Das liegt zum einen daran, dass die vermeintlichen Eigenmarken vielfach von den gleichen Konzernen produziert werden, die mit ihren Premiumprodukten um Kunden werben. Marmeladenhersteller Zentis produziert auch für "Ja!" und Bahlsen stellt nicht nur Leibniz-Kekse her, sondern auch die billigere Variante für Aldi. Häufig variieren dabei einige Inhaltsstoffe, immer ist die Verpackung eine aufwendigere. Massive Qualitäts-Schwankungen gibt es aber nicht.
Zum anderen sind Eigenmarken längst nicht mehr nur billige Nachahmer. "Die Positionierung hat sich in den vergangenen Jahren geändert", sagt Olaf Roik vom Einzelhandelsverband HDE. "Früher waren Eigenmarken Preiseinstiegs-Produkte. Heute gibt es sie auch in der Mittelklasse und im Premiumbereich." Und das aus gutem Grund: Anders als bei den Billigprodukten, lassen sich dort hohe Margen erzielen.
Das Premium-Feld gehörte in der Vergangenheit den Markenprodukte. Eigenmarken waren bislang vor allem für den täglichen Gebrauch. “Für Gäste und Feste greifen die Verbraucher in der Regel auf die Markenartikel zurück”, sagt Handelsexperte Preißner. Noch.
Eigene Innovationen
Denn die Händler nehmen nicht nur teurere, hochwertige Produkte in ihr eigenes Portfolio auf. Sie entwickeln eigene Marken, erweitern so ihr Angebot und erschließen sich neue Kunden-Schichten. "Handelsmarken setzen verstärkt eigene Schwerpunkte und prägen Trendmärkte wie Bio und Regionalität", erklärt Roik. Obst und Gemüse aus der Region verkaufen sich in den Supermärkten hervorragend. Gerade die Kooperation mit heimischen Landwirten liegt im Trend. Die großen Lebensmittelkonzerne, die ihre Produktion auf den gesamten deutschen Markt ausrichten, haben da das Nachsehen.
Aber auch sonst ist der große Vorteil der Händler ihre Marktnähe. "Markenhersteller versuchen in der Regel, einen breiten Absatz zu schaffen", sagt Preißner. "Eigenmarken können deutlich spitzer zugeschnitten werden."
Die Händler passen ihre Produkte ganz genau an die Bedürfnisse ihrer Kunden an - und sie bekommen die Reaktionen unmittelbar mit. Läuft ein Produkt nicht, wird es kurzerhand aus den Regalen genommen. “Der Händler hat außerdem bessere Kontrolle über die gesamten Produktionsstufen”, sagt Preißner. Das heißt, er kann sehr viel genauer kontrollieren wo und wie sein Produkt hergestellt wird - und zu welchem Preis. Das bringt entscheidende wirtschaftliche Vorteile.
No-Name war einmal
Weil die Händler glauben, sie könnten von ihren Marken profitieren und diese von ihnen, verleihen sie ihnen stolz ihren Namen. Eigenmarken sind längst nicht mehr nur No-Name, sie heißen "Rewe Feine Welt" oder "Edeka Selection”. Davon versprechen sich die Händler eine Sogwirkung. Da die Eigenmarken nur bei ihnen erhältlich sind, so die Hoffnung der Händler, kommen die Kunden genau deshalb in den Laden.
Doch die enge Verknüpfung von Marke und Handelsunternehmen kann schnell zum Problem werden. Als im vergangenen Jahr unter anderem Pferdefleisch in Lasagnen der Eigenmarken von Rewe, Real und Edeka gefunden wurde, war der Image-Schaden gigantisch. Die Konzerne bemühte sich prompt um Schadensbegrenzung, sprachen von besonderer Verantwortung für die Eigenmarken und gelobte in Zukunft nur noch deutsches Fleisch zu verwenden. Doch das Vertrauen der Verbraucher war vorerst verloren.