Wenn Ikea-Möbel aufgeblasen statt zusammengeschraubt werden müssten, ließen sich mit dem Sturm der Entrüstung, der gestern über das Unternehmen hinwegpustete, die gelagerten Möbel sämtlicher Ikea-Häuser Deutschlands montieren. Was war passiert? Das Unternehmen veröffentlicht in Saudi-Arabien einen eigenen Katalog. Eine Agentur hat diesen für das Land aufbereitet. Neben der Übersetzung der Möbelprosa wurden auch die Bilder angepasst. Das bedeutet: Es wurden Retuschen vorgenommen. Und man braucht keinen Scharfsinn wie bei Fehlersuchbildern, um den Unterschied zu erkennen. Es fehlt etwas: Die Frauen. Eine Badezimmerszene zeigt im Original die vierköpfige Familie, die Mutter steht im Pyjama vor dem Badezimmerspiegel. In der Version für Saudi-Arabien fehlt die Frau.
Nachvollziehbare Entscheidung
Das ist natürlich ein Skandal, ein Zeichen der mangelnden Gleichberechtigung von Frau und Mann in dem Land. Diesen Missstand anzuprangern, ist sicher richtig. Nicht aber, Ikea mit erhobenen Zeigefinger einen Strick daraus zu drehen, dass es die Regeln des Landes, in dem es handeln will, beachtet. Zwar beeilte sich das Unternehmen sofort, diese Veränderung als Fehler einzugestehen, denn es widerspräche den Werten von Ikea. Das ist löblich. Nötig ist es nicht. Ikea ist – trotz des bisweilen wallfahrtsartigen Auflaufs an manchen Tagen – keine Kirche, keine Religion, kein Staat, kein Interessenverband. Es ist ein Unternehmen. So richtig es ist, dass es sich einen eigenen Wertekanon zulegt, so wenig darf erwartet werden, dass es versucht, diesen in anderen Ländern durchzusetzen. Wenn ein Unternehmen mehr Wert auf die eigenen Maßstäbe legt als auf Umsatz, ist es gut beraten keine Geschäfte in Nationen zu machen, die diesen Werten widersprechen.
Entscheidet es sich, in diesen Länder vertreten zu sein, tut es gut daran, sich dort nicht nur an die dortigen Gesetze, sondern auch an die Kultur zu halten. Mit selbstgerechter Oberlehrerhaftigkeit tut es niemandem einen Gefallen. So bedauerlich die mangelnde Freiheit der Frauen in Saudi-Arabien ist – Ikea darf Rücksicht auf die dortigen Regeln nehmen und entsprechend handeln
Anpassung der Werbung an spezielle Märkte ist keine Spezialität von Ikea und auch nicht das Retuschieren von Werbebildern. Ikea hat es nur gründlicher gemacht. So wie auf dem Bild des Esszimmers oder der Küche, in der einmal die Familie mit blonder Mutter speist und einmal das augenscheinlich asiatische Paar mit einer Bekannten kocht. In der Version für Saudi-Arabien ist keiner zu sehen. Weder Frau noch Kind, noch Mann. Das war in dem Sturm der Entrüstung kaum zu hören.