Vom Umsatzwachstum profitieren vor allem die namhaften Unternehmen. "Der Tierbedarfsmarkt ist weitgehend in der Hand einiger großen Produzenten und Ketten", sagt Ohr. Auf Handelsseite dominieren Ketten wie Fressnapf, Futterhaus oder Zoo & Co den Markt.
Harte Wettbewerbskämpfe und Übernahmen bestimmen das Geschäft der Futtermittelproduzenten. Erst im Frühjahr 2014 stieg Mars (Whiskas, Frolic, Pedigree oder Royal Canin) zum Branchenprimus auf, als der Konzern Procter & Gamble die Marken Iams, Eukanuba und Natura für rund 2,1 Milliarden Euro abkaufte. In dieser Größenordnung kann höchstens noch Nestlé (Felix, Beneful) mithalten.
Was von den zahlreichen neuen Angeboten an die Tierfutter, die die Produzenten im Kampf um die Tierhalter regelmäßig auf den Markt werfen, tatsächlich nötig und artgerecht ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Fest steht: Tierärzte schlagen immer häufiger Alarm, warnen vor verfetteten Tierorganen und einer steigenden Zahl an Herzkrankheiten. Ein Trend, dem die Futterhersteller wiederum mit neuen Produkten begegnen: Light-Varianten.
Das Geschäft mit der Tiermedizin
So sehr die Tierärzte auch vor der übertriebenen Vernarrtheit warnen, sie profitieren selbst von der Tierliebe der Deutschen. Dass auch ihr Geschäft gut läuft, zeigt die stetig steigende Zahl an Tiermedizinern. Knapp 12.000 niedergelassene Tierärzte gibt es laut der zuständigen Bundeskammer derzeit in Deutschland.
Ihr Behandlungsnvieau und -angebot muss sich längst nicht mehr hinter dem der Humanmediziner verstecken. Ihre Preise auch nicht. Die klettern schnell in den drei- und vierstelligen Bereich. "Tierhalter sind zunehmend bereit, für ihre Tiere Operationen zu bezahlen, die früher Menschen vorbehalten waren", sagt Ohr.
Umsätze mit Dienstleistungen für das Heimtier 2013
Alle Heimtiere | 450 Millionen Euro |
Hunde | 435-440 Millionen Euro |
Katzen | 12-15 Millionen Euro |
Sonstige Heimtiere | * |
*nicht ermittelbar, nicht eindeutig zurechenbar oder gesamtwirtschaftlich nicht bedeutsam
Quelle: Heimtierstudie "Wirtschaftsfaktor Heimtierhaltung" 2014 (Universität Göttingen)
Alle Heimtiere | 65-70 Millionen Euro |
Hunde | 55-60 Millionen Euro |
Katzen | 9-10 Millionen Euro |
Sonstige Heimtiere | 1 Million Euro |
Alle Heimtiere | 40 Millionen Euro |
Hunde | 29 Millionen Euro |
Katzen | 10 Millionen Euro |
Sonstige Heimtiere | 1 Million Euro |
Alle Heimtiere | 75 Millionen Euro |
Hunde | 75 Millionen Euro |
Katzen | * |
Sonstige Heimtiere | * |
* nicht ermittelbar, nicht eindeutig zurechenbar oder gesamtwirtschaftlich nicht bedeutsam
Alle Heimtiere | 65 Millionen Euro |
Hunde | 65 Millionen Euro |
Katzen | * |
Sonstige Heimtiere | * |
* nicht ermittelbar, nicht eindeutig zurechenbar oder gesamtwirtschaftlich nicht bedeutsam
Alle Heimtiere | Ca. 700 Millionen Euro |
Hunde | 665 Millionen Euro |
Katzen | 35 Millionen Euro |
Sonstige Heimtiere | 2 Millionen Euro |
Es gibt gute Gründe dafür, dass die Deutschen so vernarrt in ihre Tiere sind und manche Steigerung davon, die Psychologen Sorgen bereitet. In einer Zeit, in der immer mehr Städtern der direkte Kontakt zur Natur fehlt, wollen manche der Entfremdung etwas entgegensetzen.
Entscheidender ist für viele Wissenschaftler die stetig wachsende Zahl der Alleinlebenden. "Für manche Menschen sind sie der wichtigste, wenn nicht gar der einzige soziale Kontakt", sagt Silke Wechsung, Psychologin und Leiterin des Forschungsprojektes "Mensch und Hund" an der Universität Bonn.
Dabei sind nicht nur Singles auf der Suche nach Nähe und Geborgenheit. Selbst wer in einer Beziehung lebt, findet im Tier als Sozialpartner mitunter mehr Zuneigung und Loyalität als bei seinem Partner. Wer sein Tier so sehr liebt, will auch etwas zurückgeben. Heimtiere, vor allem Hunde und Katzen, werden dann schnell zur Projektionsfläche der eigenen, menschlichen Bedürfnisse.
Die Konsumkrisen der Vergangenheit haben gezeigt, wie weit diese Zuneigung zum Tier geht. Eine Faustregel: Selbst wenn der gesamte Einzelhandel Umsatzeinbrüche beklagt, bleibt der Tierfuttermarkt konstant. "Viele Menschen stellen ihre eigenen Bedürfnisse für die Tiere zurück", sagt Psychologin Wechsung. "Sie essen selbst Fast Food, um bloß nicht am Premiumfutter sparen zu müssen."
Dass es in Deutschland einen Trend zur Vermenschlichung gibt, daran hat Psychologin Wechsung keinen Zweifel. Auch nicht daran, dass er mitunter beunruhigende Ausprägungen annimmt. "Sehen Sie sich doch die ganzen neuen Angebote an. Kosmetiksalons für Tiere und Hunde-Yoga. Das hat es früher gar nicht gegeben."