Gibson-Chef Henry Juszkiewicz "Wir lieben Gitarristen"

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Seltene Stücke

Diese Rockstars schwören auf Fender-Instrumente
Jimmy Hendrix Gitarre Quelle: dapd
Buddy Guy Quelle: AP
Eric Clapton Quelle: AP
Chris Rea Quelle: AP
David Gilmour Quelle: dpa
John Frusciante mit Fender Quelle: dpa
David Knopfler

Aber vor allem in seltene Stücke. Wenn eine Les Paul aus dem wohl besten Jahr 1959 bis zu 250 000 Dollar kostet, haben sie davon so wenig wie ein Maler, dessen Bilder nach dem Verkauf deutlich im Wert steigen.

Das stimmt nicht. Der Boom schafft einen Markt für Sammelgitarren aller Art, nicht nur für Vintage-Modelle aus den Fünfziger- oder Sechzigerjahren, sondern für alle seltenen und ungewöhnlichen Stücke. Im Grundkurs Volkswirtschaft lernen Studenten die Preis-Volumen-Kurve und dass es bei jedem Preis eine Nachfrage gibt. Die wird mit steigendem Preis zwar immer kleiner, aber sie wird nie null. Es gibt immer jemanden mit viel Geld, der aus Prinzip nicht kaufen will, was ein anderer schon hat. Ob eine Million für ein Auto oder 100.000 Euro und mehr für einen Wein: Immer zahlt jemand für eine Sache mehr als ein anderer.

Wie profitieren Sie davon?

Wir machen diese Kunden mit dem richtigen Produkt glücklich.

Wie rechnet sich das? Die Leute glauben, ihre Gitarre wird wertvoller, weil teure alte Gitarren den Rest mitziehen?

Das ist Teil unseres Markenversprechens: Gitarren sind ein Konsumgut, dass im Preis anzieht, wie antike Möbel, Autos und Juwelen. Allerdings mit einem für uns sehr angenehmen Unterschied: Die Preise steigen umso mehr, je stärker die Gitarre genutzt wird. Abgespielte und quasi misshandelte Gitarren mit Patina sind besonders begehrt und wertvoll. Die Leute lieben es, wenn wir die Dinger schlecht behandeln, also lassen wir die Gitarren geschickt künstlich altern. Wir tun alles für den Kunden (lacht).

Die 120-jährige Geschichte der Gibson-Gruppe

Das klappt?

Ja. Denn wir sind eine Marke. Der entscheidende Unterschied zu einem Konsumgut ist: Es geht um den Wert und nicht um den Preis. Wem verkauft man etwas und was bedeutet es dem Kunden. Darum bauen wir viele Arten spezieller Gitarren mit Besonderheiten in kleinen Serien von weniger als 100 und oft sogar nur 20 oder 30 Stück in unserer Custom Abteilung. Von Sammler-Weinen wie Chateau Lafite-Rothschild oder Cheval Blanc gibt viel mehr.

Könnten Sie nicht auch wie andere Branchen durch neue Technologie für zusätzliche Nachfrage sorgen? Bei Gitarren gab es in den vergangenen Jahren wenig neues, abgesehen von Ihrem automatischen Stimmungssystem E-Tune.

In diesem Jahr schon: Ab sofort bekommen unsere Bünde zum Beispiel eine kryogenische Behandlung. Wir setzen sie einer extrem tiefen Temperatur aus. Dadurch nutzen sie sich weniger stark ab und halten bis zu drei Mal länger als normale Bünde, wenn die Saiten auf ihnen reiben. Dazu platzieren wir dank der Plek-Maschinen von A+D Gitarrentechnologie aus Berlin die Bünde und Saitenhöhe präziser als jeder andere. Das ist ein Gegengewicht zur Behauptung, nur alte Instrumente seien gut. Ob Gitarren oder Geigen: Die Originalinstrumente sind gut, aber nicht unbedingt besser.

Bei ihren Gitarren mag das ja so sein. Aber bei Barock-Geigen doch nicht.

Gerade da. Ohne moderne Technologie gäbe es wohl keinen dieser alten Schätze mehr. Was die Superstars der Klassik als unübertreffliche Stradivari, Guarneri oder Amati spielen, hat keiner der Meister aus Cremona so gebaut.

Bitte?

Diese Edelstücke waren konstruiert für Darmseiten und eine Stimmung von 430 Hertz für den Kammerton A. Heute spielt sie fast jeder mit Stahlseiten und einer Stimmung von 448 Hertz. Das sorgt für einen höheren Zug am Geigenhals und würde das Instrument verziehen und wahrscheinlich sogar zerstören. Darum wird jede alte Geige in großen Teilen verstärkt und neu gebaut mit neuer Technologie. Nur im Gitarrengeschäft wehren sich alle gegen Neuerungen und schwören auf Technik von vor 50 Jahren und bei akustischen Gitarren sogar wie vor 100 Jahren und mehr. Doch das werden wir ändern.

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