Hanjin-Pleite Warum die Krise auf den Meeren ungelöst bleibt

Durch die Pleite von Hanjin Shipping verschärft sich die Reederei-Krise: Es gibt mehr Engpässe auf Seewegen und die Preise schnellen in die Höhe. Einzelhändler klagen bereits über fehlende Ware.

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Die Pleite löst die Reederei-Krise nicht. Quelle: AP

Chicago Die bislang größte Pleite einer Container-Reederei kam zur denkbar ungünstigsten Jahreszeit. Auf den Schifffahrtsrouten von Asien nach Europa und den USA herrscht nach dem Sommer Hochbetrieb, weil Händler in den Monaten vor Weihnachten ihre Regale mit Kleidung, Elektronik und Süßigkeiten aus Fernost füllen. Die Insolvenz von Südkoreas führendem Seefracht-Anbieter Hanjin Shipping sorgt deshalb auf mehreren Seewegen für Engpässe und lässt die Preise auf den Schiffsrouten von Asien in die USA um rund die Hälfte nach oben schnellen.

Dank der zweistelligen Erhöhung mancher Frachtraten glätten sich etwas die Wogen für die Branche, die seit Jahren mit kräftigem Gegenwind kämpft. Lange bestellten Reedereien immer mehr und größere Container-Schiffe, weil sie auf den stetigen Ausbau des Handels mit den asiatischen Exportländern setzten. Doch selbst der Wachstumsmotor China läuft nur noch mit angezogener Handbremse. Deshalb rechnen Experten nicht damit, dass die Pleite des weltweit siebtgrößten Anbieters für eine nachhaltige Erholung in der Branche sorgen wird.

„Hanjins Schiffe gehen ja nicht einfach alle über Nacht unter“, sagt Clint Eisenhauer, einer der Leiter der Hafenbehörde in South Carolina. Deshalb bleibe das massive Überangebot an Container-Schiffen in den nächsten Jahren bestehen. Abgesehen von dem kurzfristigen Preisanstieg rechnet Eisenhauer daher nicht mit einer dauerhaften Erholung.

Um die Kosten zu drücken, schließen sich mittlerweile immer mehr Reedereien zusammen, so auch Deutschlands Nummer eins Hapag-Lloyd, die mit dem arabischen Rivalen UASC fusioniert. Branchenprimus Maersk kämpft mittlerweile um seinen Spitzenplatz.


Drei Hanjin-Frachter bereits verkauft

Die ersten Schiffe der Südkoreaner haben schon einen neuen Besitzer gefunden. Zwei gingen an griechische Eigner, ein Riesenfrachter nach Singapur. Hanjin unterhält eine Flotte von 63 Schiffen. Ihr Wert von rund 1,8 Milliarden Dollar bleibt nach Branchenangaben weit unter dem aufgetürmten Schuldenberg von 5,5 Milliarden Dollar. Weitere 78 Container-Boote hat Hanjin angemietet. Für die Auftraggeber geht es jetzt aber erstmal darum, wie die Waren in den mehr als 400.000 Containern, die weltweit auf Schiffen der Südkoreaner festhängen, entladen werden können. Ihr Wert wird auf 14 Milliarden Dollar geschätzt.

Aus Angst, nicht bezahlt zu werden, verweigern viele Häfen Hanjin-Schiffen den Zugang. Aufatmen konnten mittlerweile aber einige Händler in den USA. Ein Gericht gewährte dort vorläufigen Gläubigerschutz, so dass nicht mehr die Gefahr besteht, dass Ladungen beschlagnahmt werden. Der Frachter „Hanjin Greece“ konnte daher im Hafen von Long Beach in Kalifornien gelöscht werden und auch die „Hanjin Boston“ bekam im Hafen von Los Angeles grünes Licht. Trotz einer Finanzspritze des Chefs der Hanjin Gruppe fehlten aber die Mittel, um alle Frachtschiffe weltweit zu entladen. Auch Südkoreas Regierung zeigt sich bislang – angesichts von nur etwas mehr als 1400 Hanjin-Beschäftigten im Land – nicht gewillt einzuspringen.

Einigen Importhändlern geht bereits die Ware aus. So berichtet Alex Rasheed, Präsident von Pacific Textile in Los Angeles, dass in Bekleidungsläden schon nicht mehr alle Farben und Größen zu haben seien. Der Zusteller United Parcel Service vermeldete bereits einen Nachfrageboom, um Ware zu anderen Ozean-Frachtern oder zu Frachtflugzeugen zu transportieren.

Kommt die Ware an Land, stellt sich ihr in den USA allerdings bereits die nächste Hürde in den Weg: Mittlerweile werden Lkw-Anhänger knapp, weil sie die geleerten Container nicht mehr loswerden. Aus Angst keine Miete für die Lagerung zu bekommen, nehmen einige Umschlagszentren in Kalifornien Hanjin-Container nicht mehr an.

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