Galeria Karstadt Kaufhof Kann Galeria eine Lösung für das Lohn-Dilemma finden?

Filialen von Karstadt und Galeria Kaufhof liegen sich an einer Straße in Düsseldorf gegenüber. Quelle: dpa

Seit Jahren verzichten Karstadt-Mitarbeiter auf Geld, um die Sanierung der Warenhauskette zu unterstützen. Eigentlich sollte 2021 damit Schluss sein. Doch ob das gelingt, ist fraglich. Intern wird bereits über einen gemeinsamen Warenhaustarif mit Kaufhof diskutiert.

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Die Meldung sorgte für einen Hauch Erleichterung unter den Beschäftigten von Galeria Kaufhof: Bei der angeschlagenen Warenhauskette sollen bundesweit zwar etwa 1000 Jobs wegfallen, bisher standen aber fast doppelt so viele auf der Streichliste. Dass die Erleichterung indes von Dauer ist, scheint wenig wahrscheinlich. Denn intern wird längst der nächste, weitaus brisantere Vorstoß ausgelotet. Eine Idee, die – wird sie Realität – auch für die Mitarbeiter des vor wenigen Monaten mit Kaufhof fusionierten Karstadt-Konzerns empfindliche Folgen haben dürfte.

Nach Informationen der WirtschaftsWoche haben Unternehmensvertreter gegenüber Betriebsräten und der Gewerkschaft Verdi einen so genannten Segmenttarifvertrag ins Spiel gebracht. Im Prinzip geht es dabei um einen Haustarif, der für die Beschäftigten von Galeria Kaufhof wie für die von Karstadt gleichermaßen gelten würde. Was zunächst nach personalpolitischem Kleinklein klingt, birgt in Wahrheit gewaltigen Sprengstoff – und dürfte auch Thema eines Spitzentreffens von Karstadt-Kaufhof-Eigentümer René Benko und Verdi-Chef Frank Bsirske werden, das nach Informationen der WirtschaftsWoche für kommenden Montag angesetzt ist.

Der Hintergrund: Die deutsche Warenhauswelt ist tarifpolitisch seit Jahren gespalten. Bei Kaufhof wurden die Mitarbeiter bislang nach dem Flächentarif des Einzelhandels bezahlt. Bei Karstadt gilt dagegen eine euphemistisch als „Zukunftstarifvertrag“ bezeichnete Sanierungsvereinbarung: Das Management verzichtete auf Schließungen, die Mitarbeiter auf Gehalt. Das drückt die Personalkosten erheblich. Nach internen Berechnungen von Betriebsräten verdienen viele Karstadt-Mitarbeiter inzwischen rund elf Prozent weniger als sie nach Flächentarif bekommen würden. Für eine nordrhein-westfälische Verkäuferin, die länger als sechs Jahre im Beruf ist, sind das über 300 Euro im Monat. In den letzten fünf Jahren hätte sie ihrem Arbeitgeber insgesamt über 12.000 Euro „geschenkt“.

Spätestens in zwei Jahren sollte der Verzicht jedoch enden und Karstadt wieder Standardlöhne zahlen. „Ziel der Vereinbarung ist die vollständige Rückkehr in die Tarifbindung spätestens im Jahre 2021“, hieß es denn auch explizit in einer früheren Mitteilung des Unternehmens. Doch ob das Versprechen tatsächlich eingelöst wird, scheint fraglich. Die Umsatzerosion bei Karstadt hält an und die Kette ist trotz aller Sparmaßnahmen noch immer weit von einer Sanierung entfernt.

So hat das Unternehmen im vergangenen Jahr rote Zahlen geschrieben, auch aktuell läuft es nicht rund. Bei höheren Personalkosten würden auch die Verluste deutlich steigen. Ein Unternehmensvertreter soll daher im Zusammenhang mit der versprochenen Rückkehr zum Flächentarif bereits von einer Sackgasse gesprochen haben.

Aus Sicht des Managements könnte ein gemeinsamer Warenhaustarif mit Kaufhof eine gesichtswahrende Lösung sein, um sich von den früheren Ankündigungen zurückzuziehen. Die Karstadt-Mitarbeiter würden in dem Fall wohl etwas mehr verdienen, die Kaufhof-Kräfte etwas weniger. Im März hatte der neue Kaufhof-Chef Stephan Fanderl, der zugleich auch Karstadt führt, bereits die bisherige Mitgliedschaft von Kaufhof im Flächentarif des Einzelhandels gekündigt. Für Kaufhof strebt Fanderl jetzt einen Sanierungstarifvertrag an – und damit im Grunde das Karstadt-Modell. Per Segmenttarifvertrag, so offenbar die Überlegungen, könnte ein einheitliches Niveau innerhalb des gemeinsamen Warenhauskonzerns geschaffen werden. Allein, auch das dürfte weit entfernt vom Gehaltsniveau des Flächentarifs sein.

Entsprechend groß ist der Widerstand, der sich nun formiert. Nach den Einschnitten der vergangenen Jahre pochen vor allem Karstadt-Betriebsräte auf die strikte Einhaltung der Zusagen. Auch Verdi gibt sich kämpferisch: „Wir werden sicher nicht über einen speziellen Tarifvertrag für das Warenhausegment verhandeln“, sagt Orhan Akman, Bundesfachgruppenleiter Einzelhandel. „Dazu gibt es keinen Anlass.“ Statt Kürzungen fordert der Gewerkschafter Ideen, um den Umsatz in den Warenhäusern zu steigern. „Herr Fanderl hat seine Hausaufgaben nicht gemacht“, sagt Akman. „Sparmaßnahmen allein sind kein Konzept, um wieder neue Kunden zu gewinnen.“

Die strikte Ablehnung durch Verdi blieb auch den Beratern von Karstadt-Kaufhof-Eigentümer Benko nicht verborgen. Ob das Treffen zwischen ihm und Bsirske tatsächlich etwas bringt, scheint fraglich. Gut möglich, dass der Termin daher schon vorher wieder abmoderiert wird.

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