Die Zerschlagung von Kaiser's Tengelmann hat begonnen. Tengelmann habe am Montag die ersten Listen mit zum Verkauf stehenden Filialen in Nordrhein-Westfalen verschickt, sagte eine Unternehmenssprecherin. Der Verkauf der Geschäfte in Bayern und Berlin soll dagegen wahrscheinlich erst in einigen Monaten beginnen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drängte unterdessen weiter auf einen Kompromiss in dem nun schon sei zwei Jahren andauernden Streit zwischen Tengelmann, Edeka, Rewe und Co.. Die beteiligten Unternehmen sollten nichts unversucht lassen, doch noch eine einvernehmliche Einigung herbeizuführen im Interesse der betroffenen Menschen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Darin seien sich die Kanzlerin und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) „vollkommen einig“. Konkurrent Rewe, kündigte unterdessen an, sich um angebotene Filialen bewerben zu wollen.
Eine Rettung der bedrohten Arbeitsplätze durch einen Verhandlungskompromiss in letzter Minute ist durch den Versand der Filial-Listen noch nicht ausgeschlossen. Erst der tatsächliche Verkauf der ersten Filialen würde der Ministererlaubnis endgültig den Boden entziehen. Mit dieser Ministererlaubnis wollte Edeka Kaiser's Tengelmann übernehmen, dies liegt aber nach einer Eilentscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf Antrag der Handelskonzerne Rewe, Markant und Norma auf Eis. Verhandlungen zwischen den Konzernen waren gescheitert.
Die Hängepartie bei Kaiser's Tengelmann
Der Handelskonzern Tengelmann teilt mit, seine Supermärkte an Edeka verkaufen zu wollen. Die verbliebenen rund 450 Kaiser's-Tengelmann-Filialen, die seit Jahren rote Zahlen schreiben, sollen bis Mitte 2015 komplett an den deutschen Marktführer gehen.
Das Bundeskartellamt untersagt Edeka die Übernahme. Die Behörde befürchtet Preiserhöhungen und weniger Wettbewerb.
Tengelmann und Edeka wollen das Veto des Kartellamts nicht hinnehmen. Sie beantragen eine sogenannte Ministererlaubnis für den Zusammenschluss.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gibt grünes Licht für die Übernahme - unter harten Auflagen. So muss Edeka den Erhalt von über 15 000 Jobs bei Kaiser's Tengelmann für mindestens sieben Jahre garantieren.
Edeka-Konkurrent Rewe legt beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen die Ministererlaubnis ein, wie auch Markant und Norma.
Das Oberlandesgericht stoppt die Ministererlaubnis vorläufig. Die Ausnahmegenehmigung Gabriels sei rechtswidrig. Er habe sich in dem Verfahren befangen und nicht neutral verhalten.
Gabriel wirft dem Gericht schwere Versäumnisse vor. Das Urteil enthalte falsche Behauptungen.
Edeka geht juristisch gegen den Stopp der Fusion durch das Oberlandesgericht vor. Das Unternehmen reicht eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Der BGH will darüber am 15. November entscheiden.
Auch Gabriel legt Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts ein. Darüber soll ebenfalls Mitte November entschieden werden. Kaiser's Tengelmann läuft unterdessen die Zeit davon.
Die Chefs von Tengelmann, Edeka und Rewe sowie Vertreter von Verdi wollen sich zu einem Rettungsgespräch treffen.
Der Aufsichtsrat von Kaiser's Tengelmann soll angesichts hoher Verluste über die Schließung von Filialen und den Abbau Tausender Arbeitsplätze beraten. Damit würde der Deal mit Edeka platzen und die Kette wohl zerschlagen.
Bei einem zweiten Spitzentreffen vereinbaren die Supermarktchefs überraschend, dass die Edeka-Konkurrenten ihre Klage zurückziehen und damit den Weg frei machen für die Übernahme. Sie geben sich Zeit bis zum 17. Oktober.
Die Verhandlungen zwischen den Chefs von Tengelmann, Edeka, Rewe und Verdi sind gescheitert. Die Supermarktkette wird nun zerschlagen. Noch am Abend bereitet Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub die Mitarbeiter auf den Verlust vieler Arbeitsplätze vor.
Tengelmann habe am Montag die ersten Listen mit zum Verkauf stehenden Filialen in Nordrhein-Westfalen verschickt, sagte eine Unternehmenssprecherin. Tengelmann betreibt in Nordrhein-Westfalen nach eigenen Angaben noch 107 Geschäfte mit rund 3500 Mitarbeitern. NRW gilt als größtes Sorgenkind im Unternehmen. Viele der Filialen gelten als unattraktiv. „Ich wäre froh, wenn wir für 30 bis 40 Filialen Supermarktbetreiber finden könnten“, sagte Tengelmann-Eigentümer Haub kürzlich in einem Gespräch mit der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Das Verkaufsverfahren für die Geschäfte in Berlin und München soll Haub zufolge wahrscheinlich erst Anfang nächsten Jahres gestartet werden.
Interesse an den Kaiser's-Tengelmann-Filialen hatten unter anderem Rewe und Edeka angemeldet. Auch der Handelsverband Markant will sich einen Teil sichern: Markant bestätige ein "hohes Interesse an einer Übernahme von Filialen durch Handelspartner", erklärte ein Sprecher am Montag. Insidern zufolge hat auch die Signa Holding von Karstadt-Eigner Rene Benko ihre Fühler nach Teilen der Kette ausgestreckt.