Frank Thelen vs. Von Floerke „Er ist aus meiner Sicht nicht mehr zurechnungsfähig“

Schirrmacher, Von Floerke, Frnak Thelen Quelle: www.vonfloerke.com

Guerilla-Marketing oder Schlammschlacht? Einst überzeugte das Herrenmode-Start-up Von Floerke den Höhle-der-Löwen-Investor Frank Thelen. Inzwischen pöbelt der Chef der taumelnden Bonner Firma via Facebook gegen Thelen. Jetzt wehrt sich der Investor, spricht gegenüber der WirtschaftsWoche von einem „Realitätsverlust“ des Gründers.

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Es sollte der „Gentleman Club“ im Internet werden – und ist zum Fight Club geworden: Zwischen David Schirrmacher, Gründer und Chef des Online-Herrenmodeshops Von Floerke, und dem bekannten Investor Frank Thelen fliegen die Fetzen.

Kunden, die die Internetseite Von Floerke ansteuern, bemerken davon zunächst wenig. Ein Bild des strahlenden Thelen in weißem Hemd und sorgsam gebundener Fliege prangt auf der Seite. Dazu der Slogan: „Prominenz kauft bei Von Floerke – Deutschlands bekanntester Investor ist unser Fan“.

Ob die Aussage so stimmt, ist allerdings mehr als fraglich: Seit Von Floerke in der Krise steckt, scheint Schirrmacher eine Schlammschlacht gegen Thelen anzetteln zu wollen. Jüngster Höhepunkt: Von Floerke bietet seinen Kunden eine „Frank-Thelen-muss-raus-Box“ an. „Setzt ein Statement, ob dieser Mann noch für Von Floerke steht“, heißt es dazu im Kunden-Newsletter des Unternehmens. „Wir meinen nein. Er diffamiert uns, er lügt über uns.“ Zahlreiche Boxen sollen inzwischen verkauft worden sein.

Gegenüber der WirtschaftsWoche stellt Thelen klar: „Das ist eine schlimme Situation. Wir haben immer versucht, dem Unternehmen und seinem Gründer David Schirrmacher zu helfen.“ Inzwischen sei allerdings ein Punkt erreicht, an dem es nicht mehr gehe. „Schirrmacher ist aus meiner Sicht nicht mehr zurechnungsfähig, das Ganze trägt Züge eines Realitätsverlustes.“

Schon zuvor hatte Thelen bei Facebook erklärt: „Der Mann hat den Bezug zur Realität verloren. Alle anderen sind schuld, dumm, ... und nur er ist ein großartiger Unternehmer“. Er habe „versucht friedliche und ruhige Lösungen zu finden, um den Schaden für andere Investoren und Kunden zu minimieren. Dies ist mir nicht gelungen“, so Thelen weiter.

Auch Thelens Anwälte gehen mittlerweile wegen einer „massiven Verletzung der Persönlichkeitsrechte“ gegen Schirrmacher und dessen Unternehmen vor. „Es ist eigentlich nicht unser Stil mit Anwälten gegen Gründer vorzugehen“, sagte Thelen der WirtschaftsWoche. „In dem Fall blieb uns aber keine Wahl, zu vielen Grenzen sind überschritten worden.“

Dabei schien die Zusammenarbeit einst das Fundament einer Erfolgsstory zu bilden. 2015 sicherte sich Schirrmacher in der TV-Show „Höhle der Löwen“ mit Thelen einen hochkarätigen Investor. Für 180.000 Euro erhielt Thelen gut 17 Prozent des Unternehmens. Nach der Ausstrahlung der Sendung nahm das Geschäft mit Fliegen, Schuhen, Hemden, Anzügen und anderen Artikeln aus dem Fashion-Bereich zunächst Fahrt auf. Schirrmacher ließ sich als Jungmillionär feiern und im Porsche ablichten.

2017 lieh er sich rund 1,2 Millionen Euro über die Crowdlending-Plattform Kapilendo, um weiter zu expandieren. Viele der privaten Kapitalgeber dürfte auch die Unterstützung Thelens dazu veranlasst haben, Geld zu geben. Thelen hatte das Fundraising über ein Werbevideo unterstützt und sich darin als „sehr, sehr glücklicher Investor“ von Von Floerke präsentiert.

Der Herrenausstatter erweiterte in der Folge sein Angebot um Spirituosen zu Schnäppchenpreisen. Doch die hohe Nachfrage überforderte das Unternehmen, das die bereits bezahlten Produkte teils nicht liefern konnte. Die Kundenbeschwerden häuften sich. Auch Thelen war von Schirrmachers Alleingängen zusehends genervt. „Ich werde niemals billigen Alkohol verkaufen. Das interessiert mich so sehr wie Katzendreck-Schaufeln“, sagte er dem „Handelsblatt“.

Ende 2018 wurde erstmals eine mögliche Insolvenz öffentlich ins Spiel gebracht und die Bonner Staatsanwaltschaft leitete wenig später Ermittlungen wegen Betrugsverdachts und Insolvenzverschleppung ein. Schirrmacher reagierte mit einer Guerilla-Marketing-Kampagne, die je nach Perspektive als dreiste Provokation oder witzige Aktion wahrgenommen wurde.

Ausgestattet mit Schnurrbart und Sombrero stellte er etwa „Davidos Schirrmacheros“ als Insolvenzverwalter vor und feierte sich selbst als „Ehrenmann“. „Die Millionen sind weg – und ich auch“, witzelte er auf Facebook und zeigte ein Video von sich am Flughafen, mit dem er auf das drohende Insolvenzverfahren gegen sein Unternehmen anspielte. Flucht ins Ausland inklusive. An seine Kunden appelliert er seit Kurzem: „Seid unsere Insolvenzretter!“ und bietet preisreduzierte Support-, Spenden- und Insolvenzboxen an. Und die Thelen-Box.

Investor Thelen kann über derlei Aktionen indes nicht lachen: „Wir wollen mit dieser Art von Kommunikation nichts zu tun haben“, sagt er. Schirrmacher versuche „aus seinen Provokationen Kapital zu schlagen, verprellt am Ende aber nur Gläubiger, Investoren und Kunden.“

Von-Floerke-Chef Schirrmacher startete am Sonntag derweil die nächste Attacke auf Thelen und stellte eigens eine Online-Petition ins Netz. „Wir fordern, dass Frank Thelen und die Freigeist Capital GmbH sofort ihre Anteile“ zurückgeben. „Er hat nicht die nötigen Eigenschaften als Unternehmer, in Krisensituationen zu seinen Investments zu stehen“, behauptet Schirrmacher darin. „Als es uns schlecht ging, ist er öffentlichkeitswirksam über uns hergezogen. Wir fordern: Frank Thelen muss raus.“ Thelen „weigert sich aus der Firma zu gehen, und klammert sich an seine Anteile. Außerdem möchte er seine Darlehen alle zurückgezahlt bekommen“.

Was Schirrmacher mit der Petition bezweckt, bleibt offen. Juristisch ist sie für die Auseinandersetzung mit Thelen unerheblich. Und dass die neuen Provokationen dazu beitragen, Thelen von einem Forderungsverzicht zu überzeugen, kann bezweifelt werden. „Ich wünsche den anderen Investoren und Beteiligten, dass Von Floerke noch die Kurve kriegt, damit rechnen würde ich aber nicht“, so Thelen. „Leider konzentriert sich David nicht auf die Rettung des Unternehmens, sondern verschwendet seine Zeit.“

In den kommenden Tagen will Thelen nun „den absurden Wahnsinn rund um Von Floerke aufarbeiten und zeigen, wer für was Verantwortung trägt.“

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