Galeria Karstadt Kaufhof „Es werden weitere Grausamkeiten auf uns zukommen“

Auf den Betriebsversammlungen von Galeria Karstadt Kaufhof sollen weitere Details zu den zu erwartenden Stellenstreichungen bekannt werden. Quelle: imago images

Am Montag fanden an vielen Standorten von Karstadt und Kaufhof Betriebsversammlungen statt. Die Warenhausmitarbeiter sollten erste Details zu den Verhandlungen über Stellenstreichungen und Sparmaßnahmen erfahren. Doch die wichtigste Frage blieb unbeantwortet.

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Welche Filialen werden geschlossen, welche bleiben erhalten? Eine Antwort auf die derzeit wohl drängendste Frage werden die rund 28.000 Mitarbeiter von Kaufhof und Karstadt wohl auch am Montag nicht erhalten. Trotzdem hat der Gesamtbetriebsrat des Warenhauskonzerns zu bundesweiten Betriebsversammlungen aufgerufen, um die Beschäftigten über den Verhandlungsstand zu informieren. Dabei gibt es im Grunde nur wenig Konkretes zu berichten. Denn auch unabhängig von der Filialfrage sei derzeit das meiste noch im Fluss, heißt es im Betriebsratsumfeld. Dabei drängt die Zeit.

Galeria Karstadt Kaufhof hatte im April eine Schutzschirm-Insolvenz eingeleitet. Bis Ende Juni muss die Gesellschaft nun beim Amtsgericht Essen einen Sanierungsplan einreichen, der den Weg aus der Krise bahnt und die Zugeständnisse von Lieferanten, Vermietern und den Arbeitnehmern in konkreten Geschäftszahlen spiegeln soll. Die Verhandlungen mit den Beteiligten müssen jedoch schon Mitte Juni abgeschlossen sein, da der Plan erst im Anschluss fertig gestellt werden kann und zudem noch von Gremien wie dem vorläufigen Gläubigerausschuss genehmigt werden muss.

Insolvenzsachwalter Frank Kebekus und Generalbevollmächtigter Arndt Geiwitz hatten im Interview mit der WirtschaftsWoche bereits erhebliche Einschnitte angekündigt, um das Unternehmen bis 2022 wieder profitabel zu machen. Dazu sind massive Investitionen erforderlich. In den nächsten fünf Jahren werden nach internen Berechnungen rund 130 Millionen Euro jährlich für Instandhaltung, Umbauten und die Modernisierungen der Filialen, sowie für den Ausbau von IT und E-Commerce benötigt.

Der Beitrag der Beschäftigten liegt nach Angaben des Galeria-Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz zwar bei „deutlich unter 50 Prozent des gesamten Sparvolumens“, hat es aber dennoch in sich. So wird derzeit mit dem Gesamtbetriebsrat über mehrere Punkte verhandelt, bei denen sich bislang noch keine Lösung abzeichnet. Ein offener Punkt sind etwa flexiblere Arbeitszeiten mit einheitlichen Regelungen für alle Filialen. Der Gesamtbetriebsrat sperrt sich bislang dagegen mit dem Argument, Arbeitszeitregelungen würden den Mitbestimmungsgremien in den einzelnen Häusern obliegen.

Auch die Forderung der Sanierer nach einem Personalabbau von zehn Prozent zusätzlich zu den anstehenden Entlassungen in den Schließungsfilialen lehnen die Arbeitnehmervertreter bislang ab. Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz verlieren, stehen ohnehin vor herben Einbußen. So müssen Abfindungen aus insolvenzrechtlichen Gründen bei zweieinhalb Monatsgehältern gedeckelt werden, die Kündigungsfrist beträgt maximal drei Monate. Pläne zur Ausgliederung der Warenverräum-Teams konnten dem Vernehmen nach dagegen abgewendet werden.

Das Abbauprogramm trifft indes nicht nur das Kerngeschäft. Geplant sei die Schließung von insgesamt bis zu 64 Reisebüros sowohl in Schließungsfilialen, aber auch in bestehend bleibenden Filialen, heißt es im Betriebsratsumfeld. Zudem sollen offenbar 180 Vollzeitbeschäftigte im „Service Center“ in Essen und Köln-Porz ihre Jobs verlieren. Betroffen ist wohl auch der Einkauf für den Bereich „Sports“, der ausgegliedert werden soll und das Facility Management, wo der Arbeitsplatzabbau von der Anzahl der Schließungsfilialen abhängen dürfte.
„Es wird Filialschließungen geben und es werden weitere Grausamkeiten auf uns zukommen“, heißt es denn auch im Betriebsratsumfeld. Von einer „hochbrenzligen Situation“ ist dort die Rede.

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