Die Rücknahme des Ziels für die US-Tochter hat für Hainer Konsequenzen, die ihn seinen Zenit bei Adidas noch vor dem offiziellen Vertragsende überschreiten lassen. Denn weil Reebok nicht wie erhofft vorankommt, erhöht er den Druck auf die anderen Sparten – mit fatalen Folgen.
So verlangt Hainer von seiner Golfsparte TaylorMade 2,2 statt 1,8 Milliarden Euro Umsatz bis 2015. Um das Ziel zu erreichen, sagen Insider, lässt er maximal Ware in die Läden pumpen. Doch die will keiner. Auch der Golfsport bekommt sein Generationenproblem, hippe junge Betuchte frönen lieber dem Modesport CrossFit. Als dann noch der Verfall des Rubel dazukommt, bleibt Hainer Ende Juli, wenige Tage nach dem WM-Triumph der deutschen Fußballmannschaft, nur noch, das selbst gesteckte Umsatzziel für 2014 und 2015 zu kassieren.
Handelsmanager, die Hainer lange kennen, zeigen sich davon überzeugt, dass Hainer nicht aufstecken, sondern alles versuchen wird, es seinen Kritikern zu zeigen. „Der Herbert“, sagt ein Branchenkenner, „ist ein zäher Hund, das ist ein Steher.“
Doch Hainer weiß, dass es an ihm allein nicht mehr liegen wird. Die Hauptlast hat er Eric Liedtke übertragen, einem 48-jährigen Amerikaner, der zuvor die Schuhe und Shirts für Leistungssportler verantwortete. Liedtke hat die Schwachstellen wohl erkannt. Vor Kurzem erst wurde bekannt, dass er mit Paul Gaudio erstmals seit dem Weggang des früheren Adidas-Design-Chefs Michael Michalsky 2006 wieder einen globalen Kreativdirektor installiert hat, einen alten Schulfreund, wie er per Mail an die Mitarbeiter bestätigte.
Seine Basis schlägt Gaudio in der Adidas-US-Zentrale in Portland im Bundesstaat Oregon auf, wo auch Konkurrent Nike seinen Hauptsitz hat. Zusammen mit dem Ex-TaylorMade-Chef Mark King, ebenfalls einem Amerikaner, der neuer US-Chef von Adidas wird, soll Liedtke endlich in den Vereinigten Staaten Boden gutmachen.
Zudem ließ Hainer Liedtke drei neue Stardesigner anheuern. Zu ihnen zählt der Kroate Denis Dekovic, der bei Nike an der Entwicklung völlig neuer Schuhe mitwirkte, die das moderne Image der Marke prägen. Dazu zählt der Magista, ein Fußballschuh mit gestrickter Oberfläche, mit dem die Amerikaner Adidas bei der WM in Brasilien die Show stahlen. Zwar gewann Deutschland in Adidas-Trikots den Titel, doch an den Füßen trug Siegtorschütze Mario Götze den Magista. Der Schuh steht heute wie ein steter Stachel in Hainers Wade im Nike-Laden in Berlin.
Die Schwäche der Franken
Es sind vor allem die jungen Konsumenten, die die Schwächen der Franken erspüren. Zwar führt Adidas in einem kürzlich veröffentlichten Ranking des Hamburger Beratungsunternehmens Brandmeyer in Deutschland die Liste der beliebtesten Marken an, vor BMW und Nike.
Doch bei den Jungen sieht das Bild ganz anders aus. Nur fünf Prozent der 14- bis 17-Jährigen nennen Adidas als Lieblingsmarke. Für Nike votieren dagegen 36 Prozent. Hainer muss das schmerzen. Denn eigentlich hatte er bei der WM viel Geld in eine Social-Media-Redaktion gesteckt sowie die Popstars Justin Bieber und Katy Perry als Werbegrößen für seinen Modeableger Neo engagiert. Wozu das alles, muss er sich jetzt fragen lassen, wenn die Kids dann doch zu Nike greifen?
Die Shirts und Schuhe, die die neuen Verantwortlichen nun aushecken, werden sich frühestens 2016 in mehr Umsatz und Gewinn niederschlagen. Bis dahin probiert es Hainer mit noch mehr Werbung und will 2015 die größte Kampagne der Unternehmensgeschichte starten. Ihm selbst bleibt nur, darauf zu setzen, dass sein Aufsichtsrat ihm folgt.
Der ist zwar handverlesen und gilt als recht zahm. Doch allmählich sind Stimmen zu hören, die einen Start in die systematische Nachfolgesuche für den ewigen Herbert fordern. Bislang, heißt es in Aufsichtsratskreisen, sei da noch nichts passiert. Dabei werde es doch „höchste Zeit“.