Just Eat Takeaway Unruhe bei Lieferando-Eigner: Aufsichtsratschef muss gehen

Just Eat Takeaway steht vor schweren Einschnitten. Neben dem Rückzug des Aufsichtsratschefs verlässt auch Topmanager Jörg Gerbig vorerst den Vorstand.

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Das Takeaway-Papier fiel bis zu acht Prozent auf 24,20 Euro und setzte damit seine Verlustserie fort. Quelle: dpa

Der Lieferando-Eigner Just Eat Takeaway muss mitten in schwierigem Fahrwasser eine neue Führungsriege aufbauen. Am Mittwoch gab das niederländische Unternehmen kurz vor Beginn der Hauptversammlung bekannt, Aufsichtsratschef Adriaan Nühn sowie der für das operative Geschäft verantwortliche Manager Jörg Gerbig stünden nicht zur Wiederwahl.

Vorübergehend werde Corrine Vigreux, Mitgründerin der Technologiefirma TomTom, die Position des zuletzt stark in Bedrängnis geratenen Nühn übernehmen. Gegen Gerbig wiederum liegt eine formelle Beschwerde wegen mutmaßlicher persönlicher Verfehlungen auf einer Firmenveranstaltung vor, weswegen Ermittlungen aufgenommen wurden. Er verlässt deswegen zunächst den Vorstand von Europas größtem Essenslieferdienst.

Just Eat Takeaway steht unter Druck, das Wachstum auch nach dem Corona-Boom voranzutreiben, dabei in die schwarzen Zahlen zu kommen und eine gute Lösung für die erst 2021 für 7,3 Milliarden Dollar gekaufte US-Tochter Grubhub zu finden. Die neue Unruhe durch die Personalabgänge kam am Aktienmarkt nicht gut an. Das Takeaway-Papier fiel bis zu acht Prozent auf 24,20 Euro und setzte damit seine Verlustserie fort. In diesem Jahr ging es bereits 45 Prozent bergab.

Nühn sagte anlässlich seines Rückzuges, die Aktionäre sorgten sich angesichts der Herausforderungen, vor denen das Unternehmen stehe. Während Nühn Just Eat Takeaway komplett den Rücken kehrt, ist das bei dem gebürtigen Deutschen Gerbig noch unklar.

Abhängig vom Ausgang der Untersuchung, die nichts mit finanziellen Verpflichtungen zu tun habe, sei eine Rückkehr in den Vorstand möglich, hieß es weiter. Der Lieferando-Gründer selbst war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar. Die Analysten von Credit Suisse schrieben, Gerbig sei an den Kapitalmärkten angesehen. Die Untersuchung schüre die Unsicherheiten rund um das Unternehmen.

Wer kauft Grubhub?

Viele Fragen dürfte es auf der Hauptversammlung zur Zukunft der unbeliebten US-Tochter geben, deren Kauf bereits viel kritisiert wurde. Großaktionär Cat Rock sprach sich auch deswegen gegen eine Wiederwahl von Finanzchef Brent Wissink aus. Firmenchef Jitse Groen hatte kürzlich erklärt, bei Grubhub verschiedene strategische Optionen durchzuspielen – darunter auch einen Verkauf.

Delivery Hero winkte inzwischen ab. Firmenchef Niklas Östberg sagte zu Reuters: „Delivery Hero schaut nur von der Seitenlinie zu.“ Ähnlich wie Groen hat er versprochen, im kommenden Jahr auf Konzernebene profitabel sein zu wollen. Beide Unternehmen machten im vergangenen Jahr einen Milliardenverlust.

Angesichts der tiefroten Zahlen geriet auch eine Mitarbeiter-Skireise von Just Eat Takeaway in die Schweizer Alpen in die Kritik. Groen verteidigte die Aktion damit, dass sie gut für die Moral der Belegschaft war.

Update: Jörg Gerbig hat seine Position als COO weitergeführt. Just Eat Takeaway hat am 3.8.2022 bekannt gegeben, dass Gerbig wieder in den Vorstand berufen werden soll. Die externe Untersuchung sei abgeschlossen und die Vorwürfe hätten sich nicht bestätigt.

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