh, eine Bilanz zu ziehen. Aber bisher hat das Online-Angebot noch keinen Hype ausgelöst. Auch deshalb halten wir uns in Deutschland zurück. Unsere Kunden stört das bisher auch nicht. Rund 80 Prozent unserer Kundschaft sind Frauen. Die meisten genießen es, durch ihren dm-Markt zu schlendern. Das ist etwas anderes, als am Bildschirm zu bestellen.

Ganz ähnlich klangen auch mal Buchhändler, bevor der amerikanische Versandgigant Amazon durchgestartet ist. Haben Sie keine Angst, dass Ihnen Wettbewerber den Markt der Zukunft wegnehmen?

Es weiß derzeit niemand, was passieren wird. Klar ist nur, das auch im E-Commerce die Bäume nicht in den Himmel wachsen – zumindest im Drogeriebereich. Ob sich das in Zukunft ändern wird? Ich traue mir da keine Prognose zu. Bislang hat der Online-Boom unsere Entwicklung jedenfalls nicht beeinflusst.

Auch im stationären Geschäft müssen Sie sich neuer Wettbewerber erwehren. Nach der Schlecker-Pleite haben Supermärkte ihr Drogerie-Angebot ausgebaut. Schlägt das auf Ihr Geschäft durch?

Wir bemerken das allenfalls am Rande. Nach den Analysen von Marktforschern ist ein Großteil der Schlecker-Umsätze letztlich im Drogeriehandel gelandet – und dort vor allem bei uns. Die Lebensmittelhändler konnten dagegen kaum Marktanteile gewinnen.

Werden Sie Ihre Marktposition nutzen, um die Preise zu erhöhen?

Dann wären wir unsere Position schnell wieder los. Wir haben ein recht knackiges Preisniveau in Deutschland, und es gibt immer wieder jemanden, der in irgendeinem Sortimentsbereich Druck macht. Insofern lassen sich Erhöhungen auf dem deutschen Markt nur sehr schwer durchsetzen. Und das ist auch nicht das Ziel. Wir wollen unseren Kunden weiter die günstigsten Preise bieten.

Lassen Sie deshalb Ihre Baumwolltaschen neuerdings in Indien produzieren statt wie bisher von einer Augsburger Sozialunternehmerin?

Es ging uns nicht darum, die Taschen günstiger zu produzieren. Es ging einfach darum, genug Ware zu bekommen. Wenn man ein Wachstum hat wie dm, ist es wichtig, rechtzeitig zu schauen, wie man den Bedarf decken kann. Das passiert in jedem anderen Sortimentsbereich genauso. Wir haben bei der Auswahl des Lieferanten darauf geachtet, dass wir etwas Sinnvolles tun, und haben versucht, ein zweites soziales Projekt – die vernünftige Textil-Produktion in Indien – dabei zu unterstützen. Intransparent war das Ganze auch nicht: Wir haben an jeder Tasche einen Anhänger befestigt, auf dem die Herkunft genau beschrieben wird.

Hat Sie der Aufregungssturm – vor allem im Web – überrascht?

Die Medienlandschaft verändert sich rasant, dass sich Dinge schnell dynamisieren, liegt auf der Hand. Aber das Empörungsniveau hat schon eine neue Qualität.

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