Wer zum kleinen Marktstand von Kai Oldenbütel kommt, will nicht nur Käse kaufen. „Gerade älteren Menschen mit wenigen sozialen Kontakten ist es wichtig, ins Gespräch zu kommen“, sagt Oldenbüttel. Immer freitags bietet er auf einem kleinen Wochenmarkt in Bremen-Schwachhausen hochwertigen Heumilchkäse aus Österreich und dem Allgäu an. Die meisten seiner Kunden kennt er, einige auch mit Namen. Sie wissen die Qualität seiner Produkte zu schätzen. „So etwas findet man nicht im Supermarkt“, sagt eine Frau.
Bundesweit beleben über 3300 Wochenmärkte Plätze und Einkaufsstraßen. „Das ist nach wie vor eine ordentliche Zahl“, sagt Professor Gerhard Johnson, Vorstandssprecher der Deutschen Marktgilde, die über 200 Märkte organisiert. Aber in den letzten sechs bis acht Jahren seien die Märkte teilweise um bis zu 50 Prozent geschrumpft. „Es gibt einen dramatischen Rückgang von Händlern.“
Die Gründe sind vielschichtig. „Die klassischen Händlerfamilien sterben aus“, sagt Johnson. Die Kinder wollen das Geschäft nicht übernehmen. „Das ist oft ein Knochenjob“, betont er. Morgens um 03.00 Uhr aufstehen, auf den Großmarkt fahren, selber ernten, bei jedem Wind und Wetter draußen verkaufen: „Das ist für viele nicht attraktiv.“
Die Discounter mit den zufriedensten Kunden
Zur Studie: Die Service-Barometer AG hat zwischen September 2015 und August 2016 die Deutschen zu ihrer Zufriedenheit mit Discountern befragt. Vergeben werden konnten Punkte für "vollkommen zufrieden" (1), "sehr zufrieden" (2), "zufrieden" (3), "weniger zufrieden" (4) und "unzufrieden" (5).
Insgesamt sind die Deutschen mit ihren Discountern "sehr zufrieden" (2,26) - wenn auch etwas weniger als mit Supermärkten (2,20). Die Zufriedenheit mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis (2,27) hat bei Discountern im Vergleich zur sonstigen Lebensmittelbranche einen besonders großen Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit. Aber auch die Zufriedenheit mit Auswahl und Angebotsvielfalt allgemein (2,43) ist relevant für die Gesamtzufriedenheit.
2,12 Punkte geben die Deutschen Lidl. ("Sehr zufrieden").
Aldi Süd bekommt 2,19 Punkte - kein nennenswerter Unterschied in der Zufriedenheit im Vergleich zu Lidl. Mit beiden Discountern sind die Deutschen im Vergleich zu anderen Discountern überdurchschnittlich zufrieden.
Leicht unterdurchschnittlich ist die Zufriedenheit mit Aldi Nord. Die Umfrageteilnehmer sind dennoch "sehr zufrieden" (2,30).
Auch mit Penny sind die Deutschen "sehr zufrieden": (2,32).
2,40 Punkte gehen an Norma.
Netto Nord bekommt 2,42 Punkte.
Und auch mit Netto-Marken-Discount sind die Umfrageteilnehmer im großen und ganzen noch "sehr zufrieden". 2,44 Punkte.
Zudem haben die Wochenmärkte starke Konkurrenz. Früher habe der Markt der allgemeinen Nahversorgung gedient, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Johnson. Heute finden die Kunden die gewünschte Ware im Discounter und haben auch noch den Parkplatz vor der Tür. „Preislich können die Wochenmärkte da nicht gegen an“, sagt Carlos Aragues Bremer von der Marktgilde Hannover. Die Folge: Der erwirtschaftete Umsatz auf Märkten ist nach Angaben von Johnson in den letzten 20 Jahren extrem gesunken.
Qualität und Bio läuft gut
Deshalb sei es wichtig, dass die Händler auf hohe Qualität und das besondere Angebot setzten: „Die Nische ist die große Stärke“, so Bremer. Das haben die verbliebenen Händler erkannt. Die Palette ihrer Spezialitäten ist breitgefächert: Von selbstgemachter Marmelade, frischen Nudeln über Holzofenbrot bis zu Wildsalaten aus Eigenernte.
„Märkte, die auf Qualiät achten und viele regionale und Bio-Produkte anbieten, laufen in der Regel gut“, sagt Jürgen Block, Geschäftsführer der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing. Es werden Suppen und Snacks für die Mittagspause angeboten, an Kaffeeständen stehen Besucher zusammen und klönen.
Auf einigen Märkten gibt es Produkte wie Filzhüte oder Haushaltswaren aus Olivenholz. „Da kommt man sonst schlecht ran“, sagt Bremer. In einigen Städten wie Hamburg werden so genannte Nachtmärkte von 16.00 bis 22.00 Uhr angeboten, um sich dem modernen Einkaufsverhalten anzupassen. „Es geht auch um das Erlebnis“, sagt Block.
Er weiß, wie wertvoll Wochenmärkte für die Städte sind: „Sie sind ein wichtiger Anker. Sie bringen Frequenz in die kleinen und mittleren Städte, die oft unter dem hohen Leerstand von Ladenlokalen leiden.“ Allerdings wird auch eine gewisse Kaufkraft der Besucher gebraucht. Deshalb seien Wochenmärkte zumindest in Großstädten eher in gut situierten Stadtteilen als in wirtschaftlich schwächeren zu finden, sagt Dittmar Machule, emeritierter Professor für Städtebau und Stadtbaugeschichte aus Hamburg. „Ein guter Wochenmarkt braucht auch das Bewusstsein für gute Nahrungsmittel und Menschen, die kochen wollen.“
Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands
Bartells-Langness
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 3,09 Milliarden Euro (Schätzung)
Globus
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 3,23 Milliarden Euro
Rossmann
Umsatz mit Lebensmitteln in Deutschland: 5,18 Milliarden Euro
dm
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 6,33 Milliarden Euro
Lekkerland
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 8,98 Milliarden Euro
Metro (Real, Cash & Carry)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 10,27 Milliarden Euro (Schätzung)
Aldi (Nord und Süd)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 22,79 Milliarden Euro (Schätzung)
Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 28,05 Milliarden Euro (Schätzung)
Rewe-Gruppe
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 28,57 Milliarden Euro (Schätzung)
Edeka (inkl. Netto)
Umsatz mit Lebensmitteln 2015: 48,27 Milliarden Euro
Quelle: TradeDimensions / Statista
Der Bremer Stadtteil Schwachhausen hat offenbar genügend solcher Bewohner, der Markt ist gut besucht. Doch nicht immer ist genügend Geld im Portemonnaie - wenn auch manchmal nur, weil der Automat mal wieder streikt. „Wen ich kenne, der kann auch beim nächsten Mal bezahlen“, sagt Käseverkäufer Kai Oldenbüttel. „Das wird auch gern in Anspruch genommen.“ Ein Discounter könne mit so einem Service wohl nicht mithalten.