Gemeinsam mit Berliner Start-up Edeka und Metro gehen unter die Gärtner

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Food-Trend Vertical Farming trifft Nerv der Verbraucher

Fabio Ziemßen verantwortet als „Director Food Innovation“ die neue Geschäftseinheit NX-FOOD der Metro. Er ist also dafür verantwortlich, dass die Metro nun in einigen ihrer Märkte auf Infarm setzt und damit noch einer von wenigen Händlern ist, der das tut. „In Deutschland fristet Vertical Farming derzeit noch ein Nischendasein. Für große Teile der Öffentlichkeit scheint diese Technologie noch abstrakt“, erklärt Ziemßen. Woran das liegt? „Versorgungsengpässe aufgrund von beispielsweise Witterungsbedingungen kennen wir hierzulande und heutzutage kaum.“ Solchen Engpässen könnte Vertical Farming zum Beispiel entgegenwirken.

Doch Vertical Farming werde auch hierzulande bekannter. „Das Fraunhofer-Institut hat zum Beispiel verschiedene Initiativen dazu ausgerufen“, erklärt Ziemßen. Außerdem helfe es, wenn Händler vorweggehen und Kooperationen mit den Herstellern der Farmen schließen. Trotzdem werde bis zur Marktdurchdringung von Vertical Farming noch einige Zeit vergehen.

Die Chancen, dass diese Zeit nicht allzu beträchtlich sein wird, stehen gar nicht so schlecht. Denn Vertical Farming trifft einen wahren Verbrauchertrend dieser Zeit. Immerhin achten heutzutage 53 Prozent der Verbraucher stärker darauf, Produkte aus der Region zu kaufen. Das ergab eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Ipsos. Und regionalere Produkte als solche, die direkt im Supermarkt selbst angebaut werden, gibt es wohl nicht.

Und eben das ist laut eigener Aussage der Antrieb von Infarm: „Wir wollen nicht die lokalen Bauern aus dem Gemüseregal verdrängen. Wir wollen denen an die Wäsche, die aus Äthiopien, Marokko oder Kenia importieren. Die ihre Pflanzen runtergekühlt auf vier Grad nach Deutschland bringen und dabei einen phänomenal großen CO2-Fußabdruck hinterlassen“, sagt Weber.

Bei dieser Mission sollen Infarm Händler wie Edeka und Metro helfen. Doch auch darüber hinaus hat Weber schon Pläne: „Lebensmittelhändler sind zwar unsere primäre Ziel- und Kundengruppe. Doch Vertical Farming ist für jeden interessant, der Kräuter, Salat oder Gemüse isst. Wir sind nicht nur auf den Handel beschränkt.“ Universitäten oder Restaurants seien ebenso spannend.

Und auch wenn die Skaleneffekte dort nicht so ausgeprägt sein dürften wie im Lebensmittelhandel, stehen die Boxen von Infarm sogar schon in einigen wenigen Restaurants. So auch im Berliner Restaurant von Starkoch Tim Raue. Und: „In der Uni oder im Büro könnte ein Raum für das Vertical Farming genutzt werden. Außerdem ist der E-Commerce auch für Kräuter und später Gemüse oder Obst relevant“, erklärt Weber.

Und dann ist da noch der Privatverbraucher: „Hobbyköche würden begeistert sein, wenn sie ihre Zutaten selbst zu Hause anbauen könnten“, meint Weber. Nur zu einem so frühen Zeitpunkt würde sich das für Infarm noch nicht lohnen – deshalb erst einmal Supermärkte. Doch Gewächshäuser für die Küche gibt es bereits. Etwa vom Start-up Neofarms aus Hannover. Allerdings sind Stromverbrauch und damit einhergehend auch Kosten der Farmen für Privatverbraucher nicht unbedingt erschwinglich.

Aber das kann alles noch kommen. Erstmal geht es darum, Vertical Farming in Supermärkten zusätzlich zur Kräutertheke anzubieten. Und wer weiß, vielleicht wachsen bald auch Erdbeeren und Tomaten in den intelligenten Farmen. Kräuter sind zumindest ein Anfang.

Martin Webers Lieblingskräuter aus seinen Farmen sind zurzeit übrigens Wasabi-Rucola und Bergkoriander – auch wenn Koriander ja nicht jedermanns Sache ist, wie die Kundin aus dem Edeka der Familie Gerdes in Oberhausen sagen würde.

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