Kampf der Biosupermärkte Wie Handelsketten das Biogeschäft umpflügen

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Auf Schnitzeljagd

Die Biozunft stöhnte indes über die Ausweichmanöver. Alnaturas Liaison mit Edeka sei dort als „Dammbruch“ wahrgenommen worden, sagt Klaus Braun. Der Unternehmensberater ist Mitautor der wichtigsten Studie über die Strukturdaten des Naturkosthandels und beobachtet die Branche seit ihren putzigen Anfängen, als sich Überzeugungstäter frei von Handelserfahrung aufmachten, Ökomöhren und selbst geschrotete Müslis zu verkaufen – und nebenbei die Welt zu verbessern. Sie trafen dabei auf Lieferanten mit ähnlichen Idealen, die fortan exklusiv für den Fachhandel produzierten. Das Biobiotop gedieh und wuchs zu einer milliardenschweren Industrie heran, deren gemeinsamen Werte und Überzeugungen lange Zeit als Eintrittsbarriere für konventionelle Angreifer wirkten.

Doch inzwischen ist das alte Bündnis brüchig, nimmt die ideologische Bindekraft ab. Lautstark murren Biokaufleute über die „Illoyalität“ großer Marken gegenüber dem Fachhandel. Die kritisieren im Gegenzug die mickrigen Geschäfte mit der Basis. „Wir stecken mitten in einer Umbruchphase“, konstatiert Braun.

„Es gibt kein Monopol des Fachhandels mehr auf Biomarken.“ So zieren nicht nur Alnatura-Produkte, sondern auch die von Naturkost-Pionieren wie Söbbeke, Bauckhof und Lavera längst die Auslagen von Supermärkten und Drogisten.

Auch zahlreiche Biolandwirte scheinen ihre früheren Vorbehalte gegen die vermeintlichen Billigheimer und Preisdrücker inzwischen untergepflügt zu haben und kooperieren mit den Konzernen.

Noch 2015 beobachtete Diana Schaack von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft in Bonn, wie „Einkäufer der Fleischverarbeiter und Handelsunternehmen“ über Branchenmessen wie die Biofach zogen und „händeringend nach Schweinefleisch“ suchten. „Trotz Preisaufschlägen war der Markt aber leer gefegt“, erinnert sich Schaack.

Um ihre Ausgangsposition bei der alljährlichen Schnitzeljagd zu verbessern, ordern die Einkäufer vieler Handelsriesen seither nicht mehr nur auf dem Spotmarkt, sondern buhlen mit stabilen Preisen und garantierten Absatzmengen um Bauern. „Das reicht bis zu Zehnjahresverträgen“, sagt Schaack.

Ex-Bittersüß-Inhaber Hakobyan will sein Glück nun ebenfalls im Fleischgewerbe suchen. Ab Frühjahr will er mit einem Foodtruck zu Festivals und Messen touren und dort armenische Fleischspieße verkaufen. Biofleisch soll indes nicht auf seinem Grill landen. Das rechne sich einfach nicht, sagt Hakobyan.

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