Wenig steht fest bei der Sanierung des Warenhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof, eines ist jedoch sicher: Die Einschnitte werden drastisch ausfallen. „Es gibt Warenhäuser, die sich nicht profitabel betreiben lassen, selbst wenn das Unternehmen keinen Cent Miete zahlen müsste“, sagte der vorläufige Sachwalter des angeschlagenen Warenhauskonzerns Frank Kebekus jüngst im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Diese Häuser stehen auf der roten Liste und werden geschlossen. Andere Häuser laufen gut und sind auf der schwarzen Liste. Und dann gibt es über ein Dutzend Filialen auf der grauen Liste. Wenn es für diese Standorte noch Zugeständnisse von Vermietern und anderen Beteiligten gibt, kann es dort durchaus weitergehen“, so Kebekus.
Dennoch werden selbst im Idealfall rund ein Drittel der 172 Warenhäuser schließen müssen. Doch nicht nur den klassischen Warenhäusern droht ein Aderlass. Auch bei anderen Konzernablegern, die sich in Insolvenzverfahren befinden, geht es nun zur Sache: Dazu gehören unter anderem Karstadt Sports, die Dinea Gastronomie und Karstadt Feinkost, die Le Buffet Restaurant & Café Gesellschaft, die Galeria Logistik sowie die früheren Thomas-Cook-Reisebüros, die jetzt unter Galeria Reisen firmieren und in der Gesellschaft Atrys I gebündelt sind.
Die früheren Cook-Reisebüros stünden gar vor dem Aus, warnte bereits die Gewerkschaft Verdi. Den 440 Beschäftigten drohe die Kündigung, die Büros sollten geschlossen werden, teilte Verdi mit. „Wir setzen weiter auf Reisebüros in unseren Warenhäusern und das Online-Reise-Geschäft von Galeria Reisen“, erklärte dagegen ein Sprecher des Warenhausriesen. Als Folge der Coronakrise seien jedoch „die Aussichten, Einzelstandorte außerhalb der Warenhäuser wirtschaftlich zu betreiben, sehr gering“.
Gravierende Umstrukturierungen kommen auch auf Karstadt Sports zu. So soll der Sport-Einkauf künftig gebündelt bei der Tochter Sportscheck erfolgen, die nicht vom Schutzschirmverfahren betroffen ist, berichtete die „Lebensmittelzeitung“. Unternehmensnahe Kreise hielten es demnach für wahrscheinlich, dass weitere Zentralbereiche zusammengelegt werden könnten – und damit auch die Karstadt-Sports-Zentrale in Essen gefährdet ist.
Offen ist noch, wieviel Substanz ein Angebot der privaten Loitz Stiftung hat. Sie hatte ihr Interesse bekundet, die Filialen von Karstadt Sports zu übernehmen. „Wir haben unseren Hut in den Ring geworfen“, sagte der Essener Unternehmer und Stiftungsdirektor Daniel Loitz der „Deutschen Presse-Agentur“. Man habe dem für Galeria Karstadt Kaufhof zuständigen Sachwalter Frank Kebekus ein Übernahmeangebot für die Filialen sowie die Zentrale in Essen gemacht, aber noch keine Rückmeldung erhalten. Die Kette passe ins Portfolio der Stiftung, die sich besonders für Frauen im Spitzensport einsetze, so Loitz. Außerdem lasse sich das Online-Geschäft sicherlich ausbauen. Für die Mitarbeiter ist das ein Hoffnungsschimmer, da intern zuvor bereits über umfangreiche Filialschließungen von bis zu 20 der 30 Häuser spekuliert wurde. Gleichwohl kommt ein Verkauf insolvenzrechtlich nur dann infrage, wenn die Gläubiger des Sporthändlers dadurch einen Mehrwehrt erhalten würden. Ob die Loitz Stiftung, die unternehmerisch bisher nicht öffentlich aufgefallen ist, dafür der richtige Kandidat ist, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
Unklar ist die Situation auch für die Mitarbeiter der Dinea- und Karstadt-Restaurants (Le Buffet). Da die Restaurants direkt in den Warenhäusern untergebracht sind, dürfte zumindest in den Schließungsfilialen auch das Schicksal der Gastronomie besiegelt sein. Ob darüber hinaus weitere Schließungen geplant sind, ist bislang nicht bekannt.
In der gesamten Gruppe sollen die Sparmaßnahmen indes über Schließungen und Entlassungen hinausgehen und werden damit auch jene Mitarbeiter betreffen, die nicht direkt vom Stellenabbau betroffen sind. Schon seit Jahren erleben sie trotz aller Durchhalteparolen des Managements den ungebremsten Niedergang der Warenhausketten. Nun werden ihnen erneut Zugeständnisse abverlangt. So wird ein neuer Sanierungstarifvertrag angestrebt, über den die erst Ende 2019 vereinbarten Gehaltssteigerungen für die Jahre 2020 und 2021 auszusetzen und ihre Auszahlung für 2022 bis 2024 von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängig zu machen.
Angedacht wird offenbar zudem, die Warenserviceteams outzusourcen, wodurch Mitarbeiter künftig in niedrigeren Logistiktarifen eingestuft werden könnten, heißt es intern. Weitere massive Eingriffe in die bestehenden Löhne und Gehälter sind keine Lösung“, erklärte dagegen die Tarifkommission des Warenhauskonzerns. Die Gewerkschaft Verdi wolle sich den verabredeten Gesprächen über die Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof dennoch nicht verschließen, hieß es weiter.
„Wir werden versuchen, die Folgen für die betroffenen Mitarbeiter so sozialverträglich wie möglich abzufedern“, versicherte unterdessen Arndt Geiwitz, der Generalbevollmächtigte und Chefsanierer des Unternehmens gegenüber der WirtschaftsWoche. Er wies zudem darauf hin, dass die Kostensenkungen nicht allein die Beschäftigten treffen würden. „Ihr Beitrag liegt insgesamt deutlich unter 50 Prozent des gesamten Sparvolumens“, so Geiwitz. Auch die Lieferanten und Vermieter müssten ihren Teil beitragen. Bis Ende Juni soll im Detail feststehen, wer welchen Beitrag zur Sanierung leistet.
Verdi fordert unterdessen ein Eingreifen des Staates. „Es ist jetzt Zeit für eine politische und finanzielle Unterstützung für die Beschäftigten durch die Politik in den Kommunen, Gemeinden sowie Landesregierungen und der Bundesregierung“, sagte Verdi-Verhandlungsführer Orhan Akman. Unterstützung sei auch „in Form von Staatshilfen“ erforderlich, betonte Akman.
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Die Sanierungsexperten Arndt Geiwitz und Frank Kebekus über die Überlebenschancen der angeschlagenen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. Und wie sich ein zweiter Fall Schlecker verhindern lässt.