
Wirtschaftswoche: Herr Lahrs, Fußballstürmer Mario Gomez war bei der WM in Brasilien gar nicht dabei. Trotzdem wirbt Hugo Boss in Schaufenstern und Anzeigen mit ihm – ein klassischer Fehlpass, oder?
Claus-Dietrich Lahrs: Mario ist schon seit Jahren ein wichtiges Gesicht vor allem der Kampagnen für unseren Herrenduft, und wäre er nicht verletzt, würde er sicher eine wichtige Rolle bei der WM spielen. Aber so etwas passiert nun mal beim Profisport. Deshalb haben wir ja auch nicht allein auf einen Star gesetzt, sondern auf das ganze DFB-Team.
Hugo Boss legt kräftig zu
Ein gutes Geschäft in den eigenen Läden hat Hugo Boss im zweiten Quartal ein kräftiges Plus beschert. Der Umsatz stieg um 5 Prozent auf 559 Millionen Euro, der Gewinn um 18 Prozent auf 62,8 Millionen Euro.
Im gesamten ersten Halbjahr machte Boss 4 Prozent mehr und damit 1,17 Milliarden Euro Umsatz. Stärkste Region war Europa, aber auch in Amerika, Asien, Australien und Japan legte das Unternehmen zu.
Beim Großhandel ging - im Gegensatz zum weiterhin florierenden Einzelhandel - der Umsatz in lokalen Währungen um sechs Prozent zurück. Unter anderem habe die Übernahme von Verkaufsflächen, die früher von Großhandelspartnern betrieben wurden, die Entwicklung belastet,
Hugo Boss übernimmt immer mehr von Franchise-Partnern bewirtschaftete Verkaufsflächen und betreibt diese dann selbst. Das stärkt den konzerneigenen Einzelhandel, den Hugo Boss mittelfristig zum größten Absatzkanal ausbauen will.
Konzernchef Claus-Dietrich Lahrs bestätigte die Prognosen für das laufende Jahr. Im eigenen Einzelhandel rechne der Konzern erneut mit einem zweistelligen Zuwachs, auch beim Großhandel werde sich der Umsatz in der zweiten Jahreshälfte deutlich besser entwickeln. Bei Hugo Boss arbeiten derzeit knapp 12.500 Mitarbeiter.
Profitiert Boss wirklich davon, mit der DFB-Elf zu werben?
Ja, wir sind bisher absolut zufrieden. Wir rüsten den kompletten Kader langfristig mit maßgeschneiderten Anzügen, Schuhen und Hemden aus – ein gutes Dutzend Teile für jeden der 23 Spieler. Den Effekt spüren wir direkt beim Abverkauf. Die Anzüge aus der DFB-Kollektion werden sehr gut nachgefragt. Und die Hemden und Hosen, die Bundestrainer Jogi Löw während der Spiele trägt, verkaufen sich spürbar besser als vergleichbare Modelle.
Zur Person
Lahrs, 51, steht seit August 2008 an der Spitze der im MDax notierten Hugo Boss AG. Frühere Stationen waren Cartier und Louis Vuitton; ab 2004 war er Chef von Dior Couture in Paris. Boss gehört mehrheitlich dem Finanzinvestor Permira, der den damaligen Eigner Valentino Fashion Group 2007 für 3,4 Milliarden Euro übernommen hatte.
Wir dachten, Sie wollen Boss höherwertig positionieren. Wie passt Fußball dazu?
Wir setzen nicht nur auf Fußball, sondern engagieren uns seit mehr als 30 Jahren in der Formel 1, betreiben ein Hochsee-Segelteam und sind auch beim Golf aktiv – alles internationale Sportarten, die sehr gut zu unserer Marke passen. Der Fußball hat sich in den letzten Jahren sehr verändert und passt gut dazu. Zum anderen müssen wir Boss nicht höherwertig positionieren – wir haben das schon längst geschafft.
Vielleicht im Vergleich zu Durchschnittsmarken, aber in Deutschland hängen Ihre 400-Euro-Anzüge im Kaufhaus neben Eigenmarken und preiswerterer Konkurrenz. Boss gilt hierzulande als zwar sehr gut, aber doch nicht auf Augenhöhe mit Luxusanbietern wie Armani und Zegna?
Langsam – wir sind mit Abstand die führende Marke der Welt, was gehobene Anzüge betrifft. Und der Umsatzanteil, den wir mit noch höherwertigeren Anzügen machen, die deutlich über dem von Ihnen genannten Preis liegen, hat sich Stück für Stück vergrößert – allein deshalb, weil wir heute fast 60 Prozent des Geschäfts in unseren eigenen Läden erzielen. In einem Markt wie China, wo wir ausschließlich eigene Geschäfte betreiben, verkaufen wir mehr Anzüge zu Preisen von über 800 Euro als in Deutschland.
Und wenn der chinesische Tourist nach Berlin reist, sieht er die günstigeren Boss-Anzüge auf der Stange bei P&C und merkt, die Marke ist gar nicht so edel?
Der chinesische Tourist, der uns aus seiner Heimatstadt kennt und der die Marke jetzt neben zig anderen in der Anzugabteilung wiederfindet, stellt sich natürlich die Frage, welches nun der wahre Hugo Boss ist – derjenige, den er aus Shanghai kennt oder der hier in der deutschen Stammabteilung. Wir machen einen immer größer werdenden Teil unseres Geschäfts mit Touristen. Unsere Verantwortung ist es daher, Konsistenz in der Präsentation herzustellen.
Damit Touristen nicht irritiert sind, sollen die Deutschen mehr zahlen – wie bringen Sie aber den Handel dazu, Boss besser zu behandeln als seine anderen Marken?
Das ist mir zu einfach. Unsere deutschen Kunden sollen nicht schlicht mehr zahlen. Wir wollen aber ein stimmiges Bild der Marke zeigen. Auch unsere deutschen Kunden sind durchaus bereit, mehr für einen Anzug auszugeben, wenn wir ihnen in unseren eigenen Läden erklären, worin die höhere Qualität besteht. Und den Einzelhandel fordern wir auf, das ähnlich zu tun.