Hamsterkäufe und Lieferengpässe Onlinebestellungen von Speiseöl, Nudeln, Reis und Mehl ziehen stark an

Ein leeres Regal in einem Supermarkt in Stralsund Quelle: dpa

In einigen Supermärkten leeren sich die Speiseöl- und Mehl-Regale. Nun schnellen auch die Bestellungen in Onlineshops nach oben – selbst Toilettenpapier wird wieder gebunkert, zeigt eine exklusive Datenauswertung. 

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Neben Supermärkten verzeichnen auch Onlinehändler eine steigende Nachfrage nach haltbaren Lebensmitteln wie Speiseöl, Nudeln, Reis und Mehl. Selbst Toilettenpapier erfreut sich bei Onlinekäufern wie schon zu Beginn der Coronapandemie wieder wachsender Beliebtheit. Das zeigen Daten der Preisvergleichsplattform Idealo, die der WirtschaftsWoche vorliegen. 

„Seit Beginn des Ukraine-Krieges verzeichnen wir einen enormen Nachfrageanstieg nach Produkten, für deren Herstellung Weizen beziehungsweise Ölsaaten benötigt werden“, sagte Idealo-Experte Florian Kriegel dem Magazin. „So hat sich etwa die Nachfrage nach Weizenmehl in den vergangenen Wochen mehr als verdreißigfacht. Auch Sonnenblumenöl ist aktuell über dreihundertmal so gefragt wie noch vor Kriegsausbruch.“ Deutsche Onlinekäufer scheinen „kurioserweise“ auch „wieder vermehrt Toilettenpapier zu kaufen“, heißt es in der Idealo-Auswertung. Verglichen wurde jeweils die Nachfrage am 23. Februar 2022 (Tag vor Kriegsbeginn) mit der am 15. März 2022. 

Preissteigerungen wurden dagegen nur vereinzelt festgestellt. „Während Sonnenblumenöl zuletzt um knapp 20 Prozent teurer geworden ist, sind weitere Produktkategorien wie Backzutaten oder Nudeln bisher preisstabil“, sagt Experte Kriegel. 

Auf eine ähnliche Entwicklung deuten auch Daten zum Suchverhalten beim Onlinehändler Amazon hin, die die Amazon-Agentur Revoic analysiert hat. „Wir konnten schon vor zwei Jahren zu Beginn der Corona-Krise sehen, wie ganz bestimmte Produkte übermäßig auf Amazon nachgefragt wurden“, sagt Revoic-Geschäftsführer Stephan Bruns. „Dies scheint sich nun vor einem ganz anderen Hintergrund zu wiederholen.“ So würden Produkte aus den Bereichen Speiseöl, Mehl, Nudeln oder aber Notfallausrüstung seit Anfang März besonders häufig gesucht, darunter Begriffe wie “Sonnenblumen-”, “Raps-” und “Olivenöl”.

Wird Speiseöl zum Tanken genutzt?

Zuletzt hatten bereits verschiedene Supermarktketten und Großhändler von einer höheren Nachfrage berichtet und vorübergehend die Abgabemenge für einzelne Produkte beschränkt. Gleichzeitig appellieren die Handelsketten, Produkte nur in haushaltsüblichen Mengen einzukaufen. „Bitte verhalten Sie sich solidarisch und kaufen nur das, was Sie unmittelbar benötigen“, sagt Christian Böttcher vom Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels. Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka erklärte: „Es gibt weiterhin keinen Anlass, zusätzliche Vorräte anzulegen.“ Edeka könne in enger Zusammenarbeit mit seinen Lieferanten eine ausreichende Versorgung mit allen Produkten des täglichen Bedarfs sicherstellen. In Einzelfällen könnte es bei bestimmten Produkten zu kurzzeitigen Lieferengpässen kommen. 

Auch der Wettbewerber Rewe appellierte, Produkte nur in haushaltsüblichen Mengen einzukaufen. „Nur auf Abverkäufe in dieser Größenordnung sind die Produktionsmengen und die Lieferlogistik der gesamten Lebensmittelkette im Einzelhandel ausgerichtet“. Der Discounter Aldi Süd teilte mit, er beobachte eine stärkere Nachfrage bei einigen Warengruppen. So könne es sein, dass einzelne Artikel kurzzeitig vergriffen seien. „Bei größeren Nachfragen behalten wir uns wie immer vor, die Abgabemenge pro Kunde vorübergehend einzuschränken.“ Lidl betonte: „Die Warenversorgung in den Filialen unserer Handelssparten ist grundsätzlich sichergestellt. Lediglich bei einzelnen Produkten kann es zu Lieferverzögerungen kommen.“ Doch stünden genügend Alternativen zur Verfügung.



Hintergrund der gestiegenen Nachfrage ist die Sorge vor Lieferausfällen durch den Ukraine-Krieg. So hatte der Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (Ovid) gewarnt, dass Sonnenblumenöl in der Bundesrepublik wegen des Ukraine-Krieges schon in einigen Wochen Mangelware werden könne. Allerdings könnten Verbraucher problemlos auf andere Speiseöle wie Rapsöl umsteigen. Bei Speiseöl dürften indes weitere Faktoren für den Nachfrageschub mitverantwortlich sein.

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„Wir beobachten bei unseren gewerbetreibenden Kundinnen und Kunden derzeit eine hohe Nachfrage nach verschiedenen haltbaren Lebensmitteln, die unter anderem auf Hilfsgüterkäufe zurückzuführen sind“, sagt ein Sprecher von Metro-Deutschland. Um möglichst viele Gewerbetreibende zu versorgen, sei in den Großmärkten daher „vorübergehend eine maximale Abgabemenge auf einzelne Produkte festgelegt“ worden, beispielsweise für einige Speiseöle sowie Mehl.

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In punkto Speiseöl wird in Onlineforen zudem oft vermutet, dass Verbraucher das Öl nutzen, um in Zeiten teuren Sprits ihre Diesel-Autos zu betanken. Ob dies tatsächlich eine Rolle spielt, lässt nicht belegen. Experten warnen indes davor, Pflanzenöle als Treibstoff zu verwenden. Dies könne zu Startschwierigkeiten führen und sich negativ auf die Leistung und die Lebensdauer des Motors auswirken. Aber mit einer „haushaltsüblichen Menge“ von ein bis zwei Liter Sonnenblumenöl kommt man wohl ohnehin nicht weit. 

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