Aus Protest gegen die Vernichtung zurückgesandter neuer Waren protestieren rund 40 Greenpeace-Aktivisten auch am frühen Montagmorgen noch beim Online-Händler Amazon. Sie waren am Sonntagabend auf das Gebäude in Winsen im niedersächsischen Landkreis Harburg geklettert.
Am Montagmorgen seien sie noch immer auf dem Dach gewesen, teilte die Polizei mit. Polizisten seien im Einsatz, um eine „kooperative Lösung“ zu finden und die Lage zu beobachten. Der Betrieb sei aber nicht eingeschränkt, es habe keine Auseinandersetzungen gegeben.
Laut Viola Wohlgemuth, Konsum-Expertin bei Greenpeace, haben die Aktivisten Banner aufgehängt. Aus Versandkartons wurde ein 27 Meter langer Schriftzug „Für die Tonne“ errichtet.
Anlass für den Protest sei der „Prime-Day“ am Montag und Dienstag mit Sonderangeboten für Amazon-Kunden, sagte Wohlgemuth. „Wir wollen auf die klimaschädliche Ressourcenvernichtung bei Amazon aufmerksam machen.“ Nach Angaben von Greenpeace gehen rund 30 Prozent aller Amazon-Retouren nicht wieder in den direkten Verkauf. Marktführer Amazon hatte dazu im Juni erklärt, die überwiegende Mehrheit der zurückgegebenen Produkte komme erneut in den Verkauf, gehe an Lieferanten zurück oder werde je nach Zustand an gemeinnützige Organisationen gespendet.
Amazon hatte mitgeteilt, dass man rechtliche Schritte gegen die Organisatoren der Aktion prüfe. Diese Art von Protest sei illegal und gefährde unnötig alle Beteiligten und Mitarbeiter. Nach Wohlgemuths Worten planen die Aktivisten, während der „Prime Days“ auf dem Dach zu bleiben und weiter zu protestieren.
Greenpeace fordert bereits seit der Enthüllung der „gängigen Vernichtungspraktik“ des Handels im Sommer 2018 ein umfassendes Ressourcenschutzgesetz von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Im Januar übergab Greenpeace im Bundesumweltministerium (BMU) eine 145.000 Unterschriften umfassende Petition gegen Retourenvernichtung im Online-Handel an Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth. Damals hatten Recherchen der WirtschaftsWoche und des ZDF-Magazins „Frontal 21“ ergeben, dass in deutschen Amazon-Logistiklagern massenhaft Retouren und neuwertige Produkte vernichtet werden, die nicht mehr gewinnbringend zu verkaufen sind. Beispielsweise auch unverkaufte Ware von externen Anbietern, die den Service „Versand durch Amazon“ nutzen und die Kosten für den Rückversand nicht tragen möchten.
Auch in Frankreich gibt es Berichte über ähnliche Vorwürfe. Die französische Fernsehsendung Capital hatte berichtet, dass innerhalb von nur drei Monaten 300.000 neue Artikel zerstört worden seien. Hochgerechnet auf das ganze Jahr 2018 geht der französische Gewerkschaftsbund von rund 3,2 Millionen neuwertigen, aber zerstörten Produkten allein in Frankreich aus.