Familie Reimann Deutschlands geheimnisvollste Milliardäre

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Die Reimanns sind nahezu unbekannt

Der Erfolg freut auch Harf, der mit seinen Senior-Partnern Bart Becht und Olivier Goudet laut Insidern rund acht Prozent der JAB-Anteile hält. „Die sind nominell gleichberechtigt, aber am Ende ist Peter der Macher“, sagt ein Insider.

Noch mehr erfreuen die Zahlen die deutsche Industriedynastie Reimann, bestehend aus vier Familien mit zehn Kindern. Sie halten die restlichen rund 92 Prozent an JAB über mehrere Zwischenholdings in Wien und Luxemburg.

Zwar gehören den Reimanns nicht die kompletten 30 Milliarden JAB-Vermögen, weil sie jüngst für ein paar Zukäufe fremde Geldgeber an Bord genommen haben wie die Investorenlegende Warren Buffett oder den kolumbianisch-amerikanischen Milliardär Alejandro Santo Domingo. Doch am Ende dieses Jahres wird der Reimann-Anteil am Vermögen laut Schätzungen bei fast 20 Milliarden Euro liegen – deutlich mehr als die 14 Milliarden, mit denen die gängigen Reichenlisten bislang die Familie führen.

Nur die Namen sind bekannt

Trotz ihres Reichtums sind die Reimanns in der Öffentlichkeit so unbekannt wie ihre Holding. Es gibt wenig gesicherte Informationen außer den Namen der vier familiären JAB-Anteilseigner: Renate Reimann-Haas, Wolfgang Reimann, Stefan Reimann-Andersen und Matthias Reimann-Andersen. Alle haben eine naturwissenschaftliche Ausbildung. „Alles andere, was über sie geschrieben wird, ist entweder banal oder nicht richtig“, heißt es im Umfeld der Familie.

Das liegt daran, dass die Reimanns keine Interviews geben und dem Vernehmen nach wie viele wohlhabende Familien ihre Spuren im Internet verwischen lassen. Wichtiger noch: Im Gegensatz zu anderen Superreichen hinterlassen Deutschlands diskreteste Milliardäre kaum Spuren. Sie meiden Jetset-Treffen, noble Badeorte und Milliardärshobbys wie große Yachten. Stattdessen, so Vertraute, leben sie gut, aber nicht luxuriös. Ihre jährlichen Erträge lassen sie fast komplett im Unternehmen. „Und was sie rausholen, investieren sie weitgehend in ihre Stiftungen“, sagt Harf.

Er muss es wissen. Denn trotz der prominenten Geldgeber, dreier nominell gleichberechtigter Partner und der Anteilsmehrheit der Familie: Das Sagen im Reimann-Reich hat am Ende nur einer – Harf, der Milliardärsmacher. „Jeder weiß, ohne Peter gäbe es JAB nicht“, sagt ein Vertrauter. Und wahrscheinlich nicht mal ein nennenswertes Reimann-Vermögen.

Die Geschichte von Reimann

JAB stand kurz vor dem Ende

Denn als Harf 1981 in den damals Benckiser genannten Familienbetrieb kam, stand es in der damaligen Wirtschaftskrise schlecht um das 1823 vom Chemiker Johann Adam Benckiser gegründete Unternehmen, der mit seinen Initialen JAB den Namen gab. „Es war keine Frage, ob wir die Unabhängigkeit verlieren, sondern nur wann“, sagt Harf. Als Patriarch Albert Reimann starb, hatten seine neun Adoptivkinder – darunter vier Nachkommen seiner Schwester – keinen Rettungsplan.

Harf hatte einen. Er verschaffte dem Chemiezwerg mit 230 Millionen Umsatz durch eine Art Zukauf-Party kritische Masse, besonders bei Konsummarken wie Calgon-Wasserenthärter. Und er stieg in neue Felder ein, als er 1992 für gut 400 Millionen Dollar dem US-Pharmakonzern Pfizer die ungeliebte Parfümtochter Coty abkaufte.

Hier konnte Harf endlich die seit seiner Zeit als Harvard-Student und Berater erdachten Ideen für hohe Gewinne mit überschaubarem Risiko erproben. „Die meisten Chancen bietet eine Branche mit Wachstum unabhängig von der Konjunktur, starken Marken, aber ohne echten Marktführer“, erklärt Harf sein Prinzip. „Wer größere Einheiten schafft, ist fast automatisch ein Gewinner.“ Zudem boten die Duftwässer wenig Risiko. Die Herstellung band wenig Kapital. Und es war möglich, über die Marken hinweg bei Vertrieb und Werbung zusammenzuarbeiten.

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