WirtschaftsWoche: Herr Schalken, Branchenverbände warnen vor einem Bäckereisterben, weil hohe Rohstoffkosten das Geschäft ruinieren. Wie stark trifft die Krise Kamps?
Schalken: Wir schlagen uns vergleichsweise gut, verdienen weiterhin Geld und steigern unsere Umsätze. Wir haben allerdings auch rechtzeitig reagiert, das Unternehmen umgebaut, Standorte verkauft und uns auf zwei Vertriebslinien konzentriert. Mit den klassischen Kamps-Bäckereien konzentrieren wir uns auf unsere Heimatbastion, den Großraum Nordrhein-Westfalen. Bundesweit haben wir zudem unser Kamps-Backstuben-Konzept etabliert, eine Mischung aus Café und Bäckerei, wo wir alle Produkte frisch backen.
Können Sie die Klagen Ihrer Zunft nachvollziehen?
Tatsächlich war die Entwicklung der Rohstoffpreise zuletzt katastrophal. Ähnliches gilt auch für die Energiepreise. Das ist eine Bedrohung für uns und unsere Kunden. Diese riesigen Preissprünge kann kein Unternehmen kompensieren.
Dann erhöhen Sie die Preise für Brot und Brötchen?
Viele Wettbewerber haben die Preise bereits erhöht, wir noch nicht. Aber die Lage ist heikel, sollten die Rohstoffpreise auf dem derzeitigen Niveau bleiben, sind auch wir gezwungen zu reagieren und die Endverbraucherpreise zu erhöhen. Fast noch bedrohlicher als der Anstieg der Kosten an sich sind die Schwankungsbreiten. Dass es Basisprobleme wie Dürren gibt, die den Weizenpreis beeinflussen, ist klar, aber die Intensität der Ausschläge ist spekulationsgetrieben.
Verbraucherschützer sagen, der Rohstoffanteil an den Gesamtkosten sei sehr gering.
Das ist Quatsch. Unsere Marge ist sehr gering. Deshalb schlagen veränderte Preise bei den Rohstoffen sehr schnell durch. Wenn ich dann 30 Prozent höhere Rohstoffpreise habe, schreibe ich Verluste.
Wie wirkt sich der Aufbau von Backstationen in Discountern auf die Bäckereien aus?
Da müssen wir uns als Branche auch an die eigene Nase fassen: Wenn wir es nicht schaffen, dem Verbraucher zu erklären, dass unsere Produkte etwas anderes sind als die Discounter-Ware, dann helfen auch keine Klagen, dann sind wir selber schuld. Wenn ein Teig drei Tage in einem Schlauchbeutel liegt und auf Knopfdruck fertig getoastet wird, handelt es sich um ein anderes Produkt als ein Bäckerbrot. Wenn ich einen Lada kaufe, weiß ich ja auch, dass ich keinen Mercedes bekomme.
Sie haben gut reden, der reine Brötchenverkauf hat für Kamps an Bedeutung verloren.
40 Prozent unseres Geschäfts entfallen nach wie vor auf den Verkauf von Brot und Brötchen. Insofern nehmen wir die Entwicklung ernst. Zudem wird eine Spirale in Gang gesetzt: Wenn die Discounter aufrüsten, weiten die klassischen Supermärkte ihre Sortimente aus. Zugleich kommen die Back-Discounter unter Druck, weil Aldi und Lidl jetzt teilweise identische Produkte noch günstiger verkaufen. Die Back-Billiganbieter reagieren und steigen stärker in die Gastronomie ein. Das alles hat Auswirkungen auf uns: Wir müssen uns noch mehr anstrengen und bei neuen Produkten vorne dabei sein. In unseren Backstuben wird es in der kalten Jahreszeit zum Beispiel neue warme Brotmahlzeiten geben.
Sie könnten Ihre Produkte doch über den Lebensmittelhandel verkaufen, wie es die Brezelkette Ditsch macht.
Es gibt erste Überlegungen und Gespräche mit Lebensmittelhändlern, und wir werden sicherlich testen, ob es funktioniert. Schließlich käme das vielen Kunden entgegen, die nach dem Einkauf nicht noch extra zum Bäcker wollen. Klar ist aber auch: Wir würden nur einen Teil des Sortiments, etwa Bestseller wie unsere Streuselschnecken oder unsere Wuppis, ein Quarkgebäck, anbieten, und die Preise würden sich nicht von den Filialangeboten unterscheiden.