Flughafen Ellinikon Investitionsposse in Athen

Griechenland braucht dringend Investitionen. Doch wer Geld in die Hand nehmen will, sieht sich mit Hindernissen konfrontiert. Aktuelles Beispiel: Das Gelände des alten Athener Flughafens.

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Mit dem verwaisten Gelände steht ein Filetstück zur Verfügung, wie es wohl keine andere europäische Metropole vorweisen kann. Quelle: dpa

Athen Es wäre die größte private Investition, die Griechenland je erlebt hat: Acht Milliarden Euro will ein Konsortium internationaler Firmen auf dem Gelände des alten Athener Flughafens „Ellinikon“ verbauen. Adrenalin für die sieche griechische Wirtschaft, denn schon zu Beginn würden rund 10.000 Arbeitskräfte gebraucht. Nach der Fertigstellung des Riesenprojekts könnten 70.000 Menschen beschäftigt sein. Und doch ist kein Bagger in Sicht. Die Gegner des Projekts kämpfen mit allen Mitteln und verzögern die Mammutinvestition immer wieder. Sie finden sich auch und gerade in den Reihen der Regierung.

Bereits 2001 wurde der Flughafen stillgelegt; keine zweihundert Meter entfernt rauschen die Wellen an den Strand, dazwischen verläuft eine sechsspurige Stadtautobahn. In den letzten Jahren haben hier tausende Flüchtlinge illegal gecampt; Müll, verlassene Zelte und Wäscheleinen zwischen Betonsäulen zeugen davon.

Ein Blick auf die Karte von Athen zeigt: Mit dem verwaisten Gelände steht ein Filetstück zur Verfügung, wie es wohl keine andere europäische Metropole vorweisen kann. 620 Hektar umfasst die Fläche - mehr als drei Mal so viel wie das Fürstentum Monaco. Entsprechend schillernd zeichnet das Konsortium Lambda Development, das für 920 Millionen Euro den Zuschlag erhielt, die Zukunft des Areals.

Hier sollen ein Casino, Ferienanlagen, 8000 Wohnungen, ein Einkaufs- und ein Kongresszentrum sowie eines der größten Aquarien Europas und der höchste Wohnungstower des Mittelmeers entstehen. Außerdem ist der weltweit größte Park in Strandnähe geplant. All das soll innerhalb von zwölf Jahren aus dem Boden wachsen.

An Superlativen mangelt es also nicht. An Kritik und Widerstand hinter den Kulissen aber ebenso wenig. Pikant: Zu den Gegnern des Projekts gehören etliche Mitglieder der linken Regierungspartei Syriza, die aus Prinzip gegen Privatisierungen sind und aus dem Gelände am liebsten eine Park gemacht hätten. „Will Herr Tsipras diese Investition oder nicht?“, fragt denn auch der Sprecher der Sozialistischen Partei (PASOK), Pavlos Christidis. „Bei jeder Gelegenheit nutzt seine Partei den chaotischen Staatsapparat und den öffentlichen Dienst, das Projekt zu verzögern und zu vereiteln.“

Tatsächlich hatte der heutige Regierungschef Alexis Tsipras das Projekt noch bekämpft, als er Oppositionsführer war. Erst als Premierminister gab er dem Druck der internationalen Gläubiger nach, Staatseigentum zu privatisieren, um die marode Wirtschaftsstruktur des Landes zu verbessern und Geld in die Staatskasse zu spülen.

Nicht nur die Linken, auch die rechtsextreme Partei „Goldene Morgenröte“ wettert - gegen den vermeintlichen „Ausverkauf des Landes“ an fremde Investoren, unbesehen der Tatsache, dass zum Konsortium neben der chinesischen Fosun-Gruppe und dem Unternehmen Al-Maabar aus Abu Dhabi auch die griechische Latsis-Gruppe gehört. Und dann sind da noch die Anwohner rund um den Flughafen, die fallende Wohnungspreise und eine jahrzehntelange Baustelle fürchten.


„Wer in Griechenland investiert, wird es nicht bereuen“

Zwar outet sich offiziell kaum jemand als Investitionsgegner - schließlich scheint es angesichts der desolaten Lage der griechischen Wirtschaft absurd, sich gegen Investitionen zu wenden. Aber dennoch war die Freude bei vielen groß, als sich der allmächtige Zentrale Archäologische Rat Griechenlands des Themas annahm und seine Entscheidung über Monate immer wieder aufschob. Kaum eine Gegend in Athen, wo man beim Buddeln nicht auf antike Artefakte stößt. Das befand der Rat schließlich auch mit Blick auf den alten Flughafen und erklärte einen nicht näher definierten, 30 Hektar großen Teil des Baugebiets zur archäologischen Stätte.

Die Investoren geben sich abwartend. Man habe das Thema Archäologie von Beginn an in die Planungen einbezogen. „Auch die Rechtslage ist längst durch entsprechende Verträge mit Ministerien und der Verwaltung geklärt“, heißt es in einer Mitteilung des Konsortiums. Mit einem offiziellen Statement wolle man abwarten, bis der Archäologische Rat konkret darlegt, um welche Flächen es sich genau handelt, damit man sehen könne, welche Bauten und Vorhaben davon betroffen seien.

Immerhin, eine weitere Hürde haben die Investoren bereits genommen. Zwei Umweltorganisationen scheiterten mit ihrem Einspruch, dass es sich bei dem Gelände ursprünglich um Waldgebiet gehandelt habe, weshalb es nicht bebaut werden dürfe, sondern wieder aufgeforstet werden müsse.

In Regierungskreisen wird bereits die schier endlose Geduld des Konsortiums bewundert, denn andere Investoren stehen dem Sperrfeuer griechischer Politiker und Beamter längst nicht so ruhig gegenüber. Etwa der kanadische Minenkonzern Eldorado Gold: Nachdem das Unternehmen bereits rund drei Milliarden Euro in ein Goldabbauprojekt in Nordgriechenland investiert hatte, legten die Kanadier ihre Aktivitäten im September auf Eis, weil sie zwar alle Formalitäten abgeklärt hatten, ihnen aber weiterhin die Betriebsgenehmigung vorenthalten wurde. „Eldorado Gold, hau ab, lass dich nirgends nieder!“, schrieb damals Nikos Karanikas, einer der Berater von Alexis Tsipras, auf Facebook.

Der Regierungschef zeigt sich ungerührt. Beim Griechenland-Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron im September, der etliche Investoren im Schlepptau hatte, versicherte Tsipras all den Vorfällen zum Trotz: „Wer in Griechenland investiert, wird es nicht bereuen.“

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