Geisterbahn und Glühwein Weihnachtsmärkte mit Kirmesflair

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Das Problem mit den Stromkosten

Nostalgie-Geschäft - Karussellbetreiberin Bruch mit ihren Söhnen auf dem Weihnachtsmarkt am Centro Oberhausen Quelle: Dominik Asbach für WirtschaftsWoche

Durch die ganze Republik ziehen die Bruchs mit ihrem Fahrgeschäft – 80.000 bis 100.000 Kilometer mit ihrem Auto plus vier spritfressenden Transportern, die den „Break Dancer“ transportieren. Ist der an einem Kirmesort angekommen, verbraucht er zwar keinen Diesel mehr, aber viel Strom durch die vielen Lichter und strombetriebenen Motoren.

„Die Strompreise haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt“, klagt Bruch. Schausteller-Präsident Ritter kritisiert zudem, dass mobile Schausteller den sogenannten Baustellenstrom kaufen müssen, der bis zu zehn Cent pro Kilowattstunde teurer sei als normaler Gewerbestrom.

Angesichts der hohen Kosten können Schausteller froh sein, die ihr Fahrgeschäft bereits abbezahlt haben – wie Rudolf und Bärbel Schütze. Seit 1923 betreibt die Familie in mehreren Generationen Geisterbahnen. Zuletzt standen die Schützes damit auf der Herbstkirmes in Köln-Deutz.

700.000 D-Mark hat das Ehepaar vor 34 Jahren für ihre Bahn „Schloss Dracula“ investiert. „Die konnten wir schnell abbezahlen“, sagt Bärbel Schütze. Die 71-Jährige verkauft im Geisterkassenhäuschen die Eintritts-Chips. In kleinen drachenähnlichen Wagen fahren Kinder an Mumien vorbei, die aus einem Sarg springen, leuchtenden Kürbisköpfen oder Skeletten.

Preußische Weihnacht in Berlin

Das Geschäft wird schwieriger

Wie Bruch beklagen auch die Schützes die hohen Sprit- und Strompreise. „Wir versuchen, das Beste draus zu machen, aber die rosigen Zeiten sind vorbei“, sagt der ebenfalls 71-jährige Rudolf Schütze. Wenn die Schützes nicht wie in diesem Jahr auf dem Winter-Dom in Hamburg einen Platz haben, stehen sie daher im Dezember auf dem Weihnachtsmarkt in Mülheim an der Ruhr oder Oberhausen.

Ältere Geschäfte haben allerdings auch Nachteile, nämlich durch die Umweltauflagen der Städte. Schaustellerpräsident Ritter kritisiert die Handhabe in den Umweltzonen: „Viele Schausteller reisen mit alten Fahrzeugen an, die dann wochenlang auf der Veranstaltung stehen und kein CO2 ausstoßen. Trotzdem dürfen sie auf Volksfeste oder Weihnachtsmärkte, die in Umweltzonen liegen, nicht mehr fahren.“ Ritter fordert eine Ausnahmeregelung für nur von Kirmes zu Kirmes reisende Fahrzeuge.

Die Branche beklagt nicht nur hohe Nebenkosten und Umweltauflagen. Auch der demografische Wandel hinterlässt seine Spuren. „In Kinderkarussells braucht man nicht mehr zu investieren“, sagt Ritter. Um die Lücke auszugleichen, werben viele Schausteller um ältere Kirmesbesucher. So gibt es bei den Essständen ein viel größeres Angebot wie Gemüsegerichte oder Lachs statt nur die obligatorische Bratwurst.

Obwohl das Geschäft schwieriger wird, fasziniert viele Schausteller das Leben auf dem Rummelplatz noch immer. Doch wer neu einsteigt, muss erst einmal Erfolge vorweisen können, bevor die Banken ein größeres Fahrgeschäft finanzieren.

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