Essenskultur Der Boom auf dem Grill hält an

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„Der Trend geht zum Zweitgrill“

Laut den Marktforschern vom Handelsforschungsinstitut IFH sind sowohl kleine Modelle beliebt, die bereits für wenige Euro zu haben sind, als auch teure Geräte für bis zu 6000 Euro. Die große Auswahl, die mittlerweile ganzjährlich in den Baumärkten geboten würde, mache das ebenfalls deutlich. „Die Grillbranche ist ein großer und beständiger Markt, in den auch immer mehr Anbieter hineindrängen“, sagt Wüst. Neben den großen Playern entdeckten immer mehr neue Unternehmen die finanzstarke Branche für sich – „vor allem beim Grillzubehör tut sich noch sehr viel“, so Wüst.

„Das Zubehörgeschäft wird immer wichtiger“, stellt auch Christian Lerch vom Kölner Handelsforschungsinstitut IFH fest. Seitdem viele Haushalte bereits mit einem Grill ausgestattet sind, sehen Experten nun einen „Trend zum Zweitgrill“.

Die Mär vom guten Fleisch? Wie es nutzt und wo es schadet

Diese Aussagen kann auch Grillverkäufer Schmiedel bestätigen. Denn neben Gas- oder Holzkohlegrills und Smokern setzt das „Grillfachgeschäft“ auch auf spezielle BBQ-Gewürze und Saucen, die es nicht im Supermarkt und schon gar nicht in der Grill-Ecke des Baumarkts gibt. Im Regal stehen auch einige Artikel mit dem eigenen Logo, etwa Räucherplanken. „Wir wollen nach und nach unsere eigene Zubehör-Linie aufbauen“, sagt Schmiedel. „Das Geschäft gibt es aber noch nicht einmal drei Jahre, deshalb liegt der Fokus erst einmal noch auf dem Laden und den Grillschulen.“

Mit einem einfachen Dreibein-Grill oder einem klassischen Weber-Kugelgrill ist es aber nicht mehr getan: Das Angebot umfasst Gasgrills mit drei, vier oder noch mehr Brennern, Smoker, Keramikgrills und eine fast nicht enden wollende Bandbreite an Zubehör: Wokeinsatz, Pizzastein oder ein Grillthermometer mit App fürs Smartphone, um nur einige Beispiele zu nennen.

Zehn Tipps für gesundes Grillen
Keine Marinade übergießenEgal ob im Park oder auf dem Balkon: So eine Rauchwolke sollte möglichst nicht zu sehen sein. Denn das stinkt nicht nur den Nachbarn, es ist auch ungesund. Vermeiden Sie, dass Säfte aus Fleisch und Marinaden in die Glut tropfen, und übergießen Sie das Grillgut erst recht nicht mit Saucen. Denn der blau-graue Rauch, der dabei aufsteigt, ist krebserregend. Quelle: dpa
Elektrogrill bevorzugenManch einer schwört noch immer auf den guten alten Holzkohlegrill - doch aus Gesundheitsgründen sollten Sie lieber einen Elektrogrill verwenden. Das geht nicht nur schneller, als das Brutzeln über offenem Feuer, es vermeidet auch die krebserregenden Giftstoffe im Rauch. Auch hier sollte man darauf achten, dass keine Marinaden auf die Heizstäbe tropfen. Wer auf rauchigen Geschmack nicht verzichten will, sollte lieber auf spezielle Barbecue-Saucen setzen. Quelle: ZB
Aluschalen nutzenDamit die leckere Marinade an Fleisch oder Gemüse bleibt, kann man Aluschalen oder Alufolie nutzen. Das Grillgut bekommt trotzdem genug Hitze ab, bleibt aber saftiger und ungesunder Rauch wird vermieden. Quelle: Fotolia
Vor Hitze schützenGerade wenn gefeiert wird und das ein und andere Bier fließt, vergisst man gerne welche Hitze beim Grillen entsteht. Verwenden Sie stets Grillwerkzeug wie Zangen oder Wender, um Verbrennungen zu vermeiden. Auch eine gute Grillschürze schützt vor unangenehmer Hitze an Beinen und Bauch - dann müssen Sie nicht hektisch vor dem Grill herumtanzen oder eine verrenkte Haltung annehmen wie der Herr im Bild, um der Hitze zu entgehen. Quelle: dpa
Auch Gemüse und Meeresfrüchte ausprobierenNeben Würstchen und Co. lassen sich auch leckere Gemüsespieße, zum Beispiel mit Pilzen, Zucchini oder Paprika, Maiskolben oder Scampi grillen. Experimentieren Sie ein bisschen herum und bringen Sie Farbe auf den Grill. Quelle: Fotolia
Vorsicht beim Grillen mit GasBesonders leicht können hier Verletzungen entstehen, wenn unnötig Gas austritt. Stellen Sie sicher, dass alles dicht ist, der Grill auf einem stabilen Untergrund steht und nutzen Sie ihn nur im Freien. Quelle: Fotolia
Kräuter schützen vor krebserregenden StoffenKräuter wie Rosmarin, Thymian oder Oregano, aber auch Knoblauch, können die Entstehung von krebserregenden Stoffen im Grillgut verhindern. Eine Studie um den US-Forscher J. Scott Smith zeigte, dass Marinaden, die reichlich Antioxidantien enthalten, die Entstehung von krebserregenden Stoffen im Grillfleisch um bis zu 87 Prozent reduzieren können. Quelle: Fotolia

Grundsätzlich ist die Variation rund um den deutschen Grill größer geworden: „Vom Sous-Vide-Garen im Wasserbad, das auch auf dem Grill geht, über Hochtemperaturgrills, die 800 Grad Celsius erreichen können, bis hin zu den Kamados gibt es heute die unterschiedlichsten Varianten“, sagt Dirk Ludwig, Fleischexperte und Chef der traditionsreichen Familienmetzgerei Ludwig, die ihr Fleisch seit einigen Jahren auch online vermarktet. „Dazu gehören auch der Plancha-Grill – eine aus Spanien stammende Grillplatte, die sehr schnell Temperaturen von bis zu 350 Grad Celsius erreicht und auf der das Grillgut gleichmäßig gart oder die Kamados – aus Japan stammende Kugelgrills aus Keramik, mit denen man auch größere Stücke wie Beef Brisket oder Pulled Pork über mehrere Stunden langsam grillen kann.“

Auf dem Grill liegen in Deutschland zwar noch immer Würstchen, aber die sind längst nicht mehr in Gesellschaft von Kotelett und Co.: „Das dick geschnittene und schon fertig marinierte Schweinenackensteak ist lange nicht mehr so gefragt“, sagt Ludwig. Der Metzgermeister sieht den Trend in eine andere Richtung: Die Verbraucher kauften ihr Fleisch immer häufiger roh und frisch, um es zuhause ganz individuell mit selbstgemachten Gewürzmischungen, Marinaden und Saucen zu würzen und zu veredeln. „In den letzten Jahren hat sich bei den Deutschen zum Glück das Bewusstsein für Qualität verändert, und zwar in eine positive Richtung“, so Ludwig. „Es wird nicht nur mehr Geld in gutes Grillequipment investiert, sondern endlich auch darauf geachtet, was schließlich auf dem Grill landet. Und das soll nicht mehr die Bratwurst aus dem Supermarkt für 50 Cent sein.“

„Was das Grillfleisch angeht, ist bei uns in diesem Jahr eindeutig unser Steak des Jahres, das Flat Iron Steak, sehr gefragt“, so Ludwig. „Ansonsten stehen eigene Burgerkreationen hoch im Kurs, weil sie so abwechslungsreich sind.“ Dieser Trend sei ebenfalls weiterhin sehr stark und noch lange nicht vorbei.

„Die Deutschen sind beim Grillen wesentlich experimentierfreudiger geworden und werden durch die zahlreichen Grillbücher oder Foodblogger im Internet angespornt, auch mal etwas Ausgefalleneres zu probieren. Es geht auch ein bisschen darum, den eigenen Horizont zu erweitern“, beschreibt Ludwig die Entwicklung. „Außerdem beschäftigen sich immer mehr Menschen intensiv mit dem Grillsport. Man könnte sagen: Heckspoiler am Auto sind out, heute sind Grills in.“

Mit Material von dpa

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