Firmenpleite Was jetzt aus Schlecker wird

Wie geht es weiter mit Schlecker? Worauf müssen sich Management, Mitarbeiter und Kunden einstellen? Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die Schlecker-Pleite.

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1. Warum muss Schlecker Insolvenz anmelden?

Der konkrete Anlass für die Insolvenzanmeldung soll nach Informationen aus dem Umfeld des Unternehmens mit einen geplatzten Zwischenfinanzierung zusammen hängen. Daher drohte Zahlungsunfähigkeit, der Konzern muss aus rechtlichen Gründen den Gang zum Insolvenzrichter antreten. Die wirklichen Ursachen sind tiefgreifender: Der Konzern kämpft seit Jahren mit roten Zahlen und teils drastischen Umsatzverlusten. Schlecker hat es verpasst, seine Läden rechtzeitig umzubauen. Die Kunden in den Großstädten kaufen lieber bei Konkurrenten wie dm und Rossmann ein, zudem bauten Discounter und Supermärkte ihr Sortiment an Seifen, Deos und anderen Drogerieartikeln aus. Zudem litt das Image des Konzerns bei den Kunden unter zahlreichen Skandalen. Mehrfach versuchte der Konzern mit neuen Marktkonzepten gegenzusteuern, doch auch die konnten die Verluste in den alten Märkten nicht auffangen.

Schlecker: For You, vorbei
Neuer Schlecker-Claim For You. Vor Ort. Quelle: dpa
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2. Wie geht es weiter?
Nach dem Insolvenzantrag wird das zuständige Amtsgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter benennen. Da der Konzern aus vielen Einzelgesellschaften besteht, werden zahlreiche Einzelgesellschaften Insolvenz anmelden. Theoretisch könnten für jede Gesellschaft unterschiedliche Verwalter eingesetzt werden. Vermutlich wird das Verfahren jedoch bei einer der großen Verwalterkanzleien gebündelt. Geplant ist laut Schlecker, dass die alte Geschäftsführung erst einmal im Amt bleibt, sofern die Gläubiger damit einverstanden sind. Der bestellte Insolvenzverwalter wird damit zunächst wohl nur begleitend tätig sein, hat im Zweifel aber das Oberkommando.

3. Vor welchen Problemen stehen Management und Insolvenzverwalter?
Das Hauptproblem im Unternehmen dürfte zunächst die Waren- und Bargeldversorgung der Filialen sein. Sobald Lieferanten sich weigern zu liefern, könnten sich die ohnehin vorhandenen Lücken in den Regalen weiter ausdehnen. Da ein Planverfahren angestrebt wird, wird der Verwalter in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung versuchen, ein Konzept aufzustellen wie der Konzern oder zumindest relevante Unternehmensteile weitergeführt werden können. Ob der Konzern dabei im Verbund bestehen bleibt, ein Investor einsteigt, die Familie Schlecker Geld in das Unternehmen steckt, oder Konzernteile – etwa Auslandsgesellschaften – verkauft werden, muss in den kommenden Wochen geklärt werden.

Die Folgen für Kunden und Mitarbeiter

4. Was bedeutet die Insolvenz für die Kunden?
Erst einmal ändert sich nichts. Die Läden werden regulär öffnen, der Geschäftsbetrieb läuft normal weiter – zumindest solange die Warenversorgung gesichert ist. Problematischer könnte sich in Zukunft das Online-Geschäft von Schlecker entwickeln. Ob und wie Gutscheine, Rückgaben und Retouren im Insolvenzfall abgewickelt werden ist offen und hängt vom Verlauf des Verfahrens ab. Vor Einkäufen von Technikartikeln oder teureren Produkten im Online-Shop ist daher zunächst abzuraten.

5. Und für die Mitarbeiter?
Für die Schlecker-Mitarbeiter beginnt eine harte Zeit. In den kommenden drei Monaten werden sie vermutlich Insolvenzausfallgeld erhalten. Das Problem: Im Insolvenzverfahren hat der Verwalter theoretisch die Möglichkeit, Verträge mit Mitarbeitern sehr schnell zu kündigen. Im Schlecker-Verfahren dürften die Mitarbeiter zugleich aber auch eine der wesentlichen Gläubigergruppen sein, mit denen der Verwalter versuchen wird, Einigungen auszuhandeln. Eine wichtige Rolle kommt daher den Gewerkschaftsvertretern und Betriebsräten zu. Vermutlich wird es auf einen Sanierungstarifvertrag hinauslaufen, der starke Einschnitte bei den Löhnen und eine Ausdehnung der Arbeitszeit beinhalten könnte. Dabei dürfte auch eine weitere Reduzierung der Filialzahl ausgehandelt werden, mittelfristig werden Hunderte wenn nicht Tausende Stellen wegfallen.

Schaufensterbeschriftung von Schlecker Quelle: dpa

6. Welche Überlebenschance gibt es für Schlecker?
Die Chancen stehen gar nicht so schlecht. Alle Gläubiger – von den Vermietern, über die Lieferanten bis zu den Mitarbeitern haben ein massives Interesse daran, dass Schlecker weiter macht. Klar ist aber auch, dass es zu drastischen Einschnitten kommen wird. Der Insolvenzverwalter wird das Verfahren wohl nutzen, um Mitarbeiter zu entlassen, Mietverträge zu kündigen und mit der Industrie bessere Konditionen auszuhandeln. Unternehmensteile könnten verkauft werden. Falls Schlecker überlebt, so viel scheint sicher, dann mit einer anderen Filialstruktur und weniger Beschäftigten.

7. Und was machen die bisherigen Inhaber, die Familie Schlecker?
Offen ist, ob die Unternehmerfamilie nicht in der Lage oder nicht Willens ist, das Unternehmen aus eigener finanzieller Kraft zu sanieren. Die Familie um Unternehmenspatriarchen Anton Schlecker dürfte vermutlich auch selbst zu den größten Gläubigern gehören, ist von der Pleite also auch selbst betroffen. Sollte noch ausreichend privates Kapital vorhanden sein, ist aber nicht ausgeschlossen, dass Schlecker zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens selbst investiert. Das Insolvenzrecht wäre für sie dann ein reines Sanierungsinstrument, wobei die Strategie als riskant gilt.

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