Laut den Marktforschern vom Handelsforschungsinstitut IFH sind sowohl kleine Modelle beliebt, die bereits für wenige Euro zu haben sind, als auch teure Geräte für bis zu 6000 Euro. Die große Auswahl, die mittlerweile ganzjährlich in den Baumärkten geboten würde, mache das ebenfalls deutlich. „Die Grillbranche ist ein großer und beständiger Markt, in den auch immer mehr Anbieter hineindrängen“, sagt Wüst. Neben den großen Playern entdeckten immer mehr neue Unternehmen die finanzstarke Branche für sich – „vor allem beim Grillzubehör tut sich noch sehr viel“, so Wüst.
„Das Zubehörgeschäft wird immer wichtiger“, stellt auch Christian Lerch vom Kölner Handelsforschungsinstitut IFH fest. Seitdem viele Haushalte bereits mit einem Grill ausgestattet sind, sehen Experten nun einen „Trend zum Zweitgrill“.
Die Mär vom guten Fleisch? Wie es nutzt und wo es schadet
Fleisch liefert hochwertiges Eiweiß, essenzielle Aminosäuren sowie die Vitamine B1, B6 und B12. Das Spurenelement Eisen ist wichtig für die Blutbildung. „Fleisch trägt dazu bei, den Protein- und Eisenbedarf zu decken“, erläutert der Präsident des Max-Rubner-Instituts für Ernährung und Lebensmittel, Prof. Gerhard Rechkemmer. „Mit Ausnahme von Vitamin B12 können wir alle essenziellen Nährstoffe aber auch aus pflanzlichen Lebensmitteln bekommen.“ Wer als Vegetarier Milch und Eier esse, sei nicht automatisch unterversorgt.
Gerade geräuchertes Fleisch und Wurst enthalten relativ viel Salz - wer viel davon isst, überschreitet schnell die empfohlenen Mengen. Nicht schmecken kann man dagegen Rückstände von Antibiotika und resistente Keime. Um den Medikamenten-Einsatz in der Massentierhaltung wird seit langem gerungen. Beanstandet wird aber nur relativ wenig mit Antibiotika belastetes Fleisch, wie aus dem Bericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) von 2012 hervorgeht. Durch verunreinigtes Futter wurde in Fleisch auch schon Quecksilber nachgewiesen. Viren auf Fleisch gelten als schwer nachzuweisen. Der Anteil lebensmittelbedingter Virusinfektionen lässt sich laut DGE nicht abschätzen.
Sind Höchstgrenzen überschritten, dürfen Produkte nicht in den Handel gelangen. Verkaufsverbot gilt europaweit auch für Fleisch von Tieren, die mit Wachstumshormonen behandelt wurden. „Der Standard der Lebensmittelsicherung in Deutschland ist so hoch, dass man sich um die Gesundheit keine Sorgen machen muss“, sagte der Epidemiologe Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE). Durch resistente Keime auf Fleisch wird allerdings eine Resistenz gegen Antibiotika auch für Krankheitserreger des Menschen befürchtet.
„Zu weißem Fleisch hat man bisher in keiner epidemiologischen Studie einen Zusammenhang mit Krebs gefunden“, sagte Boeing. Generell bewertet auch die DGE Geflügel unter gesundheitlichen Gesichtspunkten günstiger als rotes Fleisch. Aus Angst vor Krebs nun vermehrt auf Geflügel umzuschwenken, ist Boeing zufolge aber nicht der logische Schluss aus der WHO-Empfehlung. Er empfiehlt auch aus ethischen Gründen eine gesündere Menge: „Wir bräuchten ernährungsphysiologisch gar nicht so viel Fleisch.“ Hinzu kommt: Antibiotika-resistente und andere potenziell krankmachende Keime werden insbesondere auf Geflügel gefunden. Hygiene bei der Zubereitung ist daher wichtig.
Auf Fleisch kann man gut verzichten, sind sich Experten einig. Vegetarier müssten sich aber mit Nährwerten und abwechslungsreicher Ernährung befassen, um beispielsweise Eisen optimal auszunutzen. Denn Eisen aus Gemüse, Hülsenfrüchten oder Vollkornprodukten kann der Körper nicht so leicht aufnehmen wie tierisches. Kombiniert mit Vitamin C lässt sich die Aufnahme aber verbessern, wie Rechkemmer schildert.
Vitamin B12 ist für Veganer ein kritischer Nährstoff, weil er nicht in pflanzlichen Quellen vorkommt: Es müsste durch Nahrungsergänzungsmittel oder angereicherte Lebensmittel ersetzt werden. Wer zu Pillen greifen will, solle aber gezielt einen Stoff einnehmen, anstatt auf den Streueffekt zu setzen: „Von Multinährstoffpräparaten halte ich gar nichts“, sagte Rechkemmer.
Massentierhaltung steht schon lange in der Kritik: Viehtransporter und dunkle, enge Ställe voller Tiere - das ist für viele Vegetarier und Veganer Anreiz genug zum Fleischboykott. Aber auch der Verzicht dem Klima zuliebe ist begründet: Die Umweltstiftung WWF etwa sieht hohen Fleischkonsum als „Brandbeschleuniger“ für die globale Klimaveränderung. Denn für eine fleischreiche Ernährung sind viel mehr Flächen nötig als für eine pflanzliche. Werden etwa Wälder in Südamerika für den Anbau von Tierfutter wie Soja abgeholzt, wird Kohlendioxid aus Bäumen und Böden freigesetzt.
Diese Aussagen kann auch Grillverkäufer Schmiedel bestätigen. Denn neben Gas- oder Holzkohlegrills und Smokern setzt das „Grillfachgeschäft“ auch auf spezielle BBQ-Gewürze und Saucen, die es nicht im Supermarkt und schon gar nicht in der Grill-Ecke des Baumarkts gibt. Im Regal stehen auch einige Artikel mit dem eigenen Logo, etwa Räucherplanken. „Wir wollen nach und nach unsere eigene Zubehör-Linie aufbauen“, sagt Schmiedel. „Das Geschäft gibt es aber noch nicht einmal drei Jahre, deshalb liegt der Fokus erst einmal noch auf dem Laden und den Grillschulen.“
Mit einem einfachen Dreibein-Grill oder einem klassischen Weber-Kugelgrill ist es aber nicht mehr getan: Das Angebot umfasst Gasgrills mit drei, vier oder noch mehr Brennern, Smoker, Keramikgrills und eine fast nicht enden wollende Bandbreite an Zubehör: Wokeinsatz, Pizzastein oder ein Grillthermometer mit App fürs Smartphone, um nur einige Beispiele zu nennen.
Grundsätzlich ist die Variation rund um den deutschen Grill größer geworden: „Vom Sous-Vide-Garen im Wasserbad, das auch auf dem Grill geht, über Hochtemperaturgrills, die 800 Grad Celsius erreichen können, bis hin zu den Kamados gibt es heute die unterschiedlichsten Varianten“, sagt Dirk Ludwig, Fleischexperte und Chef der traditionsreichen Familienmetzgerei Ludwig, die ihr Fleisch seit einigen Jahren auch online vermarktet. „Dazu gehören auch der Plancha-Grill – eine aus Spanien stammende Grillplatte, die sehr schnell Temperaturen von bis zu 350 Grad Celsius erreicht und auf der das Grillgut gleichmäßig gart oder die Kamados – aus Japan stammende Kugelgrills aus Keramik, mit denen man auch größere Stücke wie Beef Brisket oder Pulled Pork über mehrere Stunden langsam grillen kann.“
Auf dem Grill liegen in Deutschland zwar noch immer Würstchen, aber die sind längst nicht mehr in Gesellschaft von Kotelett und Co.: „Das dick geschnittene und schon fertig marinierte Schweinenackensteak ist lange nicht mehr so gefragt“, sagt Ludwig. Der Metzgermeister sieht den Trend in eine andere Richtung: Die Verbraucher kauften ihr Fleisch immer häufiger roh und frisch, um es zuhause ganz individuell mit selbstgemachten Gewürzmischungen, Marinaden und Saucen zu würzen und zu veredeln. „In den letzten Jahren hat sich bei den Deutschen zum Glück das Bewusstsein für Qualität verändert, und zwar in eine positive Richtung“, so Ludwig. „Es wird nicht nur mehr Geld in gutes Grillequipment investiert, sondern endlich auch darauf geachtet, was schließlich auf dem Grill landet. Und das soll nicht mehr die Bratwurst aus dem Supermarkt für 50 Cent sein.“
„Was das Grillfleisch angeht, ist bei uns in diesem Jahr eindeutig unser Steak des Jahres, das Flat Iron Steak, sehr gefragt“, so Ludwig. „Ansonsten stehen eigene Burgerkreationen hoch im Kurs, weil sie so abwechslungsreich sind.“ Dieser Trend sei ebenfalls weiterhin sehr stark und noch lange nicht vorbei.
„Die Deutschen sind beim Grillen wesentlich experimentierfreudiger geworden und werden durch die zahlreichen Grillbücher oder Foodblogger im Internet angespornt, auch mal etwas Ausgefalleneres zu probieren. Es geht auch ein bisschen darum, den eigenen Horizont zu erweitern“, beschreibt Ludwig die Entwicklung. „Außerdem beschäftigen sich immer mehr Menschen intensiv mit dem Grillsport. Man könnte sagen: Heckspoiler am Auto sind out, heute sind Grills in.“
Mit Material von dpa