Kaiser's Tengelmann Die Friedensmission des Gerhard Schröder

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Schröders Mission

Zum Zeitpunkt des Interviews war noch nicht bekannt, dass Schröder den Schlichterjob übernehmen würde. Doch trotz aller Kritik an seinen Kontrahenten ließ Caparros mit einem Friedenssignal aufhorchen. „Solange keine Filiale den Besitzer gewechselt hat, ist eine Einigung zumindest denkbar“, sagte Caparros und forderte, mit „einem Mediator noch einmal nach Kompromissen zu suchen“. Das ist nun Schröders Mission. Ebenfalls an Bord geholt werde der langjährige Vorsitzenden des Sachverständigenrates, Bert Rürup. „Für die Unternehmen werden die Vorstandsvorsitzenden an der Mediation teilnehmen“, hieß es weiter. Ziel sei es, auf der Grundlage der von Gabriel erteilten Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser's Tengelmann durch Edeka zeitnah einen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten zu ermöglichen. „Für die Dauer des Verfahrens wird keine Übergabe von Tengelmann-Filialen an Dritte erfolgen und ist zwischen den Parteien Stillschweigen vereinbart“, heißt es in der Mitteilung. Damit ist die Zerschlagung der kriselnden Kette zunächst gestoppt.

Schon am Wochenende hatte es Bewegung gegeben. Nach der Discount-Kette Norma hatte sich auch der Konkurrent Markant zur Rücknahme der Klage gegen die umstrittene Ministererlaubnis für einen Verkauf der Supermarktkette an Edeka bereiterklärt, wie Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub am Sonntagabend mitteilte. Damit bleibt nun nur noch Rewe als Kläger gegen die Ministererlaubnis - und könnte wohl vor allem Standortpaketen überzeugt werden, das Verfahren Ruhen zu lassen. Ob das gelingt, ist allerdings offen. Denn die Zeit für eine Verständigung ist knapp. Kaiser's Tengelmann schreibt jeden Monat Millionenverluste, die Haub nicht mehr tragen will. Mitte November stehen Gerichtsentscheidungen an, die die Zerschlagung zementieren könnten. Zudem machen die beteiligten Konzerne Druck, müssen die Chefs von Edeka und Rewe neben Krisengipfeln auch das Tagesgeschäft stemmen. Auch dort gibt es reichlich zu tun.

 Keine Doppelspitze

So wird bei Rewe derzeit die gesamte Führungsstruktur des Konzerns umgekrempelt – und nebenher die Nachfolge von Caparros geregelt. Ende 2016, spätestens Anfang 2017 – und damit früher als erwartet – will der Aufsichtsrat entscheiden, wer den Chefposten übernimmt, wenn sich Caparros Ende 2018 nach dann zwölf Jahren im Amt verabschiedet. Statt wie bisher sechs sollen nur noch vier Vorstände den Konzern mit zuletzt 52,4 Milliarden Euro Umsatz steuern und die Bereiche Handel national, Handel international, Finanzen und Tourismus abdecken.

Noch ist das Rennen um Caparros’ Nachfolge nicht endgültig entschieden. Intern zeichnet sich mit Lionel Souque allerdings ein Favorit ab. Der Franzose leitet das deutsche Supermarktgeschäft, das 2015 rund 17,7 Milliarden Euro Umsatz in die Kassen gespült hat. Auch in die Verhandlungen um Kaiser’s Tengelmann war er involviert. Neben ihm hat höchstens sein Vorstandskollege Jan Kunath Chancen, der zunächst die Baumarkttochter Toom auf Kurs brachte und seit 2010 Rewes Discountableger Penny leitet.

Die Hängepartie bei Kaiser's Tengelmann

Caparros selbst äußert sich nicht zu den Kandidaten. Nur so viel: „Wir haben auf jeden Fall eine sehr gute Mannschaft im Vorstand.“ Eine Doppelspitze schließt er aus: „Das funktioniert nicht“, so Caparros. Sie sei allenfalls eine Lösung, „wenn man nicht mehr weiß, was man machen soll“.

Der Konzern plant für 2017 den Start neuer Konzeptmärkte. Statt des klassischen Supermarktmixes aus Tütensuppen, Tiefkühlpizza und Tabascowürze sollen die neuen Märkte zu 80 Prozent frische Artikel wie Gemüse, Fleisch und regionale Bioprodukte anbieten.

Zudem sollen in den Läden, die sich an der französischen Handelskette Grand Frais orientieren, Brot und Brötchen frisch gebacken werden. Caparros’ Kalkül: Künftig werden Kunden immer mehr Vorratsartikel und Teile des sogenannten Trockensortiments online bestellen. Rewe will mit den Frischeläden und dem Ausbau des eigenen Onlinegeschäfts dagegenhalten.

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