Kaiser’s Tengelmann Drei Szenarien für die Supermarktkette

Das Gezerre um Kaiser’s Tengelmann steuert auf den Showdown zu. Wie es bei dem Traditionshändler jetzt weiter geht.

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Edeka, Tengelmann und das Bundekartellamt im Twister Quelle: Fotolia, Montage: Marcel Stahn für WirtschaftsWoche Online

Im Gerangel um die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann überschlagen sich die Ereignisse, seit am  Wochenende bekannt wurde, wie dramatisch die Lage bei der angeschlagenen Supermarktkette ist. Die Kette mache inzwischen monatlich zehn Millionen Euro Verlust und könne nicht mehr auf eine juristische Lösung im Streit um die Ministererlaubnis für den Zusammenschluss mit Edeka warten, heißt es in Medienberichten.  Bis Ende kommender Woche muss demnach eine Lösung her. Doch welche Optionen gibt es noch für Kaiser’s Tengelmann? Drei Szenarien im Überblick. 

Der Klageweg

Dreh- und Angelpunkt der Übernahmeschlacht ist zur Zeit die Frage, ob Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Weg für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka per Sondererlaubnis frei machen durfte. Im Juli hatte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf die Ministererlaubnis vorerst gestoppt und begründete dies unter anderem mit einer möglichen Befangenheit Gabriels, was dieser zurückweist. Das OLG rechnet im Laufe des Jahres mit einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren, für Mitte November ist eine mündliche Verhandlung terminiert.

Die größten Lebensmittelhändler Deutschlands

Sowohl Gabriel als auch Edeka haben in dem Fall jedoch auch den Bundesgerichtshof (BGH) angerufen. Der will am 15. November eine erste Entscheidung treffen. Doch auch die wäre längst nicht das finale Urteil. Über die Zulässigkeit einer gemeinsamen Beschaffung von Waren durch Kaiser’s Tengelmann und Edeka müssen Richter ebenso entscheiden wie Beschwerden der Unternehmen gegen das Übernahmeverbot durch das Bundeskartellamt.

Selbst wenn die Unternehmen Erfolg hätten, könnte Konkurrent Rewe wiederum dagegen vorgehen. Die juristischen Scharmützel dürften sich über Monate, wenn nicht Jahre erstrecken. Zeit in der Kaiser’s Tengelmann weiter Verluste anhäuft, die sich Eigentümer Karl-Erivan Haub offenbar nicht mehr leisten will. „Er will dem Aufsichtsrat, der am 23. September tagt, vorschlagen, den Stecker zu ziehen", zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ einen Insider. Das würde wohl eine Zerschlagung des Unternehmens bedeuten. Hinter den Kulissen drängt die Gewerkschaft Verdi daher auf eine Alternative.

Der Kompromiss

Verdi-Chef Frank Bsirske und Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger wollen einen runden Tisch aller Beteiligten einberufen und eine Zerschlagung abwenden, hieß es. Eine Elefantenrunde mit Haub, Mosa und Rewe-Boss Alain Caparros? Ziel des Treffens dürfte es sein, einen Kompromiss auszuhandeln, damit Rewe die Klage gegen Gabriels Ministererlaubnis zurückzieht. Tatsächlich wäre das wohl die einzige Möglichkeit, die Übernahme doch noch ohne langjährige juristische Streitigkeiten umzusetzen.

Im Gegenzug könnte Caparros auf erhebliche Zugeständnisse drängen und Filialpakete vor allem in München und Berlin für Rewe beanspruchen. Edeka würde die Komplettübernahme formal vollziehen, müsste im Anschluss aber Läden weiterreichen. Auch für Gabriel hätte die Lösung Charme. Er wäre auf einen Schlag eine juristische Auseinandersetzung los, die ihn und sein Ministerium im Zweifel noch über Monate auf Trab halten könnte.

Zerschlagung von Tengelmann ist wahrscheinlich

So charmant die Idee zunächst auch klingen mag, in der Praxis dürfte sie erhebliche Schwierigkeiten verursachen. Bislang ließen Edeka und Tengelmann alle Vorstöße von Rewe abprallen, über eine  Lösung zu verhandeln. Mosa und Haub müssten nun wohl zunächst auf Caparros mit einem Friedensangebot zugehen. Davon ist bislang aber nicht die Rede. Ein Rewe-Sprecher will die angeblichen Pläne für ein Treffen der Handelsfürsten denn auch nicht bestätigen. Selbst wenn es zu einem runden Tisch käme, wäre fraglich, ob sich die Parteien auf eine Lösung verständigen können.

Für Edeka würde die Übernahme schließlich noch unattraktiver und kostspieliger als sie es ohnehin schon ist, wenn lukrative Standorte an die Konkurrenz gehen. Zudem müsste das Bundeskartellamt Filialübertragungen an Rewe absegnen. Völlig offen wäre auch, ob und wie die Handelsunternehmen Markant und Norma einbezogen werden können. Auch sie gehen juristisch gegen den Edeka-Tengelmann-Deal vor. 

Der Schlussverkauf

Wahrscheinlicher ist daher die Zerschlagung von Kaiser's Tengelmann. Am kommenden Freitag will Tengelmann-Chef Haub den Aufsichtsrat der Supermarktkette dem Vernehmen nach um die Zustimmung zu Filialschließungen bitten. Bis zu 8000 Mitarbeiter - überwiegend in Nordrhein-Westfalen - könnten ihre Jobs verlieren. Damit wäre die Ministererlaubnis hinfällig und einzelne Filialpakete des Traditionsunternehmens kämen auf den Markt. An Kaufkandidaten herrscht allerdings kein Mangel: So hat Edeka laut „Lebensmittel Zeitung“ bereits einen „Plan B“ in der Schublade.

Demnach will der Handelsriese im Falle einer Zerschlagung der Handelskette alle kartellrechtlich unproblematischen Standorte der Supermarktkette übernehmen. Auch um die wettbewerbsrechtlich strittigen Standorte wolle sich der Konzern bemühen, indem er direkt mit den Vermietern verhandele, berichtete das Branchenblatt. Laut dem Fachblatt würde Kaiser's Tengelmann "wie bei Zerschlagungen üblich" die Filialen ohne Mitarbeiter und ohne Warenbestand verkaufen. Die Kündigungen müsste in diesem Fall Kaiser's Tengelmann aussprechen.

In der Branche hält man Edekas „Plan B“ indes für ähnlich tauglich wie den Versuch der Komplettübernahme. Vor allem die Arbeitnehmervertreter und Verdi dürften gegen eine Übernahme der Filialen ohne Mitarbeiterwechsel Sturm laufen. Zumal es andere Kandidaten für einen Großteil der Standorte gibt: Neben Rewe werden der Schweizer Händler Migros mit seinem Ableger Tegut und die Kieler Coop als Kandidaten für Teile des Filialnetzes gehandelt. Brisant wäre eine Zerschlagung dagegen vor allem für zahlreiche Läden in Nordrhein-Westfalen, die Mülheimer Supermarkt-Zentrale mit 400 Mitarbeitern sowie Logistikzentren und Fleischwerke des Unternehmens.

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