Die Chefin des nordamerikanischen Handelsriesen HBC, Helena Foulkes, hält sich Insidern zufolge zu Gesprächen mit dem Management der Tochter Kaufhof in Deutschland auf. Foulkes müsse sich dabei auch auf drängende Fragen zu einer möglichen Fusion der Warenhauskette mit dem Konkurrenten Karstadt einstellen, sagten mehrere Insider am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.
Es handele sich um einen länger geplanten Besuch, doch werde nun damit gerechnet, dass sie das europäische Management über die Gespräche mit Karstadt-Eigner Signa informiere.
HBC und die österreichische Investmentgesellschaft Signa des Karstadt-Eigners Rene Benko erörtern Insidern zufolge Pläne für eine Zusammenarbeit und Fusion der beiden Ketten. Ein Kaufhof-Sprecher wollte dies nicht kommentieren, Sprecher von Signa und Karstadt waren weiter nicht zu erreichen.
Foulkes drängt angesichts sinkender Umsätze und Verluste auch auf Kostensenkungen bei Kaufhof. Das Kaufhof-Management verhandelt mit der Gewerkschaft Verdi über ein Sanierungspaket. Die Gespräche sollen am Freitag fortgesetzt werden, der Termin habe trotz der Gespräche um Karstadt und Kaufhof Bestand, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen. Zu den Fusionsplänen gebe es ebenfalls Gesprächsbedarf seitens der Arbeitnehmer, sagten Insider.
Arbeitnehmervertreter hatten in der Vergangenheit mit Blick auf eine mögliche Allianz der beiden Warenhausriesen vor der Schließung von Standorten und dem Verlust von Arbeitsplätzen gewarnt. Standort- sowie Beschäftigungssicherung sowie die Tarifbindung stünden für Verdi an erster Stelle, sagte eine Sprecherin der Gewerkschaft. Einen Kommentar zu den Gesprächen über eine Warenhaus-Fusion lehnte sie ab.
Zwei deutsche Traditions-Warenhäuser
Kaufhof mit Sitz in Köln blickt auf eine fast 140-jährige Geschichte zurück: 1879 eröffnete der Kaufmann Leonhard Tietz in Stralsund ein Textilgeschäft und legte damit den Grundstein. Im Geschäftsjahr 2016/2017 (zum 31. Januar) erwirtschaftete der Konzern mit damals knapp 21.500 Mitarbeitern rund 2,9 Milliarden Euro Umsatz. Unter dem Strich stand laut einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte ein Jahresfehlbetrag von 88 Millionen Euro. Seitdem weist der Eigner HBC keine seperaten Zahlen mehr für sein Deutschland-Geschäft aus. Doch zuletzt verbuchte Kaufhof ein Umsatzminus – die vergleichbaren Erlöse im Europa-Geschäft um die deutsche Kette seien um sechs Prozent gesunken, teilte HBC Anfang Juni mit. Für Kaufhof arbeiten dem Unternehmen zufolge aktuell noch rund 18.000 Menschen.
Der Warenhauskonzern betreibt in Deutschland 96 Warenhäuser. HBC ist zudem auch in den Niederlanden und Belgien aktiv. Kaufhof gehört seit dem 1. Oktober 2015 zu dem nordamerikanischen Konzern, der sie für 2,8 Milliarden Euro vom Handelsriesen Metro übernommen hatte. Um die Übernahme zu finanzieren, hatte HBC dann 41 Warenhaus-Immobilien in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Investor Simon Property eingebracht. An den Immobilien hat Benko auch immer wieder Interesse gezeigt. Zuletzt hatte er Insidern rund drei Milliarden Euro für Kaufhof geboten - war damit aber zu Jahresbeginn bei HBC abgeblitzt.
Der 1881 von Rudolph Karstadt in Wismar gegründete Erzrivale hat eine wechselhafte Historie hinter sich. Nach Höhen und Tiefen war Karstadt 2009 zusammen mit der damaligen Konzernmutter Arcandor in die Insolvenz geschlittert. 2010 übernahm der Milliardär Nicolas Berggruen Karstadt. Vier Jahre später reichte er das Unternehmen an den österreichischen Immobilien-Investor Benko weiter. Benko machte sich an die Sanierung der Kette, die er in das Warenhausgeschäft, einen Sportbereich und die Luxus-Warenhäuser um das Berliner KaDeWe aufteilte.
Das Warenhausgeschäft unter dem Namen Karstadt umfasst noch 79 Warenhäuser in Deutschland, in diesem Jahr sollen zwei neue Filialen in Berlin eröffnet werden. Rund 15.000 Menschen arbeiten für die Kette. Karstadt hatte zuletzt für das Geschäftsjahr 2016/17 (per Ende September) Zahlen vorgelegt. Demzufolge schrumpfte der Einzelhandelsumsatz um 1,8 Prozent auf rund 1,9 Milliarden Euro. Die Verlustzone konnte Karstadt dagegen verlassen - unter dem Strich stand ein Überschuss von 1,4 Millionen Euro nach einem Minus von 7,5 Millionen Euro im Jahr zuvor. Für das laufende Geschäftsjahr peilt der Konzern ein „ausgeglichenes Jahresergebnis“ an.