Hugo Boss „Was LVMH im Luxusbereich macht, könnten wir im Premiumsegment“

Modekonzern Hugo Boss soll nach Aussagen von CEO Daniel Grieder mehrere Marken unter seinem Dach vereinen. Quelle: imago images

Der neue Hugo-Boss-Chef Daniel Grieder will den darbenden Modekonzern zu einer Markenplattform ausbauen. Sein Vorbild: der französische Luxusgütergigant LVMH. Doch zunächst muss er das Kerngeschäft auf Kurs bringen.

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Lange haben sie in Metzingen auf ihren Retter gewartet: Schon im Juni vergangenen Jahres wurde bekannt, dass der Schweizer Daniel Grieder – damals noch Chef von Tommy Hilfiger - auf die Schwäbische Alb übersiedeln würde, um Hugo Boss, das wohl bekannteste deutsche Modeunternehmen, wieder auf Vordermann zu bringen. 

Nun ist Grieder im Unternehmen angekommen – und er hat tatsächlich Großes vor, lässt Grieder im WirtschaftsWoche-Podcast Chefgespräch durchblicken: Der Boss-Boss will die Marke nicht nur entstauben, sondern das Unternehmen mittelfristig zu einer Plattform ausbauen, an die weitere Marken andocken sollen. „Hugo Boss ist nicht nur eine Marke, Hugo Boss ist eine Plattform“, sagte Grieder. Entsprechend könnten Zukäufe weiterer Marken mittelfristig ein Thema werden. Egal ob klassische italienische Herrenmodemarke oder Trendlabel – inhaltlich gebe es da „fast keine Grenzen“, so Grieder. 

Im Grunde zielt der Boss-Chef damit auf ein Geschäftsmodell, dass sich bereits bei den großen Luxuskonzernen Kering und LVMH bereits bewährt hat. So gehören zum Fashion-Imperium von Kering Marken wie Gucci, Saint Laurent, Bottega Veneta und Brioni. Zum französischen LVMH-Konzern, dessen vier Buchstaben für Louis Vuitton sowie den Champagner- und Spirituosenhersteller Moët Hennessy stehen, gehören insgesamt rund 80 Marken, darunter auch der Edelkofferhersteller Rimowa und der amerikanische Juwelier Tiffany

„Ich denke mir, was LVMH im Luxusbereich macht, könnten wir im Premiumbereich machen“, gibt Grieder selbstbewusst zu Protokoll. Noch sei das allerdings „Zukunftsmusik“, räumt er ein. In den kommenden ein, zwei Jahren wolle er sich darauf konzentrieren, die bisherigen Kernmarken Boss und Hugo auf Kurs zu bringen. Schon damit dürfte er reichlich Arbeit vor sich haben. 

Make Metzingen great again

Denn Grieder findet in Metzingen ein Unternehmen vor, „dessen Selbstbewusstsein angeknackst ist und das schon vor der Pandemie stark mit sich selbst beschäftigt war“, wie das Fachblatt „Textilwirtschaft“ jüngst konstatierte. Hugo Boss, über Jahrzehnte hinweg beseelt von der Überzeugung, zu den großen Namen weltweit zu zählen, laboriere noch immer daran, bislang vergeblich eine über alle Märkte global stimmige Distributionsstrategie definiert zu haben. So wurde in den vergangenen Jahren zwar das Geschäft in eigenen Läden ausgebaut, die Präsenz bei wichtigen externen Händlern und Onlineplayern dagegen vernachlässigt. Auch der damit einhergehende Versuch, die Premiummarke Boss zur Luxusmarke hochzurüsten scheiterte. Bei Tommy Hilfiger war man teils fassungslos über das Vorgehen des Wettbewerbers, an dem man sich zuvor jahrelang orientiert hatte. „Die haben uns das Schlachtfeld kampflos überlassen“, sagt Grieder.

Die strategischen Fehler blieben nicht ohne Folgen für Bilanz und Image von Hugo Boss. Entsprechend will Grieder auch genau dort ansetzen. „Es braucht das richtige Produkt, es braucht die richtige Distribution und dann braucht es das richtige Storytelling“, sagt er und verspricht: „Wir werden den Namen Boss neu definieren.“ Schließlich sei der Begriff ‚Boss‘ – und damit die Marke – heute noch zu stark mit dem Bild eines Firmenpatriarchen assoziiert. Künftig soll es heißen: „jeder kann ein Boss werden“, so Grieder. Der Claim „Be your own boss“ soll ein Markenimage transportieren, in dem der Begriff ‚Boss‘ viel weiter gefasst wird als bislang und damit all jene Menschen anspricht, die etwas bewegen wollen, egal ob jung oder alt, Mann oder Frau. Grieder setzt dafür auf eine klarere Trennung der Marken Boss und Hugo, auf Damenmode und spürbare Verjüngung der Kollektionen. 

Erklärtes Ziel ist es, das Wachstum des Modekonzerns voranzutreiben und zu früherer Profitabilität zurückkehren. Bis 2025 soll sich der Umsatz auf vier Milliarden Euro verdoppeln und Hugo Boss „eine der 100 weltweit führenden Marken“ werden, hat Grieder schon vor wenigen Wochen erklärt. Ob und wie das gelingt, wird in der Branche genau beobachtet.  

Immerhin hat Grieder einen günstigen Moment für seinen Amtsantritt erwischt. Die schlimmste Phase der Pandemie scheint überstanden. Im Vorjahr und auch noch 2021 blieben die Läden in wichtigen Märkten monatelang geschlossen. Inzwischen erholt sich das Geschäft: Im zweiten Quartal zog der Umsatz auf 629 Millionen Euro an nach nur 275 Millionen Euro in der Vorjahreszeit, die vom ersten Lockdown geprägt war. Neben höheren Erlösen im E-Commerce profitierte Hugo Boss vom anhaltenden Trend zu gehobener Freizeitkleidung, der Grieder zufolge auch nach der Pandemie Bestand haben dürfte.

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Aber auch der klassische Anzug werde nicht verschwinden, gibt sich der Manager im Podcast Chefgespräch überzeugt. Für Feste und Events würden sich die Menschen wieder bewusst eleganter kleiden. Zudem würden Anzüge in Zukunft viel bequemer und funktioneller werden. Man sollte darin schlafen können, weil er so bequem ist, beschreibt Grieder die Messlatte. 

Mehr zum Thema: Im Podcast erzählt Hugo-Boss-Chef Daniel Grieder, was Karl Lagerfeld falsch gemacht hat, welche Frauen Hugo Boss tragen sollen – und wie er eine europäische Plattform für Premiummarken aufbauen will. Jetzt den Podcast anhören.

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