Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hatte wegen des Verdachts auf Insiderhandel gegen ihn ermittelt. Das erfuhr die WirtschaftsWoche von Insidern. Friedrich Knapp soll Aktien von Gerry Weber gehalten haben. Die Staatsanwaltschaft bestätigte auf Nachfrage, dass sie ein Ermittlungsverfahren gegen mehrere Beschuldigte gegen die Zahlung von Geldauflagen vorläufig eingestellt habe. Dabei sei es auch um einen 69-jährigen Mann aus Braunschweig gegangen, sagte ein Sprecher der Behörde, ohne den Namen Knapp zu kommentieren. New Yorker ist nach eigenen Angaben eine der größten international agierenden Modemarken mit über 1100 Filialen in 46 Ländern und Hauptsitz in Braunschweig. Knapp selbst war kurzfristig nicht für eine Stellungnahme zu der Geldauflage zu erreichen. Er meldete sich bereits seit Wochen nicht auf wiederholte Anfragen der WirtschaftsWoche zu den Ermittlungen.
Knapp, der laut Reichenliste des US-Magazins „Forbes“ Milliardär ist, wurde vorgeworfen, in großem Stil Aktien von Gerry Weber verkauft zu haben, kurz bevor die Insolvenz von Gerry Weber öffentlich bekannt wurde. Er könnte folglich verbotenes Insiderwissen über die bevorstehende Pleite gehabt und ausgenutzt haben und so drohenden Kursverlusten durch die Aktienverkäufe zuvorgekommen sein. Seine Geldauflage soll sich auf zwei Millionen Euro belaufen - davon 1,2 Millionen für die Abschöpfung des Sondervorteils, also für die von Knapp durch die vorzeitigen Aktienverkäufe vermiedene Kursverluste.
Die Staatsanwaltschaft leitete ein Verfahren ein, nachdem die Finanzaufsicht BaFin im Februar 2019 Strafanzeige erstattet hatte. Seither wurden in Braunschweig Ermittlungen wegen verbotenen Insiderhandels mit Aktien der Gerry Weber International AG geführt. Der Modekonzern veröffentlichte am 25. Januar 2019 eine ad-hoc-Mitteilung, in der Anleger darüber informiert wurden, dass das Unternehmen ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren beantrage. Ausgelöst wurde der Antrag durch „das Scheitern der Gespräche der Gerry Weber Gruppe mit ihren Finanzierungspartnern“, wie es damals in der Mitteilung hieß. Der Aktienkurs, der am 24. Januar noch bei 1,80 Euro gelegen hatte, stürzte laut Staatsanwaltschaft auf bis zu 45 Cent ab.
Laut den Ermittlern gab es im zeitlichen Zusammenhang dieser Ereignisse „auffällige Aktiengeschäfte, die Ermittlungen gegen insgesamt vier Beschuldigte nach sich zogen“. Es bestand der „Verdacht der unbefugten Verwendung / Weitergabe von Insiderinformationen über das drohenden Scheitern der damaligen Finanzierungsverhandlungen“ und des anstehenden Insolvenzantrages.
Ermittelt wurde laut der Behörde gegen zwei Beschuldigte „wegen des (rechtzeitigen) Verkaufes von zuvor gehaltenen Aktien“ am 24. und 25. Januar 2019. Laut den Ermittlern hätten diese Personen so Kursverluste vermieden. Bei einer dieser Personen handelt es sich nach Informationen der WirtschaftsWoche um den Aktiendepotinhaber Knapp selbst, bei der anderen um seinen Bevollmächtigten.
Zwei weitere Beschuldigte erwarben laut Staatsanwaltschaft am 24. und 25. Januar 2019 so genannte Put-Optionsscheine auf Aktien von Gerry Weber - sie wetteten also auf fallende Aktienkurse. Ihre Optionsscheine konnten sie kurz nach dem Kauf „gewinnbringend“ veräußern, wie die Staatsanwaltschaft der WirtschaftsWoche mitteilte. „Auch hier stand im Raum, dass die Beschuldigten von den bevorstehenden Entwicklungen ... wussten.“
Die Staatsanwaltschaft teilte mit, dass die Verfahren mit Zustimmung des Landgerichts Braunschweig gegen die Zahlungen von Geldauflagen, die auch der vollständigen Abschöpfung der erzielten Erlöse dienten, vorläufig eingestellt wurden. Die kleinste Geldauflage beläuft sich dabei auf 5000 Euro. Zur Erfüllung der Auflagen wurde eine Frist bis Ende Mai 2021 eingeräumt. „Sollten die Beschuldigten die Auflagen fristgerecht und vollständig erfüllen, wird das Verfahren endgültig eingestellt werden. Die Beschuldigten gelten dann weiterhin als nicht vorbestraft“, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
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