
Die Story des Nicolas Berggruen klang rührend: Das KaDeWe – das sei für ihn weit mehr als irgendein Prachtwarenhaus von Karstadt. KaDeWe – das sei eines der ersten Worte gewesen, die er als Kleinkind auf Deutsch brabbelte, schließlich hätten seine Eltern bei Berlin-Besuchen dort regelmäßig eingekauft.
Die Anekdote erzählte der Deutsch-Amerikaner kurz nach der Übernahme von Karstadt aus der Insolvenz im September 2010. Damals wurde er von Politik und Gewerkschaften noch als eine Art Robin Hood des deutschen Einzelhandels gefeiert, als mildtätiger Warenhaussamariter, der – so die Erwartung – die marode Handelskette endlich wieder auf Kurs bringt.
KaDeWe – spätestens seit Anfang vergangener Woche steht die Warenhauslegende zwar für das Scheitern der berggruenschen Wiederauferstehungspläne. Allen früheren Treueschwüren zum Trotz verkaufte er in der vergangenen Woche die Mehrheit der Luxuswarenhäuser rund um das Flaggschiff KaDeWe sowie die Sporthäuser des Konzerns an den österreichischen Immobilienkonzern Signa.
Zugleich könnten KaDeWe und die mitveräußerten Karstadt-Perlen aber zur Kulisse einer glamourös inszenierten Handelsoperette werden. Arbeitstitel: Wiener Blut, dirigiert von Signa-Chef René Benko, einem Unternehmer, dessen Wirken das Prädikat „schillernd“ nur unzureichend beschreibt. Wahlweise als Selfmademillionär, Schulabbrecher, wegen Korruption verurteilter Geschäftsmann oder größter Immobilienbesitzer Österreichs firmiert der 36-Jährige in der Wirtschafts- und Gesellschaftspresse. Und nun auch noch als Mr. KaDeWe.
Doch was treibt Benko zu seiner Milliardenwette auf das deutsche Kaufhauswesen? Längst spekuliert die Branche über einen geheimen Masterplan des alpenländischen Immobilienmonarchen. Am Ende stünde die lang erwartete K-und-K-Fusion, ein Zusammenschluss von Karstadt und Kaufhof unter Führung von Benko.
Doch derlei Übernahmeszenarien sind verfrüht. Nach Informationen der WirtschaftsWoche nimmt Benko zunächst ein ganz anderes Ziel ins Visier: Die Karstadt-Luxushäuser sollen zur Keimzelle eines über die deutschen Grenzen hinaus operierenden Netzwerks von Nobelkaufhäusern werden, heißt es im Umfeld von Signa. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich und weiteren Nachbarländern gebe es genug kaufkräftige Kundschaft für eine Expansion der Luxus-Häuser.