Gefährlicher Pilz Die Banane ist in Gefahr

Die Banane ist die Lieblingsfrucht von Industrie, Handel und Kunden: günstig, leicht zu transportieren. Leider aber auch sensibel. Ein Pilz vernichtet nun ganze Plantagen. Droht der Frucht das Aus?

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Ein aggressiver Pilz bedroht die Banane Quelle: dpa

Die braunen Stellen auf den Blättern sind die ersten Zeichen für das Todesurteil. Nach kurzer Zeit ist auf der Bananenplantage kein Grün mehr zu sehen, dann verlieren die Stauden ihre Blätter. Neun Monate zieht sich das Drama hin, maximal. Dann ist die Bananenstaude tot und mit ihr die komplette Plantage. 50 Jahre lang wird auf dieser Fläche nicht eine Banane mehr wachsen. Der Pilz Tropical Race 4 macht eben ganze Arbeit.

Die Plage zerstört derzeit großflächig die Bananenplantagen dieser Welt, ohne dass sie irgendwas stoppen könnte. Kein natürlicher Feind, kein technischer, keine Chemie. Bis zu 80 Prozent der weltweiten Bananenproduktion, die jährlich für 34 Milliarden Dollar gehandelt wird, sind bedroht. Nach Asien, Australien und dem Nahen Osten hat der emsige Pilz nun Afrika erreicht. Zwar sind die Hauptanbaugebiete in Mittel- und Südamerika noch nicht befallen, das aber gilt nur als Frage der Zeit. Ein nicht desinfizierter Schuh alleine reicht, um die Pilzsporen vom einen Kontinent auf den anderen zu tragen.

Die Globalisierung, die die Banane so erfolgreich gemacht hat, gefährdet sie nun.

Obstkonsum in Deutschland von 2011 bis 2015

„Die Staaten müssen jetzt handeln, wenn sie das Worst-Case-Szenario für den weltweiten Bananenanbau verhindern wollen“, warnt die Welternährungsorganisation FAO. Tun sie das nicht, droht das Ende einer – zumindest ökonomisch betrachtet – beispiellosen Erfolgsgeschichte. Keine Frucht hat weltweit eine solche Bedeutung. Sie hat ganze Länder zu Bananenrepubliken und Unternehmen zu Bananenmultis mit Milliardenumsätzen gemacht. In vielen Ländern ist die Banane Grundnahrungsmittel, in anderen das wichtigste Exportprodukt und in manchen beides. Mehr als 80 Millionen Tonnen werden pro Jahr verspeist. Jede vierte Banane wird exportiert, keine Frucht überquert häufiger die weltweiten Grenzen.

Das alles, weil die Banane sich perfekt der globalen Arbeitsteilung angepasst hat: Sie ist unempfindlich, reift auch während des Transports, lässt sich perfekt skalieren. Für 1 Euro das Kilo liegt die Tropenfrucht im deutschen Supermarkt, günstiger als Birnen, obwohl in der Regel viel weiter gereist. Immer verfügbar, immer bei gleicher Qualität. Unabhängig von Herkunft oder Jahreszeit.

Wird die Banane weiter von Tropical Race 4 angegriffen, bräuchten ganze Länder ein neues Geschäftsmodell, stürzten Konzerne in die Krise und würde dem deutschen Handel eines seiner wichtigsten Grundprodukte fehlen. Der Pilz führt vor Augen, wie Globalisierung und in ihrer Folge der Zwang zu Rationalisierung, das Pressen des Agrarprodukts in strenge Lieferketten die Banane zum Risikofaktor gemacht haben. Und wie abhängig Lebensmittelindustrie und Einzelhandel von weltweit sehr wenigen, aber offenbar sehr anfälligen Sorten sind.

Pedro Morazán ist in Honduras geboren, wurde Ökonom und arbeitet heute am Bonner Südwind Institut. Kaum jemand kennt sich so gut mit dem weltweiten Bananenhandel aus. Wer Morazán länger zuhört, ahnt: Der Bananen-Killer-Pilz kam womöglich unangekündigt über die Plantagen, überraschen aber kann seine dramatische Auswirkung nur bedingt. Morazán benennt gleich ein Paradox des Bananeneerfolgs: „Als ich zum ersten Mal eine westliche Supermarkt-Banane probierte, fand ich sie schrecklich: so mehlig und überhaupt nicht aromatisch. Die Bananensorten in den Herkunftsländern schmecken ganz anders und sind deutlich fruchtiger“, sagt er. Erfolgreich, aber nicht gut? Morazáns Paradox löst sich beim Blick auf die Anfänge des weltweiten Bananenbooms.

Vernichtung ganzer Bananenplantagen

Der beginnt vor etwa 120 Jahren, als eine Eisenbahnlinie das Hochland Costa Ricas erstmals mit der Küste verbindet. Fortan können Bananen transportiert werden, ohne dass sie verderben. Die Amerikaner lieben die süßen Früchte aus Mittelamerika, und schnell kommen auch die Europäer auf den Geschmack. Ein lukrativer Markt entsteht, der zunächst von einem Unternehmen dominiert wird: United Fruit Company, heute Chiquita, professionalisiert und vereinnahmt das Geschäft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die Firma besitzt Plantagen, Eisenbahnen und Schiffe. Die Einheimischen bezeichnen sie als „die Krake“. Bereits um die Jahrhundertwende fahren über 90 Dampfer, voll beladen mit Bananen, unter United-Fruits-Kommando. Mit Dole und Del Monte bleibt auch in der Folge die Zahl der Wettbewerber überschaubar, der Bananenmarkt wird zum klassischen Oligopol.

Doch dann ereilt die Branche in den Fünfzigerjahren ein Unglück, das sich später als Glücksfall erweisen soll und die Unzufriedenheit von Ökonom Morazán mit der heutigen Banane begründet: Die Panamakrankheit bricht aus. Tropical Race 1, die Vorgängerrasse des jetzigen Pilzes, vernichtet großflächig ganze Bananenplantagen. Die Rettung für die Unternehmen liegt in einer geschmacklich minderwertigen Sorte: der Cavendish-Banane. Sie zeigt sich resistent gegen die Seuche.

Diese Leckerbissen waren einst verpönt
HähnchenflügelViel Knochen mit wenig Fleisch dran. Hähnchenflügel wurden früher entsprechend minderwertig angesehen. Menschen griffen lieber zu Schenkeln und zur Brust und warfen die Flügel für die Brühe in den Kochtopf. Das änderte sich als in den 60er Jahren ein US-Amerikaner in Buffalo Hähnchenflügel frittierte und würzige Sauce rüber kippte. Die Erfolgsstory der „Chicken Wings“ begann.   Quelle: Leszek Leszczynski, Creative Commons, CC BY 2.0
KnoblauchWas in Südeuropa dem Essen den richtigen Pfiff gibt, sahen Nordeuropäer und US-Amerikaner bis in den vergangenen Jahrzehnten als eine Zumutung an. Gerade in England galten, Menschen, die  Knoblauch gegessen hatten, als unkultiviert und gehobelt. Für diesen Ruf sorgte der Geruch nach dem Essen. Mit der zunehmenden Einwanderung von Süd- und Osteuropäern in den Norden und in die USA haben auch die Bürger dort die Zehen für sich entdeckt. Quelle: Liz West, Creative Commons, CC BY 2.0
ErdnüsseVon schwarzen Sklaven in die USA gebracht, galten Erdnüsse bis ins 19. Jahrhundert als Essen für die Ärrmsten der Armen und fürs Vieh. Als Erdnüsse zunehmend bei Zirkusvorstellungen und Baseballspielen angeboten wurden, entdeckten sie  immer mehr Bevölkerungsschichten für sich, sodass sie allmählich ihren minderwertigen Ruf verlor. Quelle: Daniella Segura, Creative Commons, CC BY 2.0
HaferbreiIn den USA galt Haferbrei ursprünglich nur als Tierfutter. Erst der deutsche Einwanderer Ferdinand Schumacher zeigte den Amerikanern seinen selbst angebauten Hafer als Alternative zu ihrem Frühstücksfleisch. Während des US-Bürgerkriegs griff die Unionsarmee des Nordens auf Schumachers Hafer zurück, sodass sich Haferbrei allmählich als Frühstücksspeiseetablierte. Quelle: Rachel Hathaway, Creative Commons, CC BY 2.0
TomatenIm 18. und 19. Jahrhundert galten Tomaten als giftig, da einige gutsituierte Menschen nach dem Tomatenverzehr erkrankten und starben. Schuld war jedoch das in guten Kreisen verbreitete bleihaltige Zinngeschirr, dessen giftige Wirkung der Tomatensaft angetrieben hatte. Quelle: dpa
KartoffelnHeute sind Kartoffeln aus Speiseplänen nicht mehr wegzudenken, im 16. und 17. Jahrhundert hatten die Europäer jedoch einige Vorurteile gegenüber den aus Südamerika stammenden Nachtschattengewächsen. So sollten sie Lepra und ungezügelte sexuelle Lust auslösen. In Preußen musste König Friedrich der Große die Menschen zu ihrem Glück zwingen und zwang die Bauern mit den sogenannten Kartoffelbefehlen sie anzubauen. Der druck hat gewirkt. Quelle: dpa
HamburgerHeute servieren auch gehobene Restaurants Hamburger, früher waren sie ein Arme-Leute-Essen. Als Geburtshaus des Hamburgers gilt die seit 1895 in New Haven bestehende Imbissbude Louis‘ Lunch, die Hackfleisch aus unverkauften Steaks zwischen zwei Toastscheiben an eilige Gäste verkauft hat. Quelle: dpa

Die Sorte erweist sich als ertragreich, reift gleichmäßig und wird damit zum Effizienzgaranten auf den Plantagen. Außerdem lässt sie sich hervorragend transportieren – optimal für den Export also. Die Cavendish wird für Europäer und Amerikaner das, was als Banane gilt – und für die Lebensmittelindustrie zur Umsatzmaschine.

Durch die Umstellung auf Cavendish wird der Bananenanbau zur Hochleistungsproduktion. 99 Prozent aller Exportbananen gehören zur Cavendish-Sorte. Sie wachsen fast immer auf Großplantagen, Hunderte von Hektar groß. Noch während die Früchte am Baum hängen, werden sie in Plastikhüllen verpackt, um sie zu schützen. Mit Macheten trennen die Arbeiter die Früchte ab, Seilbahnen bringen die Beutel von der Plantage. Keine 24 Stunden später sind sie in Kisten verpackt auf dem Kühlschiff Richtung Amerika oder Europa. Das macht nur die Cavendish mit.

Sie begründet so ein Prinzip im internationalen Lebensmittelgeschäft: Tausche Geschmack gegen Gewinn. Das Zeitalter der maximal skalierbaren Frucht- und Gemüsesorten beginnt; perfekt für den Handel, angebaut am effizientesten in Monokulturen, die nach und nach alle anderen Sorten verdrängen.

Die meisten der in Deutschland gegessenen Bananen kommen aus Zentralamerika. Ganze Länder sind von der Banane abhängig. In Ecuador leben rund 220 000 Familien von der Bananenproduktion. Doch von den weltweiten Milliardenerlösen der Banane landet hier nur ein kleiner Teil. Rund zwölf Prozent des Bananenverkaufspreises bleibt im Herstellungsland.

Das liegt ebenfalls an der Cavendish: Wenn 99 Prozent aller Exportbananen einer Sorte entspringen, sind auch 99 Prozent aller Exportbananen mehr oder weniger gleich. Es gibt nichts, das einen Aufpreis rechtfertigt. Und so austauschbar wie die Banane selbst wird für den Handel damit auch der Produzent. Den Kunden ist schließlich egal, woher genau die Banane stammt. Sie schmeckt eh immer gleich. Hauptsache, sie ist billig.

Das verschiebt nach und nach die Machtverhältnisse im Bananengeschäft. „Früher hatten die großen Konzerne das Sagen, heute sind es Supermarktketten und Discounter“, sagt Ökonom Morazán.

Die Banane gehört zum Standardeinkauf

Für viele Deutsche gehört die Banane zum Standardeinkauf. Der Bananenpreis ist für sie ein Indikator für das gesamte Sortiment. Ist die Banane billig, muss der Laden billig sein. In Deutschland werden rund zwei Drittel der Bananen im Discounter gekauft. Eine Markstellung, die die Händler nutzen. 2014 sorgte Aldi für Aufruhr, als der Billiganbieter kurzerhand ansagte, in Zukunft zwei Euro weniger pro Kiste zu zahlen. Lidl gründete vergangenes Jahr eine eigene Logistik.

Im jüngsten Lagebericht beklagt Chiquita den Preisverfall. Das Unternehmen formuliert die Ansage: Entweder der Handel erhöht die Preise über die Zwei-Euro-Grenze – oder er setzt seine Marge herunter. „Die Umsätze sinken, und die Gewinnspanne bei Bananen wird immer niedriger“, sagt Morazán.

In diesem Preiskampf gewinnt nur, wer eine maximal effiziente Lieferkette hat, die den Zufall ausschließt. Auch deshalb haben Produzenten weltweit auf die Cavendish gesetzt. Sie versprach, den Zufall auszuschließen.

Wer vom Boom bei den Öko-Lebensmitteln profitiert

Die Bürokratie tut ihr Übriges hinzu. In der Bananenordnung schreibt die Europäische Kommission genaue Normen für Bananen in Europa vor. Der Katalog umfasst mehr als 20 Vorgaben. So muss die Frucht frei von Flecken, mindestens 2,7 Zentimeter dick und 14 Zentimeter lang sein – die Standardbanane für die EU entspricht der Cavendish. Für den Anbau heißt das: Monokultur qua Gesetz.

Monokulturen aber sind anfällig. Wachsen auf ihnen in hoher Dichte identische Pflanzen, reicht ein einziger Erreger, um ihnen den Garaus zu machen. Resistenzen bilden sich leichter heraus. Schädlinge können sich auf ein einziges Angriffsziel konzentrieren. Der Banane hilft so auch selbst hoher Pestizideinsatz nicht mehr. Schon vor Tropical Race 4 wurde die Banane wöchentlich gespritzt. Doch gegen den Pilz hilft keine noch so hohe Dosis Pflanzengift.

Würde man weltweit mehrere Bananensorten anbauen – immerhin gibt es rund 1000 –, wären die Plantagen nicht derart anfällig, sobald sich eine Krankheit verbreitet. Das Problem: Artenvielfalt ist kaum vermarktbar. In Nichtkrisenzeiten gibt es dafür von Händlern keinen Cent, kostet aber eine Menge, weil Produzenten sich auf unterschiedliche Produktvarianten einstellen müssten.

Damit wäre keine Hochleistungsproduktion möglich, wie sie durch Unternehmen wie Chiquita oder Dole perfektioniert wurde. Das Ende des bisherigen Modells.

Mehr als zehn Prozent aller Bananenexporte laufen über den Dole-Konzern, geschätzt fünf Milliarden Dollar Umsatz sind das. Xavier Roussel, Vice President Markting bei Dole, sagt: „Wir sind wachsam, doch aktuell sind wir nicht von Tropical Race betroffen, da wir nur Plantagen in Zentral- und Südamerika haben.“ Er schiebt dann aber hinterher: „Doch natürlich machen wir viel für die Prävention. Wir haben beispielsweise Regeln, sobald jemand auf einer infizierten Plantage war.“ Maßnahmen, die die UN-Ernährungsorganisation FAO schon vor zwei Jahren gefordert hat. Sie forderte 2014: Quarantäne infizierter Pflanzen, Ausbildung von Fachpersonal, Schutzmaßnahmen auf den Plantagen. Seitdem ist wenig besser geworden.

Auch Del Monte, das fast die Hälfte seiner rund vier Milliarden Dollar Umsatz mit der Banane macht, versucht, sich gegen die Krankheit zu wappnen: „Wir nehmen das Problem sehr ernst und arbeiten daran, die Verbreitung aufzuhalten. So lassen wir kein kontaminiertes Material auf unsere Plantagen und Container“, sagt Pamela Ghinamo, Marketing Manager bei Del Monte. Wie diese Antwort konkret aussehen könnte und mit welchen Ressourcen sie gefunden werden soll – das lässt Del Monte offen. Man redet ohnehin nicht gerne über Tropical Race. Es zählt nicht zu den Dingen, die Investoren gerne hören.

Zuversicht

Die Branche hat nämlich keinen bisher erkennbaren Plan B, sollte ihre Wunderfrucht ausfallen. Vor allem Chiquita ist abhängig vom Bananengeschäft: Schätzungsweise zwei Drittel seiner drei Milliarden Dollar Umsatz macht das Unternehmen mit den krummen Früchtchen. Ganz genau weiß man das jedoch nicht. Die Bananenkonzerne neigen nicht zu Transparenz. Um sie ranken sich einige Possen in der Vergangenheit, mal ließen sich einzelne an der Börse listen, zogen sich dann wieder zurück. Mal standen Megafusionen auf dem Plan, dann wieder nicht. Ein stetes Hin und Her. Was man nur weiß: Sie sind recht abhängig von der Cavendish-Banane, und generell haben sie zu kämpfen. Da kommt die Seuche eher ungelegen.

Dole-Manager Roussel demonstriert tapfer Zuversicht: „Für uns ist es einfach wichtig, wachsam zu bleiben und uns an die Vorsichtsmaßnahmen zu halten. Und wir glauben, dass es eine Lösung geben wird.“

Doch bislang gibt es keine Lösung.

Oder doch?

An dieser Stelle kommt Andreas Bürkert ins Spiel, ein Agrarwissenschaftler der Universität Kassel. Der neue Hoffnungsträger der Branche.

Andreas Bürkert

Er klettert an einem Nachmittag Ende Januar auf eine Bank in einem Gewächshaus und zählt Bananen. Rund 150 Früchtchen hängen am Stamm der Staude, halb schwebend mehrere Meter über dem Boden. Es riecht nach feuchter Erde. Das Thermometer zeigt 29 Grad, optimale Reifebedingungen. Nur noch wenige Tage, dann kann Bürkert ernten. Doch die süßen Früchte interessieren den Agrarwissenschaftler nicht. Die Pflanze hat eine andere Eigenschaft, die sie besonders macht. Denn Bürkerts Staude kann sich selbst verteidigen. Sobald sie von Schädlingen angegriffen wird, produziert sie einen biochemischen Giftcocktail. Eine natürliche Selbstabwehr gegen Krankheiten und Angreifer.

Der 54-jährige Wissenschaftler, an diesem Tag völlig entspannt mit Birkenstocks und rotem Wollpullover unterwegs, könnte damit die Lösung für das Pilzproblem gefunden haben.

Bürkert kam vor zehn Jahren von einer Expedition im Oman zurück. Er war mit einem alten Militärhubschrauber in die Ödnis geflogen, um unentdeckte Bananensorten zu finden. Im Tausch gegen seine Armbanduhr brachte ihm ein Einheimischer eine Pflanze aus den Felswänden der Oase. „Als wir mit dem Setzling in den Helikopter stiegen, ahnten wir nicht, welchen Schatz wir an Bord hatten“, erzählt Bürkert. Die Banane hatte nicht nur eine ungewöhnlich kaminrote Blüte und Früchte, die nach Apfel schmecken. In seinem Labor merkte der Wissenschaftler, dass Würmer und andere Angreifer starben, kurz nachdem sie an der Banane knabberten.

Seit er mit seiner resistenten Banane an die Öffentlichkeit ging, interessieren sich Dole, Chiquita und Co. sehr für ihn. Die Hoffnung: Könnte man die resistenten Eigenschaften der Oman-Banane gentechnisch auf andere Sorten übertragen, die mehr an die klassische Banane erinnern, könnte man womöglich den Kampf gegen Tropical Race 4 gewinnen und sehr viel Geld verdienen. Doch Bürkert wirkt nicht wie ein Geschäftsmann, sondern eher wie ein Weltumsegler. In seinem Büro stehen Holzelefanten, indische Teekannen und Skulpturen. An den Wänden hängen Fotos von Menschen mit Turban. Bürkert ist offensichtlich nicht an Geld interessiert. Ihm geht es um andere Dinge: Rettung für sehr viele betroffene Menschen, den Wert der Artenvielfalt. So was eben.

Deswegen lehnt der Wissenschaftler die Zusammenarbeit mit der Industrie eigentlich ab. Als er aus der Wüste zurückkehrte, meldete er die Pflanze in der Welt-Gendatenbank für Bananen an. Für jeden frei nutzbar. Nun aber sieht er Handlungsbedarf. „Ich bin kein Befürworter der Gentechnik. Doch wir haben nicht viele Möglichkeiten, den Bananenmarkt vor Krankheiten wie Tropical Race zu schützen“, sagt Bürkert. Vertreter der Bananenindustrie haben den Wissenschaftler in diesen Tagen auf ihre Leitmesse eingeladen, Bürkert hat angenommen.

Sollte die Eigenschaft von Bürkerts Banane tatsächlich die Lösung bringen, muss er nur auf eines aufpassen: Das Ergebnis dürfte nicht aussehen wie seine Oman-Bananen aus dem Gewächshaus. Diese dürften in Europa nämlich gar nicht als Banane verkauft werden: Sie sind zu klein für die EU-Verordnung.

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