Hosen auf Abwegen Wie Esprit, Superdry und Co. beim Billigheimer landen

Immer wieder landet Markenkleidung bei Kik und Co. – meist gegen den Willen der Modehersteller. Schuld sind unseriöse Restposten-Händler, undurchsichtige Handelswege, aber auch die Not mancher Modeunternehmen, ihre Kleiderberge mit allen Mitteln los zu werden.

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Nach jeder Saison bleiben Unmengen an Kleidung unverkauft in den Lagern der Textilhersteller zurück - Doch ein Weiterverkauf der Restposten gestaltet sich meist schwierig Quelle: Fotolia

Hosen und Hemde, die keiner will - Jürgen Wolff nimmt sie mit Kusshand. Der Textilunternehmer verdient sein Geld mit so genannten Überhängen, also Kleidungsstücken, die Kaufhäuser nicht verkaufen konnten. Das gehört im Einzelhandel zur Tagesordnung. „Wenn 20 Prozent der Saisonware übrig bleibt, ist das Geschäft noch überlebensfähig. Aber weniger ist besser“, erklärt Wolff, der unter anderem zehn Jahre als Einkäufer für Kaufhof gearbeitet hat. Gerade bei dem bisher kalten Frühling ist es für Modehändler schwierig, ihre Ware los zu werden – und jeder unverkaufte Rock steht für eine Abschreibung in der Bilanz. Möglichkeiten, den Verlust klein zu halten, gibt es viele: Fabrikverkäufe, Outlets, Verkaufsclubs im Internet, Sonderverkäufe in zeitweise angemieteten Ladenlokalen oder auf Restposten spezialisierte Händler.

Adieu Tristesse!
Die Hemdenmode zeigt sich in dieser Saison besonders farbenfroh. Auch Pastelltöne dürfen nicht fehlen. Quelle: Digel
Hemden aus Denim sind ein Trendthema in dieser Saison. Sie eignen sich jedoch eher für die modische Spitze. Quelle: Cinque
Der Look wirkt besonders harmonisch, wenn sich die Farbe der Krawatte im Hemd wiederfindet. Quelle: Eterna
Grün feiert ein Comeback in dieser Saison und macht auch vor der Hemdenmode keinen Halt. Quelle: Boss
Farbenfrohe Muster in Hemden und Krawatten machen Lust auf den Frühling. Quelle: Eton
Weiße Hemden zählen weiterhin zu den Klassikern. Sie eignen sich besonders unter farbenfrohen Anzügen. Quelle: Cinque
In der Freizeitmode darf getragen werden, was gefällt. Bei diesem Modell liegt der Fokus auf auffälligen Applikationen und Stickereien. Quelle: Camp David

Dazu zählt Wolffs Firma Overstock & Services. Sie verkauft Altware weiter nach Osteuropa. An diesem Mai-Nachmittag steht etwa ein 15 Meter langer Laster vor dem Krefelder Lager und wartet auf seine Abfahrt nach Rumänien. „Wir stimmen die Absatzmärkte mit unseren Kunden ab und schließen auf Wunsch einen Reimport nach Deutschland aus“, sagt er. Das ist vielen Modeunternehmen wichtig, um ihr Image zu schützen. Dass ihre Kleidungsstücke in Deutschland oder anderen entscheidenden Absatzmärkten verramscht werden, kommt für sie nicht in Frage. Manche gehen auch auf Nummer sicher und verlangen, dass die Markenzeichen vor dem Weiterverkauf entfernt werden.

Esprit kaufte Kunden Hosen und T-Shirts wieder ab

Trotz dieser branchenüblichen Vorgehensweise, taucht Altware bekannter Modemarken immer wieder ungewollt bei deutschen SB-Warenhäusern und Discountern auf. Einige Label wehren sich dagegen. Derzeit liegt dem Landgericht München I etwa eine Zivilklage gegen die Warenhauskette Real vor. Diese hatte zwei mal Kleidungsstücke der Marke Superdry angeboten, die unter anderem für ihre bunten, großflächig mit dem Markenzeichen bedruckten T-Shirts bekannt ist.

Die britische Muttergesellschaft von Superdry, DKH Retail, stört sich an zwei Dingen: Einerseits weiß sie nicht, wie die Ware zu Real gekommen ist, da weder sie, noch ihre deutsche Vertriebsagentur die Warenhauskette beliefert hat. Andererseits scheint ihr ein nüchterner Großsupermarkt nicht gut genug für ihre jungen, hippen T-Shirts zu sein. Da Real sich geweigert haben soll, offenzulegen, woher die Ware stammt, ist DKH Retail nun vor Gericht gezogen. Beide Seiten wollten sich gegenüber der WirtschaftsWoche nicht zur Klage äußern.

Ähnliche Fälle gibt es genügend: Erst Ende März ist trotz der rigorosen Vertriebspolitik der US-Modemarke Abercrombie&Fitch ein Sonderposten beim deutschen Online-Outlet Borelly gelandet. Im November 2012 hat Woolworth 90.000 Teile der britischen Premiummarke Belstaff angeboten, im Juli zuvor 200.000 Teile von S.Oliver – hierbei auch mit rechtlichen Folgen.

Für Aufmerksamkeit in den sozialen Medien sorgte im Mai 2012 beim Textildiscounter Kik aufgetauchte Esprit-Kleidung. Das Modeunternehmen ging damit offensiv um: „Hinter den Esprit Produkten, die bei dem Textil-Diskont ab sofort angeboten werden, können wir nicht zu 100 Prozent mit unserem Namen stehen“, schrieb Esprit am 16. Mai 2012 auf seiner Facebook-Seite. Das Unternehmen rief seine Kunden dazu auf, ihre bei Kik erstandenen Kleidungsstücke in seinen Filialen abzugeben – gegen den erstatteten Kaufpreis und einen Zehn-Euro-Gutschein. Die zurück gebrachten Hosen und Oberteile hat Esprit gespendet.

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