Gibson-Chef Henry Juszkiewicz "Wir lieben Gitarristen"

Seite 3/3

Automatisches Stimmsystem

Der Investmentbanker Henry Juszkiewicz verwandelte den Gitarrenhersteller Gibson vom Pleitekandidaten zum profitablen Milliardenkonzern. Jetzt will er aus dem Unternehmen eine Lifestyle-Marke formen.
von Rüdiger Kiani-Kreß

Bis jetzt aber ohne Erfolg. Selbst ihr automatisches Stimmsystem E-Tune, dass Gitarristen langes Stimmen und deren Bandkollegen oder Zuhörern krumme Töne erspart, ist kein großer Erfolg.

Noch nicht. Das liegt aber daran, dass Innovationen bei Gitarren etwas länger dauern als bei anderen Dingen. Unsere Modelle Flying V oder SG gelten heute als Klassiker, aber waren erst nach Jahren ein Erfolg. Keiner glaubt, ein Fahrrad oder  ein Auto aus den Fünfzigerjahren wären technisch besser ist als ein modernes. Es ist vielleicht schöner, aber auf keinen Fall bequemer, sicherer oder gar umweltfreundlicher. Nur bei Gitarren glaubt jeder, alt sei besser. Im Gegensatz zu anderen Branchen schaffen wir es nicht, das Erlebnis mit unseren Produkten von Jahr zu Jahr zu verbessern. Das ist unnatürlich, denn die Technik gibt es. Wir müssen unseren Kunden den Mehrwert neuer Produkte halt langsam und behutsam vermitteln.  

Und wie?

Wie andere Branchen auch: durch Produkte mit neuer Technik, die wir in kleinen Serien vorstellen und die Reaktion der Kunden testen, um herauszufinden, was die Kunden wollen und was ihnen gefällt.

Mit bekannten Musikern?

Absolut nicht. Die verbringen Stunden mit ihrem Instrument und weil sie mühsam ihren ganz eigenen Sound erarbeitet haben, sind sie bei Neuerungen besonders skeptisch. Darum zielen wir auf die Neugierigen, die Bleeding Edge Guys, wie wir sie nennen. Das sind jene zwei bis drei Prozent, die vor allem auf Neuerungen stehen, wie etwa auf Google Glasses.

Gibson hat vor ein paar Jahren für Schlagzeilen gesorgt, weil sie angeblich Gitarren aus Tropenhölzern gebaut haben und damit gegen die Gesetze zum Schutz seltener Holzarten verstoßen haben.

Erinnern Sie mich nicht daran, das will ich eigentlich gar nicht mehr kommentieren. Nur so viel: Wir haben unsere Hölzer nicht schwarz bezogen. Darum gab es bislang auch keine Klage gegen uns. Wir haben eine Art Buße gezahlt, um die Sache zu regeln, bevor sie unser Unternehmen gefährdet. Dabei gab es nicht mal eine ernsthafte Anhörung. Wir tragen keine Schuld daran, dass die tropischen Wälder gefährdet sind.

Das müssen Sie als Nutzer von Tropenholz ja auch sagen.

Ich habe mich intensiv mit dem Thema Tropenholz befasst. Denn ich wäre wegen dieser Vorwürfe ja fast im Gefängnis gelandet. Darum sage ich klar: In unseren Gitarren gibt es keine bedrohte Holzart. Wir Instrumentenbauer nutzen ohnehin nur einen ganz geringen Anteil der Weltholzproduktion. Etwas mehr geht in Autos, Möbel oder Wohnhäuser. Nur etwa drei Prozent der gerodeten Flächen werden überhaupt legal oder illegal wirtschaftlich genutzt. Der Rest wird einfach verbrannt um neue Ackerflächen zu schaffen. Außerdem wird bei der Verwendung von Tropenholz mit zweierlei Maß gemessen.

Wie das?

Es gibt seltene Hölzer wie Ebenholz, aus dem etwa Geigenbögen und Klarinetten gebaut werden. Die sind jedoch auch deshalb rar, weil eben nur jeder 30. Baum aus jenem schwarzen Ebenholz besteht, das die Instrumentenbauer suchen. Also verbrennen die Anbauer quasi 29 von 30 Bäumen, weil da kein Geld drin steckt. Das ist schrecklich, denn die Bäume wachsen erst nach mehr als 100 Jahren nach. Das Problem beim Abholzen der Regenwälder ist nicht, dass Bäume gefällt werden. Es besteht darin, dass keine neuen Bäume gepflanzt werden und das Land anderweitig genutzt wird.

Wie würden Sie das Problem lösen?

Auf keinen Fall mit Verboten. Die scheitern ebenso wie das Alkoholverbot der Prohibitionszeit der Zwanziger- und Dreißigerjahre des vorigen Jahrhunderts. Das haben vermeintliche Umweltschützer in den Siebzigerjahren durch das Verbot von Teakholz versucht. Erreicht haben sie oft das Gegenteil: Das Verbot hat die Teakwälder nicht gerettet, sondern endgültig zerstört. Denn mit dem Verbot waren die Wälder wertlos. Die Folge: Sie wurden gefällt und durch Dinge ersetzt, die Geld bringen. Also geht es darum, bedrohte Hölzer wertvoller zu machen. Dann lohnt sich der Anbau von Tropenholz und die Flächen werden für Wälder genutzt und nicht anderweitig. Eine gut geführte Plantage fällt nur einen Bruchteil ihrer Bäume und pflanzt sofort neue.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%