




Die Insolvenzen sind auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren, meldet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform. Prominentester aktueller Fall ist das Traditionsunternehmen Kettler, das Fahrräder und Sportgeräte produziert und knapp 1100 Mitarbeiter hat. Der größte Fall bezogen auf die Beschäftigung war im laufenden Jahr bisher die beiden Gesellschaften der Deutscher Handelsservice GmbH aus Bremen - die DHS Instore Service GmbH & Co. KG und die DHS Vertriebs Service GmbH - mit insgesamt 4500 Mitarbeitern.
In den meisten Fällen hatten die betreffenden Unternehmen schon mehrere Jahre zuvor zu wenig Eigenkapital, ein plötzlicher Bankrott ist laut Creditreform selten.
Zahlen, Daten und Fakten zu Insolvenzen in Deutschland
Unternehmensinsolvenzen | Verbraucherinsolvenzen | |
2013 | 26.120 | 91.360 |
1. Hj 2014 | 12.060 | 43.870 |
2014 | 24.030 | 86.480 |
1. Hj 2015* | 11.100 | 40.200 |
*geschätzt
Quelle: Creditreform
Betroffene Arbeitnehmer | Veränderung in Prozent | |
2013 | 285.000 | -17,6 |
1. Hj 2014 | 89.000 | -23,3 |
2014 | 264.000 | -7,4 |
1. Hj 2015* | 77.000 | -13,5 |
*geschätzt
Rechtsform | Anteile in Prozent | Vorjahr |
freie Berufe | 2,9 | 3,1 |
Kleingewerbetreibende | 48,4 | 46,8 |
BGB-Gesellschaft | 0,7 | 0,8 |
Einzelfirma | 3,3 | 3,3 |
OHG | 0,1 | 0,2 |
KG | 0,3 | 0,4 |
GmbH & Co. KG | 4,0 | 4,8 |
GmbH | 31,5 | 32,0 |
UG (haftungsbeschränkt) | 7,5 | 7,1 |
AG | 0,5 | 0,7 |
Sonstige | 0,8 | 0,8 |
Zeitraum: 1. Hj 2015
Im ersten Halbjahr 2015 wurden insgesamt 63.800 Insolvenzen angemeldet. Davon entfallen 11.100 auf Unternehmen, 40.200 auf Verbraucher und 12.500 auf Selbstständige. Das können Freiberufler wie Ärzte oder Anwälte sein, aber auch Kleingewerbetreibende. Entscheidend ist für sie, dass sie Mitarbeiter beschäftigen, mehr als zwanzig Gläubiger offene Forderungen an sie haben und die Vermögensverhältnisse unübersichtlich sind.
Insgesamt sind alle Insolvenzen im Schnitt um gut sechs Prozent gesunken. Im Einzelnen: Unternehmens- wie Verbraucherinsolvenzen sind damit um rund acht Prozent im Vorjahresvergleich zurückgegangen, die der Selbstständigen dagegen um gut drei Prozent gestiegen.
Die Gründe für diesen historisch niedrigen Stand der Pleiten sind vielfältig: Die gesunkene Arbeitslosigkeit - sie ist so niedrig wie seit 25 Jahren nicht -, der solide wirtschaftliche Aufschwung, kräftige Binnennachfrage und günstige Finanzierungsbedingungen mit niedrigen Zinsen, niedrige Inflation sowie Tariferhöhungen für Arbeitnehmer tragen dazu bei. Entsprechend höher sind auch die Eigenkapitalquoten der Unternehmen.
Die führenden Insolvenzkanzleien 2014
Kanzlei: BBL Bernsau Brockdorff
Zahl der Verfahren: 75
Quelle: STP Portal; gezählt wurden Verfahren ab Stellung des Insolvenzantrags (vorläufige Verfahren)
Kanzlei: Münzel & Böhm
Zahl der Verfahren: 80
Kanzlei: Henningsmeier Rechtsanwälte
Zahl der Verfahren: 86
Kanzlei: Reimer Rechtsanwälte
Zahl der Verfahren: 97
Kanzlei: hww Wienberg Wilhelm
Zahl der Verfahren: 105
Kanzlei: Görg Rechtsanwälte
Zahl der Verfahren: 121
Kanzlei: White & Case
Zahl der Verfahren: 152
Kanzlei: Brinkmann & Partner
Zahl der Verfahren: 196
Kanzlei: Pluta
Zahl der Verfahren: 211
Kanzlei: Schultze & Braun
Zahl der Verfahren: 236
Gestiegen ist dagegen die Schadenssumme für sämtliche Insolvenz-Gläubiger. Sie betrug in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 13,9 Millionen Euro (plus 4,5 Prozent im Vorjahresvergleich).
Allerdings gibt es erhebliche regionale Unterschiede. Baden-Württemberg kommt nur auf 38 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen, Bayern nur auf 43. In Bremen gibt es die meisten Pleiten mit 120 auf 10.000 Unternehmen - also dreimal so viele - gefolgt von Nordrhein Westfalen mit 109. Der Deutschlandschnitt liegt bei 68.
Mehr als die Hälfte der Unternehmensinsolvenzen betreffen Solo-Unternehmer, die keine Mitarbeiter beschäftigen. Sie gehören zu den Kleinstunternehmen unter den Insolvenzkandidaten und brachten es zuletzt im Durchschnitt auf maximal 100.000 Euro Jahresumsatz. 22 Prozent kamen auf bis zu 250.000 Euro Umsatz und rund 16 Prozent bis zu 500.000 Euro Jahresumsatz.
Handel
Besonders insolvenzgefährdet sind Unternehmen, die zwischen elf und zwanzig Jahren alt sind (40 Prozent). Am wenigsten diejenigen, die bereits über 41 Jahre alt sind (knapp ein Prozent).
Bei den Privatpersonen sind Männer mit 63 Prozent deutlich öfter insolvent als Frauen.
Bei den Verbraucherinsolvenzen liegen Frauen und Männer in der stärksten Gruppe zwischen 41 und 50 Jahren nicht weit auseinander (erstere mit 33 Prozent, letztere mit 30 Prozent).