Handelskrieg Warum US-Autos in Europa Ladenhüter bleiben werden

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Ein halbes Prozent Marktanteil

Der Besuch beim Ford-Händler zeigt, wie begrenzt die Zielgruppe ist: Einmal Probe sitzen will hier fast jeder, dann noch ein Erinnerungsfoto mit dem Smartphone – und fürs Verkaufsgespräch geht es dann rüber zu den Kompaktwagen.

Mit ihren amerikanischen Modellen haben bisher alle US-Hersteller Schiffbruch erlitten. Fords bulliger Sportwagen Mustang ist da mit seinen wenigen Tausend Verkäufen schon ein Ausreißer nach oben. Die Chrysler-Tochter Jeep profitiert als Erfinderin des Offroad-Mobils zwar vom globalen Boom des Fahrzeugtyps. In der amerikanischen Handelsstatistik aber schlägt sich das nicht wieder: Das meistverkaufte Jeep-Modell, der Compass, wird in Mexiko gebaut. Die Nummer zwei, der Renegade, kommt gar aus Italien – auf Basis des Fiat 500X. Für die Marke Chrysler selbst sah der italo-amerikanische Fiat-Chrysler-Konzern in Europa keine Zukunft mehr.

Konkurrent General Motors stellte 2013 den Verkauf von Chevrolet in Europa ein – zugunsten von Opel, so lautete die damalige Begründung. Den Markt bedient GM seither nur noch über den Standort in der Schweiz. Der GM-Sportwagen Corvette, der Mustang-Kontrahent Chevrolet Camaro sowie einige Modelle von Cadillac können dort gekauft werden – entsprechend kommt keine der Baureihen in Deutschland über dreistellige Zulassungszahlen hinaus. Insgesamt lag der Marktanteil originär amerikanischer Autos 2017 hierzulande bei 0,5 Prozent.

Andreas Hix reagiert auf solche Tatsachen mit dem höflichen Widerspruch des ewig Missverstandenen. „In Deutschland gibt es einfach zu starke eigene Autokonzerne, die dominieren die öffentliche Wahrnehmung“, sagt er und meint: Wer einen ehrlichen Vergleich anstelle, komme an den Vorteilen der US-Schlitten kaum vorbei. Der Dodge Ram zum Beispiel, ein Pick-up, der jeden deutschen Campingbus in Länge und Breite locker in den Schatten stellt, sei ein „sehr ökonomisches Auto“, sagt Hix. Und damit meint er nicht nur die Ladefläche, auf der er mit seiner gesamten Belegschaft locker zum Gruppenfoto passt, wie ein Foto an der Wand eindrucksvoll zeigt. Nein, der Ram lasse sich innerorts, ein bisschen fahrerisches Geschick vorausgesetzt, mit gut zehn Liter Verbrauch fahren, und langfristig sei der Dreitonner für viele seiner Gewerbekunden schlicht die effizienteste Wahl – „zumindest wenn sie ihn auf Autogas umrüsten lassen“, sagt Hix.

Doch während der Autohändler seine Kunden erst von komplizierten Umbauten überzeugen muss, schaffen es Hersteller aus Korea und Japan längst, mit ihren Modellen auf dem deutschen Markt zu bestehen – trotz Zoll. „Europa ist ein hart umkämpfter und sehr spezieller Markt, was an den ausgefeilten Kundenwünschen liegt“, fasst Autoexperte Stefan Bratzel von der Hochschule Bergisch Gladbach die Lage zusammen. Vor allem in Deutschland sind die Marktanteile der heimischen und europäischen Hersteller sehr hoch, ihre Händlernetze sind entsprechend engmaschig. Ausschlaggebend aber sind letztlich grundsätzliche Geschmacksunterschiede: Die drei meistverkauften Modelle in den USA sind mehr als fünf Meter lange Pick-ups von Ford, Chevrolet und Dodge. Und die USA verteidigen diesen Markt – auf in die Staaten importierte Pick-ups werden nicht 2,5 Prozent, sondern 25 Prozent Steuer fällig. In Deutschland findet sich kein einziger Pick-up unter den 50 beliebtesten Modellen.

Selbst wenn die Zölle also fallen sollten, da ist sich auch Fan und Händler Hix sicher, wird sich an der Nachfrage nicht viel ändern: „Die meisten amerikanischen Hersteller zeigen ja leider selbst kein Interesse mehr am deutschen Markt.“ Für Hix heißt das: An viele Modelle kommt selbst er nur schwer heran. Weil die US-Händler mangels Marge den Export schlicht aufgegeben haben, muss Hix ziemlich verwinkelte Umwege gehen, um an Sonderwünsche wie den Ram Edition Hydro Blue zu kommen. Wollen er oder ein Kunde das Modell kaufen, wendet Hix sich an einen befreundeten Händler in Kanada. Der importiert den Wagen aus den USA und verkauft ihn an Hix weiter, der sich um die Verschiffung kümmert. In Deutschland angekommen, folgt die Homologation: Hix muss den Wagen auf deutsche Standards umbauen lassen, neue Lichter und neue Blinker sind fast immer fällig. Und jeder Arbeitsschritt will bezahlt werden. Am Ende steht dann ein Betrag, der den amerikanischen Listenpreis meist um mindestens ein Drittel überschreitet. Wer trotz all dieser Hürden irgendwann bei Hix zur Schlüsselübergabe erscheint, für den spielen auch Zölle längst keine Rolle mehr.

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