Internet-Apotheken Medikamente kaufen Deutsche ungern online

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Scheu vor dem Versenden von Rezepten

Viele scheuten das Einschicken der Rezepte, sagt Johann Stiessberger, Pharma-Experte bei der Beratungsgesellschaft BCG. Und selbst bei Erkältungsmitteln gingen die Deutschen lieber zur Apotheke. „Wer krank ist, möchte meist schnell ein Medikament haben.“ Auch achteten Verbraucher dann nicht so sehr auf Rabatte. Was vor allem im Netz gekauft werde, seien Nahrungsergänzungsmittel. Allein wegen Versandhändlern würden Apotheken samt ihrer Beratung nicht verschwinden, sagt der Berater. „Es besteht kein Grund zur Panik.“

Die Apotheken aber fordern ein generelles Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneien - ebenso wie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Bei verordneten Medikamenten dürfe es nicht ums Schnäppchen jagen gehen, sagte er jüngst den „Westfälischen Nachrichten“. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Beratung.“ Da die SPD ein Verbot bisher verhinderte, will die Union das Projekt nach der Bundestagswahl angehen. Die CSU wirbt online schon offensiv um Apotheker, Spendenaufruf inklusive.

Doch Gröhe stößt auf Widerstand der gesetzlichen Krankenkassen, die naturgemäß ein Interesse an günstigen Medikamenten haben. Der Versandhandel sei gerade in strukturschwachen Regionen eine Alternative für Verbraucher, meint der GKV-Spitzenverband. Auch sei der Rückgang der Apotheken nicht dramatisch. Gerade in Ballungsgebieten gebe es genug. Verbraucherschützer wehren sich ebenfalls gegen ein Versandverbot. Dies sei angesichts der Digitalisierung „rückwärtsgewandt“, heißt es in einer Stellungnahme.

Ganz aus der Luft gegriffen ist der Widerstand der Apotheken aber nicht. Online-Apotheken könnten langfristig wachsen, glaubt Berater Stiessberger. „Gerade die junge Generation ist es gewohnt, online zu bestellen.“ Er sieht zudem einen Beschleuniger für den Markt: Das elektronische Rezept. „Das könnte den Versandhandel stark vereinfachen.“ Soweit sei es aber noch nicht.

Platzhirsch DocMorris will nun auf dem Land angreifen, wo manche Dorfapotheken schließen müssen. Etwa mit Automaten, bei denen Mitarbeiter per Video beraten und Arzneien via Knopfdruck freigeben. Ein Gericht verbot zwar jüngst einen solchen Apothekenautomaten im baden-württembergischen Hüffenhardt vorläufig, da es wettbewerbswidrig sei. Doch DocMorris gibt nicht auf. Man habe Klage gegen das Urteil beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereicht, sagt der Chef des Mutterkonzerns Zur Rose, Walter Oberhänsli.

Er kündigt neue Anläufe für Apothekenautomaten an. „Wir wollen auch in strukturschwachen Gegenden Menschen mit Arzneien versorgen“, sagt Oberhänsli. Auch wenn solche Automaten nur eine Nische sind: Das Ringen um den deutschen Apothekenmarkt hat erst begonnen.

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