Insolvente Drogeriekette Schlecker soll eine Zukunft haben

Die Bemühungen um die Zukunft von Schlecker kommen auf Touren. Der Insolvenzverwalter sieht noch eine Zukunft für die Drogeriekette. Die Gewerkschaft Verdi bringt eine Mitarbeiter-Beteiligung ins Gespräch.

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Der Firmenschriftzug an der Zentrale der Drogeriekette Schlecker in Ehingen. Quelle: dpa

Ehingen/Ulm/Stuttgart Schlecker-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hält noch eine Sanierung der Drogeriekette für möglich. Es müsse zwar noch mit Arbeitnehmern, Vermietern und Lieferanten verhandelt werden. „Aber wir sind doch alle der Meinung, dass wir die Voraussetzungen geschaffen haben, dass Schlecker diese Zukunft hat“, sagte Geiwitz am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi brachte zur Schlecker-Rettung eine finanzielle Beteiligung der Mitarbeiter ins Gespräch.

Der Insolvenzverwalter hatte am Mittwoch drastische Einschnitte beim Konzern aus dem schwäbischen Ehingen angekündigt. Rund 2400 Filialen werden geschlossen, knapp 12.000 Mitarbeiter verlieren ihre Jobs. Er peilt an, bis Ende März das Sanierungskonzept - inklusive des Stellenabbaus und der Filialschließungen - geregelt zu haben.

Der zuständige Ulmer Amtsrichter Benjamin Webel sagte am Donnerstag, Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz müsse ihm noch das Gutachten über Schlecker vorlegen. „Erst wenn das vorliegt, kann ich über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens entscheiden.“ Dieses werde spätestens am 1. April eröffnet. Er habe einen Gläubigerbeirat berufen, der bereits in den vergangenen Wochen Geiwitz' Arbeit begleitet und kontrolliert habe. Im Beirat seien alle wichtigen Gläubiger vertreten.

Geiwitz erklärte, die Auswahl der Läden, die geschlossen werden sollen, sei schwer gewesen. Auch „das Resultat von 12.000 Entlassungen ist bitter genug“, betonte er. Doch könne kein Unternehmen dauerhaft mit Verlusten leben. Hinzu komme die bisher fehlende Wettbewerbsfähigkeit. Schlecker brauche auch ein anderes Sortiment. „Das wird der Kunde merken, in den nächsten Wochen und Monaten“, so Geiwitz.

Verdi-Chef Frank Bsirske forderte ebenfalls im Morgenmagazin, schnell eine Transfergesellschaft für die tausenden betroffenen Frauen einzurichten. „Wir brauchen hier auch Initiativen aus der Politik, um Zeit zu gewinnen“, so Bsirske. Diese Zeit könne für die Investorensuche genutzt werden.


Verdi fordert längere Zahlung von Insolvenzausfallgeldern

Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) forderte, es müsse „das Ziel aller Beteiligten sein, möglichst viele Filialen und Arbeitsplätze zu erhalten“.

Die Gewerkschaft Verdi fordert indes für die vor einem drastischen Stellenabbau stehende Belegschaft der Drogeriemarkt-Kette Schlecker eine Verlängerung des Insolvenzausfallgeldes. „Ein bis zwei Monate mehr würden eine ganze Menge Probleme und Zeitdruck wegnehmen“, sagte der Verdi-Vertreter Bernhard Franke am Donnerstag in Stuttgart. Eine Entscheidung über eine Verlängerung der bislang auf drei Monate begrenzten Zahlungen, die sich auf rund 150 Millionen Euro summierten, liege bei der Bundesregierung.

Die Gewerkschaft signalisierte, auch unkonventionelle Wege zur Fortführung des europaweit tätigen Konzerns mitgehen zu wollen. Tarifliche Ansprüche könnten in eine Form der Kapitalbeteiligung umgewandelt werden, sagte Verdi-Handelsexperte Franke. Denkbar seien auch Genossenschaftsmodelle oder stille Beteiligungen. Im Gegenzug müsse den Beschäftigten aber mehr Mitbestimmung gewährt werden.

Am Dienstag starten in Ehingen bei Ulm die Gespräche zwischen der Gewerkschaft und dem vorläufigen Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz über die Pläne für den Personalabbau, berichtete Franke. Das bisher vom Insolvenzverwalter vorliegende Konzept zur Fortführung von Schlecker sei „oberflächlich, überzogen und furchtbar kontraproduktiv“, kritisierte Verdi.


Schlecker hat „sozialpolitische Dimension“

Der Gewerkschafter verlangte außerdem ein stärkeres Engagement der Politik in dem Insolvenzfall. Der Fall habe eine „sozialpolitische Dimension“ die es rechtfertige, dass der Staat unterstützend eingreife. Läge ein vergleichbarer Insolvenzfall in der Autoindustrie vor, gäben sich die Politiker die Klinke in die Hand, sagte der Verdi-Geschäftsführer für den Bezirk Stuttgart, Bernd Riexinger. Schlecker verliere jeden Monat zwischen 20 und 25 Millionen Euro. Der Bund und die Ländern sollten Bürgschaften übernehmen. Dies lehnte Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) am Donnerstag vorerst ab. Zunächst müsse ein „überzeugendes“ Konzept eines „seriösen“ Investors vorliegen.

Bei Schlecker sind im Zuge der Zahlungsunfähigkeit nach Angaben des Insolvenzverwalters gut 12.000 der 25.000 Jobs in Deutschland bedroht. 2400 der 5400 Filialen zwischen Nordsee und Alpen sollen geschlossen werden, um Schlecker nach langer Talfahrt wieder in die Spur zu bringen.

Bei der Suche nach einem neuem Chef für die Geschäftsführung von Schlecker ist Insolvenzverwalter Geiwitz einem Bericht der „Lebensmittel Zeitung“ zufolge offenbar fündig geworden. Für den neu zu schaffenden Spitzenposten sei der frühere Rewe -Vorstand Stephan Fanderl „heißer Kandidat“. Der 47-jährige sei derzeit beim Schweizer Discounter Denner tätig, zuvor bei auch bei Walmart.

Ob und in welcher Funktion der Manager bei Schlecker anheuere, hänge jedoch maßgeblich von den Vorstellungen etwaiger Investoren ab, berichtet das Blatt weiter. Weder bei Schlecker noch beim Insolvenzverwalter war dazu eine Stellungnahme zu erhalten. Geiwitz hatte am Mittwoch gesagt, die Suche nach einem Manager für die Schlecker-Spitze sei angelaufen.

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