Ferrari Die Lehren aus dem Testarossa-Debakel

Der Autobauer muss seine Kultmarke Testarossa löschen, weil er sie in den letzten Jahren nicht genug genutzt hat. Das Urteil beruht auf einem Fehler Ferraris, der ein Weckruf für andere Markenhersteller sein könnte.

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Seit 1996 wird das Kultauto nicht mehr gebaut, etliche Modelle stehen in Museen, wie hier in Sinsheim. Quelle: dpa

Düsseldorf Der Testarossa: Bis zu 446 PS, zwölf Zylinder, Beschleunigung auf fast 290 km/h pro Stunde – und eigentlich untrennbar mit dem Namen „Ferrari“ verknüpft. Trotzdem soll der italienische Autohersteller nun in die Löschung der deutschen und internationalen Marke einwilligen – das urteilte das Düsseldorfer Landgericht. Der Grund: Ferrari hat die Marke in den letzten Jahren zu wenig genutzt. „Eine Marke muss genutzt werden, damit sie geschützt bleibt. Das hat das Unternehmen hier nicht getan“, erklärte eine Gerichtssprecherin.

Geklagt hatte der Nürnberger Spielzeugfabrikant Kurt Hesse. Er will die Marke Testarossa nutzen, ohne dafür Lizenzen zu bezahlen. Und er hat schon große Pläne: Nicht nur Spielzeug will er unter der Marke vertreiben, sondern auch E-Bikes und Rasierer.

Das Urteil muss eine Warnung sein für viele andere Markenhersteller – nicht nur in der Autoindustrie. „Das Urteil gründet darauf, dass für eingetragene Marken eine Benutzungserfordernis besteht. Das heißt, wenn eine Marke länger als fünf Jahre nicht benutzt wird, kann sie gelöscht werden“, erklärt Markenrechtsexperte Michael Knospe von der Kanzlei Simmons & Simmons. Mit der Regelung soll verhindert werden, dass Marken blockiert werden.

Ferrari hatte zwar zuletzt 1996 einen Testarossa produziert. Der italienische Autohersteller argumentierte aber vor Gericht, dass er die Wagen weiterhin warten, reparieren und aufbereiten müsse. Für das Düsseldorfer Landgericht zählte das allerdings nicht zur Nutzung. „Letztlich dient eine Marke, die nur für Automobile eingetragen ist, nur zur Unterscheidung von Automobilen. Ein Ölwechsel oder eine Reparatur sind aber nicht wirklich mit einer Marke verknüpft“, erklärt Knospe.

Für den Markenrechtsexperten war weniger das Urteil als ein ganz anderer Aspekt überraschend. „Im Warenverzeichnis hat Ferrari den Testarossa nur für Land-, Luft- und Wasserfahrzeuge geführt – allerdings für keinerlei Marketingartikel wie T-Shirts, Schlüsselbänder oder eben Spielzeug – und übrigens auch nicht für Dienstleistungen wie Reparatur oder Wartung“, erklärt Knospe. Weil die Marke Testarossa nun wohl erlischt, darf jetzt jegliches Zubehör unter dem Namen verkauft werden – und zwar ohne dass dafür Lizenzen abgeben werden müssen, sofern das Urteil rechtskräftig wird.

So wird es Spielzeughersteller Hesse in Zukunft wohl machen – eine Fahrlässigkeit Ferraris. Hätte der Autobauer im Vorfeld das Warenverzeichnis auf weitere Produkttypen ausgeweitet, dann wären noch immer Lizenzgebühren fällig – ganz egal, wie lange der Testarossa selbst nicht mehr produziert wurde.

Vorher musste auch für andere Produkte eine Lizenzgebühr gezahlt werden, weil es sich bei Testarossa um eine besonders bekannte Marke handelt. In dem Fall greift eine Ausnahmeregelung, auch wenn die Marke im Warenverzeichnis auf einen bestimmten Produkttypen festgelegt ist.

„Es wäre natürlich geschickter gewesen, wenn man gerade bei so einer prestigeträchtigen Marke das Warenverzeichnis etwas breiter angelegt hätte“, findet Knospe. „Daher könnte das Urteil auch ein Weckruf für Inhaber bekannter Marken sein, das Warenregister in Zukunft viel breiter zu fassen.“

Bei Ferrari ist dieser Weckruf angekommen: Mittlerweile hat das Unternehmen schon einen entsprechenden Antrag gestellt. Ganz vorbei ist die der Kampf also noch nicht – vor allen Dingen auch, weil das Urteil noch angefochten werden kann.

Das Theater hätten sie sich jedoch sparen können, wenn sie sich rechtzeitig ein Beispiel an der Commerzbank genommen hätte. Denn die hat nach der Übernahme der Dresdner Bank Vorsorge getroffen, um die bekannte Marke nicht an einen möglichen Konkurrenten zu verlieren. Sie unterhält bis heute genau eine Filiale unter dem Namen "Dresdner Bank" - am Altmarkt in Dresden.

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