
Schon die Adresse hat es in sich: Skeppsbron 18, einen Steinwurf entfernt vom königlichen Schloss und Stockholms pittoresker Altstadt, der Gamla Stan. Wer hier, in einer der teuersten Gegenden der schwedischen Hauptstadt, seinen Firmensitz hat, muss zu den ganz Großen der Wirtschaft gehören.
Hier, in einem neubarocken Bau residiert seit mehr als sieben Jahren das schwedische Unternehmen Kinnevik. Dessen Chefin Mia Brunell Livfors hat gerade den direkten Anteil an Zalando auf rund 37 Prozent erhöht. Damit ist Kinnevik mit Abstand der größte Einzelaktionär des deutschen Online-Modehändlers, dessen stürmisches Wachstum die Fashion-Welt derzeit in Atem hält.
Zalando auf einen Blick
Die Berliner Robert Gentz und David Schneider starteten im Oktober 2008 mit dem kleinen Online-Schuhshop Zalando. Ihr Büro diente als Warenlager, der Service lief über ihre Mobiltelefone.
Zu den Investoren zählen die Tengelmann-Gruppe (6 Prozent), der Facebook-Investor Digital Sky Technologies DST (9 Prozent), Holtzbrinck Ventures (8 Prozent) sowie die Samwer-Brüder Marc, Oliver und Alexander über ihren Berliner Startup-Entwickler Rocket Internet und European Funders Fund (17%). Die schwedische Investment AB Kinnevik hat mehrfach aufgestockt und hält mittlerweile 36 Prozent an Zalando direkt und indirekt via Rocket Internet. Damit sind die Schweden die größten Gesellschafter des E-Commerce Unternehmens. Im August 2013 stieg die Mode-Gruppe Bestseller von Anders Holch Povlsen mit 10 Prozent ein. Er kaufte u.a. Holtzbrinck und Tengelmann Anteile ab. Weitere Investoren wie der russischen Dotcom-Finanziers Yuri Milner halten insgesamt zusammen 13,5 Prozent.
Zalando expandierte in den vergangenen vier Jahren extrem schnell und aggressiv in ganz Europa und ist mittlerweile in 15 Ländern aktiv. Dafür setzte das Unternehmen große Summen für das Marketing, vor allem TV-Spots ein. Das Marktforschungsunternehmen Nielsen berechnete die Ausgaben für die Spots im Jahr 2011 allein in Deutschland auf 90 Millionen Euro. Der Bekanntheitsgrad der Marke Zalando liegt in der werberelevanten Zielgruppe bei 95 Prozent. In Frankreich kennt den Online-Händler nach einem Jahr am Markt bereits jeder Zweie.
Laut Bundesanzeiger wies Zalando für 2009 einen Fehlbetrag von 1,6 Millionen aus. 2010 waren es 20,4 Millionen. Der Umsatz lag 2010 bei 150 Millionen Euro. 2011 waren es bereits 510 Millionen Euro, 2012 hat Zalando die Milliarden-Marke mit 1,15 Milliarden Euro Nettoumsatz geknackt und den Vorjahresumsatz verdoppelt. 2013 kletterte der Umsatz um 52 Prozent auf 1,76 Milliarden Euro. Dabei steht aber ein Rekordverlust von 100 Millionen Euro in den Büchern.
Zalando beschäftigt aktuell mehr als 1200 Mitarbeiter. In Berlin entsteht ein neuer Bürokomplex mit 20.000 Quadratmetern für mehrere hundert Mitarbeiter. Ab Sommer 2013 sollen weitere Büroflächen in Berlin Mitte angemietet werden. In Erfurt eröffnet Anfang Dezember das erste eigene Logistikzentrum, mit dem Bau eines weiteren hat der Online-Händler in Mönchengladbach begonnen, hier sollen bis zu 1000 Beschäftigte arbeiten.
Bislang hielten die Schweden 26 Prozent unmittelbar und weitere neun Prozent indirekt über das Berliner Unternehmen Rocket Internet, das ebenfalls an Zalando beteiligt war. Der Berliner Startup-Brutkasten, im Branchenjargon Inkubator genannt, gehört zum Imperium der drei Brüder Marc, Oliver und Alexander Samwer, Deutschlands angriffsfreudigsten, aber auch umstrittensten Internet-Unternehmern.
Kinnevik wandelte nun das Engagement über Rocket Internet in eine direkte Beteiligung an Zalando um. Zugleich stieg der dänische Modeunternehmer Anders Holch Povlsen, Eigentümer des milliardenschweren Modekonzerns Bestseller mit Marken wie Jack & Jones und Vero Moda, bei Zalando ein (siehe Grafik). Rocket Internet zog sich indes aus dem Investorenkreis zurück und dürfte den Einsatz für sein Zalando-Investment vervielfacht haben.

Über den Kaufpreis der Zalando-Anteile schweigt die Kinnevik-Chefin. Experten gehen davon aus, dass die schwedische Investmentgesellschaft über mehrere Tranchen verteilt einen dreistelligen Millionenbetrag gezahlt hat. Inzwischen bewertet Kinnevik das Zalando-Paket mit umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro. Der Internet-Modehändler käme insgesamt auf den stattlichen Wert von mehr als drei Milliarden Euro. Dabei legen die Berliner zwar beeindruckende Wachstumsraten vor. 2012 setzte das vier Jahre zuvor gegründete Unternehmen 1,15 Milliarden Euro um, in diesem Jahr könnte gar die Zwei-Milliarden-Marke fallen.
Doch Zalando schreibt Verluste. Hohe Retourenraten vermiesen die Marge, zudem sind die Marketingausgaben erheblich, und der Bau neuer Logistikzentren schlägt ins Kontor.
Nordischer Geheimniskrämer
Keine Frage, die Schweden sind eine gigantische Wette eingegangen und planen offenbar Großes: "Zalando gehört zu den Kerninvestments in Kinneviks Portefeuille, und durch die Umformung der indirekten Beteiligung in eine direkte Beteiligung stärken wir die Kontrolle über Zalando und können aktiv an der Umsetzung von Zalandos Wachstumsstrategie arbeiten", kommentierte Brunell Livfors die jüngsten Veränderungen im Gesellschafterkreis.