Fehlende Beweise Brotfabrikant nach Wallraff-Enthüllungen freigesprochen

Enthüllungsjournalist Günter Wallraff hatte einem Brotfabrikanten aus dem Hunsrück wegen der Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb schwere Vorwürfe gemacht. Jetzt wurde der Geschäftsführer freigesprochen. Der Richter vermisste stichhaltige Beweise für die Verletzungen, die Mitarbeiter in seiner Fabrik erlitten haben sollen.

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Günter Wallraff Quelle: dpa

Ein Hunsrücker Brotfabrikant, der nach Recherchen des Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff wegen der Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb vor Gericht kam, ist freigesprochen worden. Ihm war vorgeworfen worden, dass Mitarbeiter sich an einer veralteten Anlage mehrfach an den Armen verbrannten.

Dem ehemaligen Firmenchef sei nicht zweifelsfrei nachzuweisen, dass er für Verbrennungen seiner Mitarbeiter Verantwortung trage, entschied das Amtsgericht Bad Kreuznach am Donnerstag.

„Wie es zu den Verletzungen gekommen ist, das weiß der liebe Gott, ich kann da nur spekulieren“, sagte Richter Wolfram Obenauer. Auch Wallraff, der im Prozess als Zeuge ausgesagt hatte, habe nicht sicher dokumentieren können, wie es zu seinen Verbrennungen gekommen sei, sagte der Richter.

Wallraffs geheime Recherchen

Wallraff hatte berichtet, er habe sich bei der Arbeit in dem Betrieb unter anderem am Kinn und an den Unterarmen verbrannt. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Fabrikanten 4000 Euro Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung und Verstößen gegen den Arbeitsschutz gefordert. Sein Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert. Das Gericht habe die Aussage des Kronzeugen Wallraff sehr kritisch geprüft, sagte der Richter. Die Vernehmung habe ein anderes Bild vermittelt als Wallraffs Zeitungsartikel. Er wolle nicht in Abrede stellen, dass Wallraff sich verletzt habe.

Aber: „Weshalb er danach keinen Arzt aufgesucht hat, kann ich nicht verstehen“, sagte der Richter. Er müsse daher zugunsten des Angeklagten davon ausgehen, dass dieser die Vorschriften beachtet habe. Auslöser des Prozesses, der Anfang 2010 begonnen hatte, war eine Reportage Wallraffs in der Wochenzeitung „Die Zeit“, in der er die Zustände in der Brotfabrik anprangerte.

Er hatte einen Monat unter falschem Namen in dem Betrieb in Stromberg gearbeitet. Der Prozess hatte sich wegen Krankmeldungen und Befangenheitsanträgen immer wieder verzögert. Mittlerweile ist die Fabrik, in der Aufbackbrötchen für einen Discounter produziert wurden, geschlossen.

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