Interview Peloton-Deutschland-Chef „Peloton wurde nicht für Covid gebaut“

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„Ohne unsere Community wären wir nur ein paar Programmzeilen Code und ein Stück Eisen.“

In Deutschland betreibt Peloton fünf eigene Geschäfte (Köln, Düsseldorf, Hamburg, Berlin, Frankfurt) und vier sogenannte Shop-in-Shop-Geschäfte (München, Stuttgart, Hannover und Kempten). Ist damit das Ende der Expansion erreicht?
Der Retail ist eine extrem wichtige Komponente für uns. Denn die Kaufentscheidung findet nicht an einem Ort statt. Jemand, der online gekauft hat, hat vielleicht schon viel vor Ort recherchiert und ist Probe gefahren. Viele unserer Kunden möchten das Bike gerne mal anfassen, mal draufsitzen. In unseren Geschäften kann man ein Probetraining absolvieren, dort gibt es Umkleidekabinen und Duschen. Im Zuge der Covid-Entwicklungen mussten wir das natürlich einschränken. Außerdem eröffnen wir demnächst einen eigenen Store in München am Odeonsplatz und im nächsten Jahr werden weitere Store Openings folgen.

Zu Pelotons größten Wettbewerbern zählt das 2015 gestartete Unternehmen Zwift aus Kalifornien, das Training auf vernetzten Heimtrainern zum Online-Computerspiel macht. Oder das US-Unternehmen Icon Health&Fitness, das unter dem Namen Nordictrack Indoor-Cycle ein ähnliches Spinning-Gerät wie Peloton anbietet.
Da passiert sehr viel im Markt. Aber ich habe da keine Angst. Was uns einzigartig macht: Wir fokussieren uns nicht auf einen Bereich, sondern bieten ganzheitliches Training. Cycling ist nur ein Teil unserer Philosophie. Die Vielfalt an Trainingsdisziplinen bietet kein anderer an. Und es ist auch kein Geheimnis, dass klassische Fitnessketten in digitale Konzepte investieren. Für uns ist das ein proof of concept. Wettbewerb ist bereichernd – und auch ein Anspruch für uns. Wir ruhen uns nicht aus. Und unsere Community entwickelt sich auch in Deutschland sehr positiv, sehr lebhaft. Manche treffen sich nicht nur virtuell, sondern auch physisch.

Aber könnte nicht gerade das Analoge zur Gefahr für Peloton werden? Selbst als Mitte März das öffentliche Leben weitestgehend heruntergefahren wurde, durften die Deutschen nach wie vor Rad fahren, draußen und ganz analog – und taten es auch ausgiebig.
Ich fahre auch sehr gerne Rad. Das ist aber eine andere Nutzung. Auf so einem Peloton-Bike habe ich ein ganz anderes Ziel, bin anders motiviert und gehe anders an mein Workout heran. Hier möchte ich auch mal etwas Spezielles machen, ein Intervall-Training oder einen Metal-Ride; möchte bestimmte Werte erreichen, möchte durch den Trainer herausgefordert werden. Ich sehe das gewöhnliche Fahrradfahren als komplementär. Und ich freue mich wirklich über jeden Radfahrer.

Wegen der Corona-Beschränkungen und zahlreicher Pop-up-Radwege erlebte das Radfahren einen Aufschwung. Daten der Fitness-Anwendung Strava bezeugen nun: In einigen deutschen Städten verdoppelte sich gar das Aufkommen.
von Stephan Knieps

Wer wegen Homeoffice ohnehin schon viel Zeit in seiner Wohnung verbringt, hat aber doch vielleicht eher Lust, für die Sporteinheit die Wohnung endlich mal zu verlassen.
Die Leute wird es geben, keine Frage. Aber ich denke, es ist genug Platz da für beide Konzepte. Ich sehe es an mir: Ich tue mich auch schwer draußen Rad zu fahren, wenn die Tage nun kürzer werden, wenn es kälter wird; dann setze ich mich zuhause aufs Bike und drehe ne Runde um den digitalen Gardasee. Aber egal ob Peloton-Fahrer oder Radfahrer draußen: Ich freue mich über jeden, den wir zum Sport motivieren können.

Wie wichtig ist es für Peloton, den Nutzern ein Gemeinschaftsgefühl nahezubringen, eine Community aufzubauen, in der sie sich austauschen können?
Die Community ist das Herz von Peloton. Ohne Community wären wir nur ein paar Programmzeilen Code und ein Stück Eisen. Erst die Nutzerinteraktionen erwecken das zum Leben. Wir gehen auf Nutzeranregungen ein, so kommen zahlreiche neue Aspekte des „Bike+“ aus unserer Community, wie etwa der nun drehbare Bildschirm. Wir haben einen sehr guten Vibe unter unseren Nutzern. Klar gibt es auch den Wettbewerbsgedanken, aber viele feiern einfach ihre Persönlichkeitsentwicklung durch den Sport: Wir hatten den Fall einer 90-Jährigen, die nach 20 Jahren wieder mit Sport angefangen hat, weil sie ein Peloton-Bike geschenkt bekommen hat. Das wird gefeiert. Es geht bei uns nicht darum, den nächsten Tour-de-France-Sieger hervorzubringen.

Seit September ist Peloton Partner der DFB-Akademie und stellt der Männer- und Frauen-Nationalmannschaft sowie der U 21 seine Geräte zur Verfügung. Sind weitere solcher Partnerschaften geplant?
Der Kontakt kam über Oliver Bierhoff zustande, der auf einer USA-Reise vor mehr als einem Jahr Peloton kennengelernt hat. Und diese Woche ist das erste Resultat daraus zu sehen mit der Trainingsserie „Future goals“. Das sind Intervall- kombiniert mit Recovery-Einheiten, entwickelt von unseren Trainern in Zusammenarbeit mit den Experten der DFB-Akademie. Die Kurse kann nun jeder Peloton-Nutzer mitmachen. Wir haben seit dieser Partnerschaft viele Anfragen bekommen von verschiedenen Sportvereinen für weitere Kooperationen. Ich will weitere Zusammenarbeiten nicht ausschließen, aber erstmal fokussieren wir uns auf die Partnerschaft mit der DFB-Akademie.


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Wann steigt der Deutsche am liebsten aufs Peloton-Rad?
Aus unseren Daten wissen wir: Die deutschen Peloton-Mitglieder trainieren am häufigsten am Sonntag, am liebsten zwischen 16 und 20 Uhr. Der zweitbeliebteste Trainingstag ist seltsamerweise der Dienstag.

Mehr zum Thema: Peloton gilt als das Apple der Fitnessbranche

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