Galeria Karstadt Kaufhof Gläubigerversammlung stimmt Rettungsplan zu

Reichlich Abstand: So sah es auf der Gläubigerversammlung von Galeria Karstadt Kaufhof aus Quelle: Henryk Hielscher

Pleite nach Plan: Die Gläubiger des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof machen den Weg frei für den Erhalt der Handelskette. Doch die eigentliche Sanierung beginnt jetzt erst.

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Mehr als sieben Stunden dauerte es, dann stand fest: Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) kann weitermachen. Die Gläubiger des Warenhauskonzerns stimmten am Dienstagnachmittag dem Insolvenzplan zu. Damit ist der Weg frei für den Erhalt der Handelskette, der allerdings mit Filialschließungen, Kündigungen und erheblichen Zugeständnissen der Gläubiger einher geht.

In einem nach dem „Ja“ der Gläubiger verschickten Mitarbeiterbrief sagte GKK-Chef Miguel Müllenbach: „Der heutige Tag ist der Startschuss für einen Neuanfang, denn unser Unternehmen hat jetzt wieder eine gesunde Basis und die Aussicht auf eine sichere Zukunft.“

Das Insolvenzfahren soll nach den Plänen der Unternehmensführung noch in diesem Monat abgeschlossen werden. Der Warenhausriese könne sich dann voraussichtlich schon im Oktober wieder ohne insolvenzrechtliche Einschränkungen und schuldenfrei dem Wettbewerb um die Kunden stellen, betonte Müllenbach. Und mit deutlich weniger Beschäftigten. Bei dem Warenhausriesen werden der Gewerkschaft Verdi zufolge wohl über 5000 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren, 46 Filialen stehen vor dem endgültigen Aus.

Vor allem die Stellen in den Schließungsfilialen fallen weg, aber auch in der Zentrale und der Logistik werden Jobs gestrichen. Vor dem Veranstaltungsort hatten daher einzelne Verdi-Mitglieder für den Erhalt von Arbeitsplätzen demonstriert. „Wir sind gekommen, um zu bleiben“ und „Galeria Kaufhof und Essen gehören zusammen“, stand auf Transparenten vor dem West-Eingang zum Messegelände, wo die Gläubigerversammlung stattfand. Nur rund einhundert Gläubiger und ihre Vertreter waren vor Ort. Der Großteil, der sorgsam und mit reichlich Abstand arrangierten Stuhlreihen blieb unbesetzt, was im Grunde nicht anders zu erwarten war. Zum einen dürfte die Coronapandemie die Teilnahmebereitschaft gesenkt haben. Zum anderen sind ohnehin meist nur wenige, zentrale Gläubiger bei Gläubigerversammlungen präsent. Schließlich steht der Fahrplan für den weiteren Verlauf eines Insolvenzverfahrens in aller Regel schon im Vorfeld fest.

So auch bei Galeria Karstadt Kaufhof. Im Insolvenzplan ist festgelegt, dass Gläubiger ohne spezielle Sicherheiten nur einen Bruchteil ihrer Forderungen in Euro erhalten werden. Auch der Eigentümer von Karstadt-Kaufhof, die österreichische Immobiliengruppe Signa von René Benko, wird zur Kasse gebeten, damit das Unternehmen weitermachen kann. Signa hatte GKK bereits kurz vor dem Schutzschirmantrag Anfang April 162 Millionen Euro überwiesen, damit der Geschäftsbetrieb weitergehen konnte. Zusätzlich soll Benko nun einen „Sanierungsbeitrag“ von bis zu 325 Millionen Euro leisten, 125 Millionen Euro davon als Massedarlehen. Unabhängig davon sollen 41,3 Millionen Euro aus Zahlungsversprechen und „Verlustausgleichsverpflichtungen“ der Vergangenheit von Signa-Ablegern gezahlt werden. Vereinzelt sind dem Vernehmen nach auch Warenhaus-Standorte von der Schließung betroffen, die Signas Immobilienportfolio gehören.

Grundsätzlich wurden Schließungen laut Insolvenzplan immer dann in Erwägung gezogen, wenn eine Filiale nicht mindestens fünf Prozent Ebitda-Marge erreicht hat. Problematisch waren zudem Standorte, bei denen sich Kennziffern etwa hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung oder Kaufkraft verschlechtert haben. Auch Sonderfaktoren wie Doppelstandorte, an denen Kaufhof und Karstadt bislang direkt miteinander konkurrieren, spielten bei der Entscheidung laut Insolvenzplan eine Rolle.

Über die nun beschlossenen Schließungen, Kündigungen sowie die Kapitalspritze von Signa hoffen die Sanierer, die Finanzlage des Konzerns so zu stabilisieren, dass GKK in Zukunft deutlich mehr Geld in die Modernisierung seines Filialnetzes und des Online-Auftritts investieren kann. So sieht das „Galeria 2.0“ getaufte Sanierungskonzept einen Ergebniseffekt von bis zu 467 Millionen Euro bis zum Geschäftsjahr 2022/23 auf Ebitda-Level vor. „Durch die verbesserte wirtschaftliche Situation werden zukünftig Investitionen aus eigener Kraft ermöglicht, so das über fünf Jahre ca. 650 Mio. in die Neuausrichtung investiert werden können.“ Von diesem Betrag sollen „mehr als dreiviertel in die Modernisierung der im Standortportfolio verbleibenden Filialen“ fließen. Der Rest werde in die technologische und digitale Infrastruktur investiert.

Mit Material von dpa.

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