Einige Filialen der angeschlagenen Supermarktkette Kaiser's Tengelmann könnten laut einem Bericht der „Bild am Sonntag“ an Rewe gehen. Das schrieb die Zeitung unter Berufung auf Verhandlungskreise.
Die Hängepartie bei Kaiser's Tengelmann
Der Handelskonzern Tengelmann teilt mit, seine Supermärkte an Edeka verkaufen zu wollen. Die verbliebenen rund 450 Kaiser's-Tengelmann-Filialen, die seit Jahren rote Zahlen schreiben, sollen bis Mitte 2015 komplett an den deutschen Marktführer gehen.
Das Bundeskartellamt untersagt Edeka die Übernahme. Die Behörde befürchtet Preiserhöhungen und weniger Wettbewerb.
Tengelmann und Edeka wollen das Veto des Kartellamts nicht hinnehmen. Sie beantragen eine sogenannte Ministererlaubnis für den Zusammenschluss.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) gibt grünes Licht für die Übernahme - unter harten Auflagen. So muss Edeka den Erhalt von über 15 000 Jobs bei Kaiser's Tengelmann für mindestens sieben Jahre garantieren.
Edeka-Konkurrent Rewe legt beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde gegen die Ministererlaubnis ein, wie auch Markant und Norma.
Das Oberlandesgericht stoppt die Ministererlaubnis vorläufig. Die Ausnahmegenehmigung Gabriels sei rechtswidrig. Er habe sich in dem Verfahren befangen und nicht neutral verhalten.
Gabriel wirft dem Gericht schwere Versäumnisse vor. Das Urteil enthalte falsche Behauptungen.
Edeka geht juristisch gegen den Stopp der Fusion durch das Oberlandesgericht vor. Das Unternehmen reicht eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) ein. Der BGH will darüber am 15. November entscheiden.
Auch Gabriel legt Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts ein. Darüber soll ebenfalls Mitte November entschieden werden. Kaiser's Tengelmann läuft unterdessen die Zeit davon.
Die Chefs von Tengelmann, Edeka und Rewe sowie Vertreter von Verdi wollen sich zu einem Rettungsgespräch treffen.
Der Aufsichtsrat von Kaiser's Tengelmann soll angesichts hoher Verluste über die Schließung von Filialen und den Abbau Tausender Arbeitsplätze beraten. Damit würde der Deal mit Edeka platzen und die Kette wohl zerschlagen.
Bei einem zweiten Spitzentreffen vereinbaren die Supermarktchefs überraschend, dass die Edeka-Konkurrenten ihre Klage zurückziehen und damit den Weg frei machen für die Übernahme. Sie geben sich Zeit bis zum 17. Oktober.
Die Verhandlungen zwischen den Chefs von Tengelmann, Edeka, Rewe und Verdi sind gescheitert. Die Supermarktkette wird nun zerschlagen. Noch am Abend bereitet Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub die Mitarbeiter auf den Verlust vieler Arbeitsplätze vor.
Derzeit verhandeln mehrere Parteien über die Zukunft der verlustreichen Supermarktkette. Eigentlich will der Branchenprimus Edeka, dessen Sprecher sich zu dem Bericht nicht äußern wollten, die Kette komplett übernehmen.
Beide hatten die Fusion vor etwa zwei Jahren beschlossen. Doch das Bundeskartellamt legte sein Veto ein. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hebelte das Zusammenschluss-Verbot über eine sogenannte Ministererlaubnis aus, die aber angesichts juristischer Auseinandersetzungen auf Eis liegt. Denn mehrere Wettbewerber von Edeka hatten gegen die Erlaubnis Beschwerde eingelegt.
Die Parteien wollen sich nun bis zum 17. Oktober auf eine Lösung verständigen, wie sie nach einem Krisengipfel vergangene Woche mitteilten. Ziel sei es, die umstrittene Ministererlaubnis für die Übernahme von Tengelmann durch Edeka umzusetzen. Dafür müssen die Wettbewerber aber ihre Beschwerden zurücknehmen. Die Frage ist, unter welchen Bedingungen sie das tun könnten.
Nach Informationen der „Bild am Sonntag“ sollen Rewe, Norma und Markant einen zweistelligen Millionenbetrag von Tengelmann-Eigentümer Eriwan Haub bekommen. Rewe und Norma sollen auch einen Teil der rund 400 Filialen bekommen, die eigentlich an Edeka gehen sollten.
Das ist Kaiser's Tengelmann
Verglichen mit Edeka oder Rewe ist die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann ein Zwerg. Sie betrieb Ende 2015 noch 446 Filialen in Deutschland und erwirtschaftete mit knapp 15 300 Mitarbeitern einen Nettoumsatz von 1,78 Milliarden Euro.
Quelle:dpa
Einst bundesweit vertreten, finden sich die Filialen heute nur noch im Großraum Berlin, in München und Oberbayern sowie in Teilen Nordrhein-Westfalens. Die meisten Geschäfte - insgesamt 188 - gab es zum Jahresanfang noch in München und Oberbayern. Im Großraum Berlin betrieb die Kette weitere 133 Supermärkte, 125 Filialen lagen im Rheinland. Aktuell dürften es allerdings schon wieder einige weniger sein. Denn die Geschäftsführung geht davon aus, dass zum Ende des Jahres nur noch 405 Filialen vorhanden sein werden.
Das Familienunternehmen kann auf eine lange Geschichte zurückblicken, die bis ins Jahr 1876 zurückreicht. Damit ist Kaiser's Tengelmann nach eigenen Angaben das älteste Lebensmittel-Handelsunternehmen Deutschlands. Doch summierten sich die Verluste seit der Jahrtausendwende auf mehr als 500 Millionen Euro.
Edeka wollte sich zu dem Bericht der „Bild am Sonntag“ nicht äußern. Die Unternehmensgruppe Tengelmann war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen. Die Beteiligten haben Stillschweigen vereinbart.
Noch sind viele Fragen offen
Kaiser's Tengelmann schreibt seit Jahren rote Zahlen. Zu der möglichen Lösung im Übernahmekampf sind noch viele Fragen offen. Dürften die Filialen mit der Ministererlaubnis überhaupt aufgeteilt werden?
Der frühere Präsident der Monopolkommission, Daniel Zimmer, sagte, die Ministererlaubnis sehe eine Reihe von Bedingungen vor. Dazu zähle, dass Edeka die Filialen als Ganzes übernehmen und fünf Jahre weiterführen müsse. Grundsätzlich dürfe also keine einzelne Filiale weitergegeben werden.
Es gebe allerdings auch eine Ausnahmeklausel: In Ausnahmefällen sei dies mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien möglich, sagte er der Nachrichtenagentur dpa.
Es gebe auch eine zweite Möglichkeit, wie Zimmer der „Welt“ (Samstag) sagte. Eine Kompensation könne auch dadurch erfolgen, dass Edeka eigene Filialen an die Wettbewerber abgibt.
„In beiden Fällen müsste das Bundeskartellamt nochmal prüfen“, sagte Zimmer. Die Verteilung im Markt würde dann nämlich anders ausfallen als ursprünglich gedacht. Zimmer hatte wegen der Ministererlaubnis von Gabriel in der Supermarktfusion sein Amt bei der Monopolkommission niedergelegt.