Hund, Katze, König Wer an der Haustier-Liebe der Deutschen verdient

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Warum die Deutschen ihre Haustiere so lieben

Vom Umsatzwachstum profitieren vor allem die namhaften Unternehmen. "Der Tierbedarfsmarkt ist weitgehend in der Hand einiger großen Produzenten und Ketten", sagt Ohr. Auf Handelsseite dominieren Ketten wie Fressnapf, Futterhaus oder Zoo & Co den Markt.

Harte Wettbewerbskämpfe und Übernahmen bestimmen das Geschäft der Futtermittelproduzenten. Erst im Frühjahr 2014 stieg Mars (Whiskas, Frolic, Pedigree oder Royal Canin) zum Branchenprimus auf, als der Konzern Procter & Gamble die Marken Iams, Eukanuba und Natura für rund 2,1 Milliarden Euro abkaufte. In dieser Größenordnung kann höchstens noch Nestlé (Felix, Beneful) mithalten.

Die besten Gadgets für Tiere
Elektronische HundemarkeWo ist Fiffi denn jetzt schon wieder? Diese Sorge soll mit dem "Play-Tag" der Vergangenheit angehören. Die elektronische Hundemarke wird wie gewohnt am Halsband des Hundes befestigt. Darin befindet sich ein Bluetooth-Funksender, der mit einer App auf dem Smartphone von Herrchen oder Frauchen kommuniziert. Entfernt sich der Vierbeiner weiter als eine individuell einstellbare Distanz, gibt die App einen Alarm aus. Zugleich wird automatisch eine LED-Leuchte aktiviert. Das macht das Auffinden des Hundes bei Dunkelheit leichter. Was dem Anhänger aber leider fehlt, ist ein GPS-Chip, mit dem man den Hund orten kann. Weiterer Schwachpunkt: Ist das Tier weiter als 45 Meter entfernt, reicht die Power des Play-Tag-Senders nicht mehr aus, um es zu finden.Preis: Der Play-Tag soll 50 Dollar kosten, Apps gibt es für iOS und Android. Zum Vergleich: Geräte mit GPS gibt es in den USA bereits, diese kosten etwa das Doppelte; zusätzlich fallen meist monatliche Kosten für die Verbindung an. Quelle: Screenshot
Smarter FutternapfAus Asien kommt ein neues Gadget für Katzenbesitzer: "Bistro " kontrolliert das Fress- und Trinkverhalten der Vierbeiner und soll auch deren Gesundheit übermachen. Der smarte Napf funktioniert per Gesichtserkennung und Bodenplatte mit Sensoren zur Gewichtsmessung. Die Katze wird so vor jeder Fütterung gewogen, anschließend wird erfasst, wie viel Wasser und Futter aus den Behältern geschlabbert wurde. Besonders praktisch für Katzenfreunde mit mehreren Tieren, so lässt sich vermeiden, dass eine der anderen das ganze Futter klaut. Zusätzlicher Fun-Faktor: das ganze ist auch noch mit einer Online-Community verknüpft, quasi ein Facebook für Katzen. Preis: Im Crowdfunding-Portal Indiegogo lief eine Finanzierungskampagne, dabei wurde mehr als das Doppelte des benötigten Geldes eingesammelt. Für 145 US-Dollar zuzüglich 40 Dollar Versand konnten sich Kurzentschlossene einen Napf sichern. Ausgeliefert werden soll der Napf ab Februar 2015. Quelle: Screenshot
Strenger SpeiseplanWill Katze fressen, muss sie sich per Mikrochip ausweisen. Nur dann gibt der Fressnapf Surefeed der britischen Firma Sureflap das Futter frei (ab dem Sommer erhältlich).Preis: 124,99 Euro Quelle: Presse
Fitter VierbeinerDer münzgroße Sensor The Whistle der kalifornischen Firma Whistle Labs misst, wie viel ein Hund rennt, spielt und schläft – ganz wie ein Fitnessband beim Menschen. Die Daten funkt er vom Halsband aus aufs Smartphone des Besitzers.Preis: circa 95 Euro Quelle: Presse
Tierische SelfiesMit der App Cat Snaps können sich Katzen per Tablet ablichten. Schlagen sie auf einen farbigen Punkt auf dem Display, lösen sie die Aufnahme aus.Preis: kostenloser Download Quelle: Getty Images
Unsichtbarer ÖffnerNur wenn ein Vierbeiner den richtigen Mikrochip unterm Fell trägt, öffnet die Katzenklappe des britischen Anbieters Sureflap den Weg in die Wohnung.Preis: 99,99 Euro Quelle: Presse
Stolze KamerakatzeMountainbiker zeichnen mit einer Actioncam Touren auf, die Katze von heute mit der Catcam von Catnip Technologies aus Hongkong. Herrchen und Frauchen erfahren so, wo ihr Felltiger am liebsten Mäuse jagt.Preis: 39 Euro Quelle: Presse

Was von den zahlreichen neuen Angeboten an die Tierfutter, die die Produzenten im Kampf um die Tierhalter regelmäßig auf den Markt werfen, tatsächlich nötig und artgerecht ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Fest steht: Tierärzte schlagen immer häufiger Alarm, warnen vor verfetteten Tierorganen und einer steigenden Zahl an Herzkrankheiten. Ein Trend, dem die Futterhersteller wiederum mit neuen Produkten begegnen: Light-Varianten.

Das Geschäft mit der Tiermedizin

So sehr die Tierärzte auch vor der übertriebenen Vernarrtheit warnen, sie profitieren selbst von der Tierliebe der Deutschen. Dass auch ihr Geschäft gut läuft, zeigt die stetig steigende Zahl an Tiermedizinern. Knapp 12.000 niedergelassene Tierärzte gibt es laut der zuständigen Bundeskammer derzeit in Deutschland.

Ihr Behandlungsnvieau und -angebot muss sich längst nicht mehr hinter dem der Humanmediziner verstecken. Ihre Preise auch nicht. Die klettern schnell in den drei- und vierstelligen Bereich. "Tierhalter sind zunehmend bereit, für ihre Tiere Operationen zu bezahlen, die früher Menschen vorbehalten waren", sagt Ohr.

Umsätze mit Dienstleistungen für das Heimtier 2013

Es gibt gute Gründe dafür, dass die Deutschen so vernarrt in ihre Tiere sind und manche Steigerung davon, die Psychologen Sorgen bereitet. In einer Zeit, in der immer mehr Städtern der direkte Kontakt zur Natur fehlt, wollen manche der Entfremdung etwas entgegensetzen.

Entscheidender ist für viele Wissenschaftler die stetig wachsende Zahl der Alleinlebenden. "Für manche Menschen sind sie der wichtigste, wenn nicht gar der einzige soziale Kontakt", sagt Silke Wechsung, Psychologin und Leiterin des Forschungsprojektes "Mensch und Hund" an der Universität Bonn.

Dabei sind nicht nur Singles auf der Suche nach Nähe und Geborgenheit. Selbst wer in einer Beziehung lebt, findet im Tier als Sozialpartner mitunter mehr Zuneigung und Loyalität als bei seinem Partner. Wer sein Tier so sehr liebt, will auch etwas zurückgeben. Heimtiere, vor allem Hunde und Katzen, werden dann schnell zur Projektionsfläche der eigenen, menschlichen Bedürfnisse.

Deutschlands beliebteste Heimtiere
Chamäleon Quelle: Lutz Schuettler CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Gartenteich Quelle: Jonathan Hornung Public Domain
Aquarium Quelle: Richardfabi GFDL CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Brauner Kanarienvogel Quelle: Nicke L Public Domain
Kaninchen Quelle: Andreas Rühle CC Attribution-Share Alike 3.0 Unported
Hunde Quelle: dpa
Hauskatze Quelle: dpa

Die Konsumkrisen der Vergangenheit haben gezeigt, wie weit diese Zuneigung zum Tier geht. Eine Faustregel: Selbst wenn der gesamte Einzelhandel Umsatzeinbrüche beklagt, bleibt der Tierfuttermarkt konstant. "Viele Menschen stellen ihre eigenen Bedürfnisse für die Tiere zurück", sagt Psychologin Wechsung. "Sie essen selbst Fast Food, um bloß nicht am Premiumfutter sparen zu müssen."

Dass es in Deutschland einen Trend zur Vermenschlichung gibt, daran hat Psychologin Wechsung keinen Zweifel. Auch nicht daran, dass er mitunter beunruhigende Ausprägungen annimmt. "Sehen Sie sich doch die ganzen neuen Angebote an. Kosmetiksalons für Tiere und Hunde-Yoga. Das hat es früher gar nicht gegeben."

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