Galeria Kaufhof Pinocchio im Warenhaus

Quelle: imago images

Die Gewerkschaft Verdi entscheidet, ob sie mit Kaufhof über einen Sanierungstarifvertrag verhandelt. Es geht um Einschnitte bei den Beschäftigten – und um die Glaubwürdigkeit des Managements.

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Der Vorhang hebt sich. Die Titelmelodie der Zeichentrickserie Pinocchio aus den 70er Jahren erklingt und während die Holzpuppe zum Leben erwacht, um über die Bühne zu zappeln, wird der Titel des Videos eingeblendet, das derzeit unter den Mitarbeitern von Galeria Kaufhof für Furore sorgt: „Die große Lüge“.

Der fast neun Minuten lange Youtube-Clip, der Anfang April hochgeladen wurde, dürfte vielen von ihnen aus dem Herzen sprechen. Gespickt mit Statements der beteiligten Manager, die mit pinocchio-like gemorphten Nasen verunziert wurden, zeichnet der Film den rasanten Niedergang Kaufhofs seit dem Verkauf durch Metro an den kanadischen Handelskonzern Hudson’s Bay Company (HBC) nach.

Der Verkauf bedeute „ein Menge Positives“ für die Belegschaft, beteuert da etwa Metro-Chef Olaf Koch in einer älteren Aufnahme, die am Anfang eingespielt wird. Es sei bei dem Verkauf an HBC auch um Zusagen für die Belegschaften und für Standorte gegangen „und am Ende auch zu der Tarifbindung“, sagte Koch damals. All diese Dinge seien als Teil des Kaufvertrages verankert worden und „Hudson’s Bay hatte gar kein Problem damit, diese Zusagen zu machen“. Die Kanadier hätten erkannt, dass das Warenhaus erfolgreich sei „wegen der Leute und nicht gegen die Leute“, so Koch.

Für das Gros der Mitarbeiter dürften die Worte inzwischen wie Hohn klingen. Das Unternehmen steckt in einer tiefen Krise und das Management hat bereits angekündigt, bis 2020 rund 400 der rund 1600 Arbeitsplätze in der Konzernzentrale zu streichen.

Noch wichtiger: Im Oktober 2017 hatte HBC-Europachef Wolfgang Link eine „wirtschaftliche Atempause“ für Kaufhof gefordert und der Gewerkschaft Verdi einen so genannten Beschäftigungssicherungsvertrag vorgeschlagen. Der Kern: Die rund 20.000 Kaufhof-Mitarbeiter in Deutschland sollen mehr arbeiten, aber weniger verdienen. So ist hinter den Kulissen die Rede vom Aussetzen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld für drei Jahre und von einer Rückkehr zur 40-Stunden-Woche.

Bislang wurde von den Sparmaßnahmen allerdings nichts umgesetzt. Links ursprünglich geäußerte Erwartung „bis Weihnachten zu Ergebnissen“ zu kommen, war von vornherein weltfremd. Zunächst arbeiteten Wirtschaftsprüfer das Zahlenwerk durch, um zu prüfen, ob das Unternehmen überhaupt sanierungsreif und -fähig ist, Stellungnahmen wurden eingeholt, eine Tarifkommission zusammengestellt. Die entschied immerhin am Freitag, dass die Arbeitnehmervertreter mit dem Unternehmen Verhandlungen über einen Sanierungstarifvertrag aufnehmen. Verdi stimmt Tarifverträgen zur Beschäftigungssicherung nur in Einzelfällen zu. Voraussetzung ist die wirtschaftliche Schieflage eines Unternehmens.

Dem Ansinnen des Managements, die Gehälter der Mitarbeiter schon im Vorfeld einzufrieren und die aktuell anstehende Tariferhöhung auszusetzen, hatte die Gewerkschaft bereits eine Absage erteilt. Bei Kaufhof hatte es zuletzt geheißen, bei möglichen Verhandlungen werde es um „befristete Personalkosteneinsparungen sowie eine möglichst weitgehende Absicherung der Arbeitsplätze“ gehen.

Müssen die Kaufhof-Beschäftigten für die Probleme der Kette zahlen?


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