
Die Provokation hängt hinten an der Wand des Meetingraums, neben bunten Regalelementen und der Sitzecke mit ihren flieder- und pastellgrünen Sesseln. Es sind die Motive der Werbekampagne, mit denen Home24 im Sommer gegen Ikea wetterte. „Von exklusiven Kollektionen inspirieren lassen statt långweilig wohnen wie jeder“, steht auf einem der Plakate, links ist ein voll eingerichtetes Wohnzimmer zu sehen, rechts eine verdächtig schwedisch anmutende Bauanleitung. „Wir wollten uns abgrenzen“, erklärt Domenico Cipolla und zuckt mit den Schultern.
Ikea, das ist für den Home24-Geschäftsführer eine begehbare samstägliche Hölle mit und pappigen Hot Dogs, irgendwo draußen an der Landstraße. Cipolla verspricht eine neue Welt, in der Möbel so einfach zu bestellen sind wie Schuhe - über das Internet.





Und es gibt einige, die ihm dieses Versprechen abnehmen. Das Start-up, eins von vielen aus dem Hause Rocket Internet, wächst rasant. Alleine im ersten Halbjahr hat sich der Umsatz auf 117,6 Millionen Euro nahe zu verdoppelt. In acht Ländern ist Home24 tätig, Deutschland ist der wichtigste Markt. Und das, obwohl sich die Deutschen noch längst nicht daran gewöhnt haben, Möbel online zu kaufen. Jeder vierte Internetnutzer in Deutschland hat mindestens schon mal Deko-Artikel oder andere Einrichtungsgegenstände online gekauft, ergibt eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom.
Ikea will online investieren
Der Markt ist klein. Nach Berechnungen des Kölner Wirtschaftsinstituts für Handelsforschung (IfH) machte die Branche im vergangenen Jahr nur etwa 5,7 Prozent ihres Umsatzes online. Die etablierten Einrichtungshäuser scheuen den Onlinehandel, das Feld gehört den Start-ups wie Home24 oder Westwing. Die Angreifer nutzen das aus und machen Druck auf die Möbelhändler. Und zumindest bei Ikea, der ungeschlagenen Nummer Eins im deutschen Möbelhandel, scheint langsam ein Umdenken einzusetzen. Der schwedische Möbelriese investiert in Deutschland in den Onlinehandel und will ab dem kommenden Jahr endlich das gesamte Sortiment online verkaufen.
Die größten Probleme bei Lieferungen von Onlinehändlern
14 Prozent der Befragten erhielten in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal keine Ware, obwohl Händler oder Zusteller eine erfolgreiche Zustellung meldeten
Die falsche Ware erhielten im vergangenen Jahr 17 Prozent der Befragten
24 Prozent der Befragten ärgerten sich über beschädigte Ware
Mehr als ein Viertel der Befragten (26 Prozent) klagten darüber bestellte Waren gar nicht bekommen zu haben
45 Prozent der Befragten gaben an, dass bei ihnen in den vergangenen zwölf Monaten die Karte mit dem Hinweis auf "verpasste Anlieferung" in den Briefkasten eingeworfen wurde, obwohl sie zu Hause waren
Bei 48 Prozent der Befragten kamen Lieferungen später an als angekündigt
Die Studie entstand im Auftrag für JDA Software, einen führenden Anbieter von Lösungen für die Bereiche Supply Chain, Produktionsplanung. Für die Auswertung wurden 2042 repräsentativ ausgewählte Verbraucher zwischen 16 und 64 Jahren aus Deutschland befragt. Die Erhebung erfolgte online im April 2015 und wurde von dem unabhängigen Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt.
Damit geht der Wettstreit zwischen neuen und etablierten Anbietern in seine entscheidende Runde: Die Schweden müssen beweisen, dass sie so viel vom Onlinehandel verstehen wie die Samwer-Brüder und ihre Start-up-Schmiede Rocket Internet. Und Home24 muss beweisen, dass sie nicht nur wissen, wie man Apps und Internetseiten baut - sondern auch Schränke, Sofas und Stühle.
Bisher hat Ikea seinen Onlineshop sträflich vernachlässigt. Etwa 4,4 Prozent des Umsatzes macht Ikea auf seiner Internetseite, das sind rund 190 Millionen Euro. Sogar mit Hot Dogs und Köttbullar macht Ikea in seinen Restaurants mehr Geld. „Ikea nutzt seine Website bisher vor allem, um Kunden gezielt in die Läden zu locken", sagt Kai Hudetz, Geschäftsführer des IfH-Instituts. Denn selbst wenn die Kunden den gesuchten Esstisch nicht finden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie trotzdem neue Tischsets, Teelichter oder Kissen mitnehmen. Auf diesen Umsatz wollen die Einrichtungshäuser nicht verzichten.