Wie sieht es mit dem Onlinehandel aus?
Um 64 Prozent legte der Online-Handel bei Galeria Kaufhof und der Metro-Tochter Sportarena.de im abgelaufenen Geschäftsjahr zu, stieg so auf 63 Millionen Euro. Das klingt viel, ist aber mit zwei Prozent Anteil am Gesamtumsatz ziemlich wenig. Der Metro-Konzern hatte durchaus ehrgeizige Ziele, wollte den Online-Umsatz bis 2017 auf 300 Millionen Euro hochschrauben, blieb aber bis zuletzt hinter den Zielen zurück.
Unter der Hudson’s Bay Company soll der Handel im Internet nun massiv ausgebaut werden. Der HBC-Manager verspricht hohe Investitionen, um den Omni-Channel-Handel bei Kaufhof stark zu machen. Kunden sollen in Zukunft noch viel bequemer zwischen Internethandel und den Filialen wechseln – also zum Beispiel Waren in der Filiale bestellen und dann nach Hause liefern lassen oder im Internet gekaufte Ware im Laden um die Ecke abholen können.
Wie schnell werden sich die Änderungen bemerkbar machen?
Auf den Zeitplan angesprochen, ist HBC-Chef Baker zurückhaltend. Er spricht lieber von „Ermutigungen, Geld und Mitteln“, die man dem Kaufhof-Team zur Verfügung stellen wolle, „um das bestmögliche Ergebnis abzuliefern“. Anders formuliert: HBC wird neue Konzepte wohl erstmal vorsichtig testen und bei Erfolg ausrollen. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns, um herauszufinden, was zu tun ist“, erklärt Baker.
Ist denn ein Umbau überhaupt nötig?
Definitiv. Im Verkaufsprozess wurde Kaufhof zwar als Perle des Metro-Konzerns gepriesen. Und tatsächlich steht das Unternehmen durch den konsequenten Kurs des Managements im Vergleich zum Wettbewerber Karstadt blendend da. Doch klar ist auch: Kaufhof ist kein Selbstläufer. Seit 2008 hat das Unternehmen rund eine halbe Milliarde Euro Umsatz eingebüßt. Die Punkte Ausstattung, Warenangebot und Onlinehandel sind Probleme, die die Kanadier angehen müssen.
Die Warenhauskrise von A bis Z
„Alles unter einem Dach“: Das war einst der Anspruch, mit dem die großen Einkaufspaläste von Karstadt, Kaufhof, Hertie und Horten antraten. Doch die Vielfalt ist in den vergangenen Jahrzehnten Stück für Stück verloren gegangen. Heute findet der Verbraucher in den Konsumtempeln in vielen Fällen nur noch Mode und Kosmetik, und daneben vielleicht noch eine Haushaltswaren- und eine Lebensmittelabteilung. Ein Grund dafür ist der harte Wettbewerb.
Das Leben schwer machen den Warenhäusern nicht zuletzt Billiganbieter wie H&M oder Primark, die sich in den vergangenen Jahrzehnten mit rasch wechselnden Kollektionen zu Schnäppchenpreisen ein immer größeres Stück des Textilmarktes gesichert haben. Die Folge: Vor allem bei Kauflustigen jungen Kundinnen sind die Warenhäuser heute oft zweite Wahl. Doch auch Einkaufszentren machen den großen Kaufhausketten Konkurrenz. Wie die klassischen Warenhäuser bieten sie Vielfalt unter einem Dach. Nur eben mehr davon.
Seit einigen Jahren nagt außerdem der Siegeszug des E-Commerce an den Umsätzen der Kaufhausketten. Mehr als jeder siebte Euro der in Deutschland für Textilien ausgegeben wird, landet inzwischen in den Kassen von Online-Händlern wie Amazon oder Zalando. Die Umsätze fehlen den Warenhäusern. Denn Kaufhof und Karstadt spielen hier bislang eine untergeordnete Rolle.
Schon seit Jahrzehnten versucht die Warenhausbranche die Krise durch Fusionen in den Griff zu kriegen. So kam es 1994 zu einer ersten großen Marktbereinigung. Karstadt übernahm den Konkurrenten Hertie, Kaufhof schluckte Horten. Und nur wenige Jahre später machte dann die Idee einer Fusion von Kaufhof und Karstadt die Runde. Doch alle Anläufe zur Schaffung einer solchen Deutschen Warenhaus AG sind letztlich gescheitert. Der österreichische Karstadt-Eigner René Benko musste beim Angebot seiner Signa-Gruppe für Kaufhof eine Schlappe einstecken. Der deutsche Handelsriese Metro verkauft Kaufhof für rund 2,8 Milliarden Euro an den kanadischen Handelskonzern Hudson's Bay.
Die Zahl der Warenhäuser sinkt seit Jahren. Unter dem Namen Karstadt firmierten 2004 deutschlandweit noch über 220 Waren- und Sporthäuser. Seitdem hat sich diese Zahl fast halbiert. Dem Konkurrenten Kaufhof erging es zwar deutlich besser. Doch auch er konnte sich dem Abwärtstrend der Branche nicht völlig entziehen. Die Umsätze von Kaufhof sanken seit 2004 von 3,8 auf 3,1 Milliarden Euro.
Auch Managementfehler spielten eine Rolle beim Niedergang der deutschen Warenhäuser. So erwies sich der Versuch des vorletzten Karstadt-Chefs Andrew Jennings, der Warenhauskette im Hauruckverfahren mit einer Flut neuer Modemarken ein trendigeres Image zu verschaffen, als Irrweg. Stammkunden wurden vergrault, doch gelang es kaum neue Käufergruppen in die Geschäfte zu locken. Auch Jennings Vorgänger hatten oft keine glückliche Hand.
Eine Fusion von Karstadt und Kaufhof hätte dem Warenhaus im harten Wettbewerb so etwas wie einen Neuanfang ermöglichen können. Nun dürfte die kanadische Handelskette Hudson's Bay als künftiger neuer Kaufhof-Eigner neue Akzente setzen.
Bei einem Zusammenschluss von Kaufhof und Karstadt hätten über kurz oder lang wohl vor allem die Mitarbeiter Opfer bringen müssen. Handelsexperte Thomas Roeb betonte kürzlich mit Blick auf Karstadt: „Ohne einen Zusammenschluss könnte es noch viel schlimmer kommen.“ Alleine werde es Karstadt schwer fallen, wieder auf die Beine zu kommen.
Wie die Zukunft der Warenhäuser aussehen wird, ist letztlich ungewiss. Der Direktor des Handelsinstituts der Hochschule Worms, Jörg Funder, sagte kürzlich in einem Interview nach seiner Einschätzung gebe es auf Dauer nur Platz für 50 bis 70 klassische Warenhäuser in Deutschland.
Womit wird HBC noch Schwierigkeiten haben?
Den schwachen Filialen. Wann immer es in den vergangenen Jahren um Schließungen von Warenhäusern ging, fiel der Name Karstadt. Doch bei genauerer Betrachtung hat Kaufhof seit 2010 ähnlich viele Häuser geschlossen wie der Rivale – nur weniger lautstark. Zu diesem Ergebnis kommt der Handelsexperte Gerd Hessert von der Universität Leipzig in einer Analyse zur Entwicklung der Warenhausstandorte. Sofern man die bereits angekündigten Schließungen für 2015 und 2016 hinzurechnet, liegt Kaufhof mit 13 Standortabgaben sogar vor Karstadt (12).
Trotzdem gibt es im Filialnetz bei Kaufhof noch reichlich zu tun, glaubt Hessert. Vor allem für rund 30 Kaufhof-Warenhäuser, die weniger als 15 Millionen Euro Umsatz pro Jahr erzielen, sieht er beträchtliche Risiken. Die 30 Flop-Standorte steuern nach seiner Analyse lediglich elf Prozent zum Gesamtumsatz bei. Zum Vergleich: Die zehn Top-Standorte – darunter der Kaufhof am Berliner Alexanderplatz – tragen 33 Prozent zum Umsatz bei.
Kein Wunder: Die Flop-Standorte verfügen meist über zu wenig Verkaufsfläche, sind in überwiegend schlechten Lagen in kleineren Städten angesiedelt und die Bereitschaft zur Modernisierung war in den vergangenen Jahren alles andere als ausgeprägt. Sollen diese Häuser auf Dauer bestehen, müsste das Management womöglich ein neues Konzept entwickeln, das noch stärker als bisher in Richtung Nahversorgung geht.