Espresso, Kaffee und Co. Wie Starbucks versucht, Italien zu erobern

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Experimente mit Kapselkaffee

Wer am Ende der Piazza San Fedele in Mailand durch eine hohe Glastür tritt, steht in einem hallengroßen Raum. Im Licht eines Kronleuchters bittet Marco, Platz zu nehmen. „Willkommen in der Welt von Lavazza-Kaffee“, charmiert er und referiert die Karte: Kaffee-Kaviar, Spumante mit Espresso, Antipasti. Das ist insofern allerhand, als die italienische Bar zwar Grandezza aber keinen Glamour kennt. Hier findet sich aber auch keine normale Café-Bar, sondern eine neue Musterfiliale. Auf keinen Fall, sagt Signora Lavazza, habe man diese eröffnet, um Starbucks zu zeigen, wer der Platzhirsch ist. Auf jeden Fall, heißt es in Branchenkreisen, habe die Familie diese eröffnet, um Starbucks zu zeigen, wer der Platzhirsch ist.

Es gibt hier die typischen Merkmale einer italienischen Bar wie den Thekenbetrieb, die angewärmten Tassen und den Espresso für einen Euro. Es gibt, wie im geplanten Mailänder Starbucks, eine Rösterei, Sitzecken, teure Spezialitäten. Und es gibt, ganz neu: Kaffee aus biologischem Anbau. „Wir tragen als Konzern Sorge für die Zukunft, das wollen wir betonen“, sagt Francesca Lavazza. Und so zeichnet sich ab, wie in der vierten Folge die Verteidiger auf den Eindringling reagieren werden: Sie verfolgen das gleiche Ziel, entwickeln aber unterschiedliche Strategien.

Während Lavazza auf prunkvolle Muster-Läden und Nachhaltigkeit setzt, inszeniert sich Illy konsequent über seinen Kaffee. Es gibt genau eine einzige Mischung, die zur besten der Welt erklärt wird und den Konzern als absoluten Premiumanbieter positionieren soll. Ein Kaffeeproduzent, der eine einzige Mischung in alle Welt vertreibt und auf handwerkliche Röstung in Triest setzt.

Die deutschen Verbraucher müssen etwas mehr Geld für ein Pfund Kaffee ausgeben. Auf längere Sicht gibt es gute Gründe, warum der Preis für das Lieblingsgetränk in Deutschland weiter steigt.

Und Zanetti? Man experimentiert mit Außerhausformaten und mit Kapselkaffee. Und versucht, den Italienern ihre Knauserigkeit beim Kaffee auszutreiben: „Wenn Leute nicht bereit sind, mehr für ein Produkt zu zahlen, muss man eben etwas Neues anbieten, für das Kunden dann mehr bezahlen.“ Ansonsten setzt Zanetti, unter dessen börsennotierter Massimo-Zanetti-Beverage-Group dutzende Kaffeemarken weltweit vereint sind, auf ein ähnliches Konzept wie Schultz: Expansion. „MZB setzt konsequent auf Wachstum: Durch Zukäufe oder organisch. Wir sind immer schnell gewachsen und wollen das weiter tun“, sagt Cantini.

Ob das reicht? Es gibt jedenfalls noch ausreichend Stoff für überraschende Wendungen. Was etwa passiert, wenn Schultz herausfindet, wie effizient italienische Barista im Vergleich zu seinen Servicekräften sind? Während ein Starbucks-Mitarbeiter noch Bechergröße, Milch-Art und Zubereitungsweise abfragt, hat der Barista schon drei Espressi gebrüht. Was wenn die Strategie von Illy aufgeht, der auch mehr eigene Cafés überall in der Welt eröffnet? Laufen dann weltweit die Kunden zur gewohnten Kopie aus Amerika oder doch zum Original? Was, wenn die Italiener tun, was sie seit dem 17. Jahrhundert immer tun, und lieber ins Kaffeehaus als in die Hipster-Lounge gehen? Illy und Zanetti jedenfalls haben sich vorsichtshalber in die großen Triester und venezianischen Caféhäuser eingekauft. Und was, wenn Zanetti-Manager Cantini recht hat und nicht der große Kaffeepappbecher außer Haus das nächste große Ding beim italienischen Kunden wird, sondern die Kapselmaschine für zu Hause?

Die Akteure haben aber auch alles für ein überraschendes Ende offengehalten. Cantini sagt: „Ich denke, dass das einen Trend zur Konzentration im Geschäft mit Außerhauskaffee in Italien auslösen wird.“ Dann könnten womöglich am Ende sowohl die drei Platzhirsche als auch Starbucks überleben – und viele der kleinen Betreiber die Opfer sein. Dann könnte es auch andersherum laufen – und die Italiener Amerika erobern. Lavazza etwa plant Großes. Bis 2018 will die Firma ihren Umsatz in den USA auf 300 Millionen Dollar steigern.

Vor allem als Lieferant für Büros und mit privaten Kunden. So ein Geschäftsmodell gab es in den USA schon mal. Das war vor 1987. Der Unternehmer hieß Howard Schultz. Aber das ist eine andere Geschichte.

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